Landkreis Diepholz. Alle Plätze sind besetzt, die Blicke nach vorne zum Rednerpult gerichtet. Dahinter zeigt sich der Sonntagnachmittag grau und nieselig. Im Inneren ist die Stimmung besser: Die versammelten, geladenen Gäste beim Neujahrsempfang des Kreisverbandes der Grünen im Hotel Bremer Tor in Brinkum feiern den Erfolg der Partei im vergangenen Jahr und freuen sich auf das weitere Jahr 2020. Der Ortsverband Stuhr fungierte als Gastgeber für die Veranstaltung, auf der neben Rück- und Vorausblick eine Reise durch viele Themen absolviert wurde. Vom Green Deal der EU-Kommission über die soziale Ungleichheit und Landwirtschaftssubventionen bis hin zur globalen Frage der Klimapolitik – für jeden der Anwesenden im voll besetzten Saal ist mindestens ein Thema dabei. Hauptredner des Nachmittags war Sven Giegold, Europaabgeordneter der Grünen.
„Klimaschutz ist jetzt, da geht es nicht um Defensive, da geht es um Handeln und Durchsetzen“, schwört er seine Parteifreunde ein. Der Green Deal der neuen EU-Kommission sei klar ein Ergebnis der Fridays-for-Future-Bewegung. „Das ist das anspruchsvollste Umwelt- und Klimaprogramm, das es bisher je in Europa gegeben hat“, sagt er. Aber die Mehrheit des Europaparlamentes wolle sogar noch mehr. Aber bisher gebe es keine Klarstellung von der Bundesregierung, dass man dieses Vorhaben unterstütze. „Aus Brüssel wird progressive Klimapolitik kommen und aus Deutschland wird gebremst.“ Die Grünen im Bund müssten hier Druck machen. Allerdings spiele beim Klimaschutz die soziale Gerechtigkeit eine wichtige Rolle: Die Einnahmen aus der Co2-Besteuerung müssten an die Ärmeren zurückgezahlt werden: „Ich habe die Nase voll von dem hohen Maß an Ungleichheit in der Gesellschaft“, stellt Giegold klar.
Ehe er ans Mikrofon trat, sprachen unter anderem noch Helge Limburg, Abgeordneter der Grünen im Niedersächsischem Landtag, und Katja Keul, Bundestagsabgeordnete für die Grünen, einige Worte. So äußerte sich Limburg besorgt über die bundesweit auftretenden Bedrohungen von Politikern: „Wir Berufspolitiker können uns schützen, wir haben Kontakte zum Innenministerium und zur Polizei“, aber für Kommunalpolitiker sehe es anders aus. Außerdem sei im Internet oft sehr schwer zwischen ernst zu nehmender Drohung und simpler Belästigung zu unterscheiden. Katja Keul sieht die Grünen in einer guten Position: „Wir Grünen haben nach wie vor großen Rückenwind“, aber Umfragewerte seien nicht alles, warnt sie vor allzu leichtfertiger Zuversicht. Entscheidend im neuen Jahr werde es sein, dass die Politik sich als handlungsfähig zeigt. Vor allem beim zu reformierenden Bundestagswahlrecht und in der Energiepolitik. „An den Erneuerbaren hängt alles, ohne sie wird nichts gehen“, so Keul. Es hänge auch den Grünen, dafür zu sorgen, dass Ergebnisse folgen. Denn „das Hängen und Würgen im Bund hat nicht aufgehört“, sagt sie.