Weyhe. Für andere da zu sein in der letzten Lebensphase, das ist Helga Eisele ein großes Anliegen. Deshalb hat sich die Weyherin zur Hospizbegleiterin ausbilden lassen. Kurz nach dem abgeschlossenen Lehrgang ist sie dann auch schon mit ihrer ersten Begleitung gestartet. Auf dem Markt der Möglichkeiten, der gewöhnlich alle zwei Jahre im Rathaus der Gemeinde Weyhe stattfindet, war Eisele kurz vor Beginn der Corona-Pandemie Anfang März 2020 auf die Arbeit des Weyher Hospizvereins aufmerksam geworden. "Das hat mich auf Anhieb begeistert", sagt Eisele, die auch im Beruf intensiv mit Menschen gearbeitet hat. Der Einladung von Koordinatorin Karin Meiners, sich in den Räumen des Vereins genauer über ehrenamtliche Möglichkeiten zu informieren, war die 67-Jährige dann umgehend gefolgt. "Es war ein sehr freundlicher Empfang", erinnert sie sich.
Die Ausbildung mit einem Umfang von etwa 100 Stunden absolvierte sie in Bremen. Dabei eigneten sie und die anderen Teilnehmer sich umfangreiches theoretisches Wissen beispielsweise über Vorsorgevollmachten oder Demenzerkrankungen an. Die Gruppe musste sich aber auch mit dem eigenen Tod auseinandersetzen, mit Wünschen für das Lebensende. Für Helga Eisele ist es vor allem der Wunsch, ernst genommen zu werden.
Vor ein paar Jahren hat sie eine Freundin verloren, durch die sie mit dem Hospizwesen in Kontakt kam. Später starb eine andere Freundin auf der Palliativstation in Bremen. "Das war während der Corona-Pandemie und die Station hat dafür gesorgt, dass der engste Personenkreis da sein konnte im Sterbeprozess", erzählt Eisele, die vor mehr als 38 Jahren aus der Nähe von Baden-Baden in den Nordwesten zog. Warum sie beschlossen hat, ehrenamtlich für andere in dieser wichtigen Lebensphase da zu sein, hat dabei auch sehr persönliche Gründe: Aufgrund der Corona-Situation bekam sie nicht die Möglichkeit, einem nahestehenden Menschen beizustehen. "Was ich damals nicht konnte, will ich anderen nun ermöglichen", sagt sie mit fester Stimme. Sterben habe außerdem mit jedem einzelnen zu tun, ihre Tätigkeit versteht sie daher auch als "Annäherungsversuch bei der Frage, was das Leben ausmacht".
Die Dauer der Begleitung ist von Fall zu Fall unterschiedlich, weiß Jutta Gudde, zweite Vorsitzende des Weyher Hospizvereins. Sie selbst hat sich vor zehn Jahren zur ehrenamtlichen Hospizbegleiterin ausbilden lassen. Manchmal verbringen sie und ihre Mitstreiter nur drei Tage mit jemandem, manchmal sind es sogar Jahre. "Ich bin auch schon mal sieben Tage lang für je drei Stunden bei einer Frau gewesen", sagt sie. Der zeitliche Rahmen sei sehr individuell. Wenn der Hospizverein benachrichtigt wird, macht sich Karin Meiners als Vereinsvorsitzende meist zuerst ein Bild von der zu begleitenden Person. Als nächstes überlegt sie, wer von ihren Begleitern am besten geeignet wäre. Wichtig ist laut Gudde, dass die Chemie auf beiden Seiten stimmt. "Man muss ein paar Mal da gewesen sein", erklärt sie, dass das Kennenlernen oft etwas Zeit braucht. Als "die Zeit nett machen" bezeichnet Gudde die Aufgabe der Hospizbegleiter. Das könne das Abspielen von Musik sein, das Vorlesen von Märchen oder Gedichten oder das Sprechen des "Vater Unser". Letzteres habe sie einmal einer Frau mit Demenzerkrankung auf Plattdeutsch vorgetragen und gespürt, diese damit erreicht zu haben.
Der Hospizverein Weyhe lässt seine Begleiter im Hospiz Horn ausbilden, über den Landkreis Diepholz oder beim Hospizverein in Stuhr. Ein neuer Kursus mit drei Teilnehmern aus Weyhe ist vor Kurzem gestartet. Zwei Ehrenamtliche absolvieren demnächst zusätzlich noch einen Kurs für Trauerbegleitung. "Unsere Trauergruppen haben großen Zulauf", sagt Gudde. Aktuell sind 15 Hospizbegleiter in dem Verein aktiv, der seinen Sitz in der Alten Wache am Henry-Wetjen-Platz in Leeste hat. Während der Pandemie hatte es mehr Begleitungen im häuslichen Umfeld gegeben als üblich, schildert Gudde.
Für Neueinsteigerin Helga Eisele, die betont, dass für die Ehrenamtlichen die Schweigepflicht gilt, ist Empathie der Schlüssel zum gemeinsamen Weg im Sterbeprozess. Man müsse herausfinden, ob derjenige tiefgründige Gespräche führen, diese oberflächlich belassen oder auch gerne alleingelassen werden möchte. Sie ist der Überzeugung: "Das Sterben ist so vielfältig wie das Leben selbst."