Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel reiste mit einem E-Auto zu seinem Vortrag im Gasthaus Dillertal an. Dort sprach er unter anderem über Nitrat im Grundwasser - und appellierte an die Landwirte.
Das Thema des Abends sollte „Nitrat im Grundwasser“ heißen, de facto jedoch sprach der Minister auch über Einträge von Pflanzenschutzmitteln, das derzeit in aller Munde befindliche Glyphosat sowie von Medikamenten. Wenzel blieb in seinen Ausführungen sachlich, stellte die Fakten klar dar und ließ sich nicht auf die emotionale Schiene leiten.
Auf die aktuelle Untersuchung von Stiftung Warentest, bei der in Bruchhausen Vilsen mit knapp 30 Milligramm pro Liter Nitrat der höchste Wert der Trinkwässer von 28 stichprobenhaft untersuchten Kommunen in Deutschland aufgefunden wurde, ging der Minister nur am Rande ein. Er betonte auch, dass erhöhte Nitratwerte nicht auf „die letzte Gülledüngung zurückzuführen sind, sondern auf Dinge vor zehn oder fünfzehn Jahren.“ Dies führe zu Umkehrschluss, dass, „wenn wir heute aufhören, die Ergebnisse auch erst in Jahren sehen werden“. In einer freiwilligen Gewässerschutzuntersuchung zeige sich auch eine langsame Besserung.
Wenzel sprach die Trinkwasserverordnung an, bei der sich der Grenzwert an der Nachweisgrenze orientiere. „Heute messen wir aber viel detaillierter also vor Jahren.“ Zum emotional beladenen Thema Glyphosat sprach Wenzel, was in den Diskussionen ansonsten oft untergeht, das Abbauprodukt AMPA an. AMPA steht für Aminomethylphosphonsäure, die neben Glyphosat auch beim Abbau von stickstoffhaltigen organischen Phosphonaten entsteht. Diese sind in Waschmitteln enthalten, so dass nicht geklärt werden kann, auf welche Quelle die bekannten Funden von AMPA zurückzuführen sind (Drucksache 17/7168 Deutscher Bundestag). „Dieses Abbauprodukt einzustufen ist eine große Herausforderung“, erklärte Wenzel.
Medikamente und Antibiotika-Einsatz
Einen breiten Raum in seinem Vortrag nahm auch das Thema Medikamente und Antibiotika-Einsatz ein. „Es werden immer noch viel zu viele Medikamente einfach in der Toilette entsorgt. Da ist auch der Verbraucher gefordert“, so Wenzel. Auch Antibiotika würden zu oft eingenommen und verschrieben, in der Tier- wie auch in der Humanmedizin. „Ich habe seit 30 Jahren keine Antibiotika genommen. Schnupfen kann man auch anders behandeln“, so Wenzel. Bei einer ernsthaften Erkrankung wolle er aber nicht auf Antibiotika verzichten.
Allgemein sei das Trinkwasser in Deutschland in vielen Regionen von sehr guter Qualität. „Ich trinke selber am liebsten das Wasser aus dem Hahn, es ist ein sehr gutes Lebensmittel, und ich möchte, dass das so bleibt.“ Um bedenkliche Werte im Wasser an Pflanzenschutzmitteln und Nitrat zu mindern, richtete Wenzel die Forderung an die Landwirtschaft, „weniger Chemie einzusetzen“. Dies sei heute schon möglich durch den integrierten Landbau oder biologisch-dynamische Wirtschaftsweise. „Trinkwasserschutz muss zusammen mit den Landwirten erfolgen“, so Wenzel.
Emotionale Bürgerfragen
Mehrfach beklagte der Minister, dass die neue Düngeverordnung immer noch in Berlin liege und nicht verabschiedet sei. In Sachen Nitrat gab Wenzel zu bedenken, dass „Niedersachsen ein Agrarland ist. Das Thema Nitrat beschäftigt uns seit 30 Jahren und wird so schnell auch nicht zu lösen sein.“ Er setzt sich für Güllebörsen ein, damit Gülle aus Gebieten mit hohem Aufkommen in Regionen mit wenig Tierbesatz ausgebracht werden können. Ein „verschärftes Düngerecht“ sei aber unumgänglich.
Die anschließenden Bürgerfragen waren teils sehr emotional beladen. Ein Besucher sprach von „rücksichtslosem Verhalten der Landwirte“, ein anderer forderte das Verbot aller „Spritzmittel“. Viele kritische Bemerkungen kamen zu Biogasanlagen. Doch auch hier hatte Wenzel eine klare Meinung: „Wenn mit Biogasanlagen richtig umgegangen wird, können sie sogar zur Biodiversität beitragen, bestes Beispiel ist Jühnde. Hier gibt es mehr Vielfalt auf dem Acker.“
Patricia von der Behrens aus Süstedt fragte nach den Genehmigungen für Mastställe auf Landkreisebene. Der anwesende Landrat Cord Bockhop erklärte dazu: „Es gibt ein Verwaltungsrecht, daran müssen wir uns halten. Die Privilegierung finde ich auch nicht gut, aber es gibt ein Baurecht. Wenn es einen Antrag gibt und die erforderlichen Nachweise erbracht werden, müssen wir diesen genehmigen.“ Oft scheitere seine Behörde schon am Datenschutz, bemängelte Bockhop und wünschte sich, „dass wir mehr kontrollieren dürfen“.
Stefan Wenzel betonte: „Wir müssen dafür sorgen, dass man sich an die Rahmenbedingungen hält. Gesetze müssen eingehalten werden, da hat der Landrat Recht.“