Kaffkieker Käffer gucken als Zugbegleiter

Zwischen Mai und Oktober ist der Kaffkieker jedes zweite Wochenende zwischen Eystrup und Syke unterwegs. Um den Andrang an Fahrgästen zu bewältigen, suchen die ehrenamtlichen Zugbegleiter nach neuen Kollegen.
14.11.2021, 14:39 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Käffer gucken als Zugbegleiter
Von Ivonne Wolfgramm

Bruchhausen-Vilsen/Hoya. Kleinbahn fahren wie vor 60 Jahren – jede Saison aufs Neue tuckern unzählige Einheimische und Touristen durch die hiesigen Gefilde mit dem Kaffkieker. Von Eystrup über Hoya bis nach Syke führt die Strecke entlang von Wald, Feldern und kleinen Käffern – daher leitet sich auch der Namen ab. Ganz ins Schwärmen kommt Ralf Winkler, wenn er über die unzähligen Fahrten sprich, die er mit dem Kaffkieker schon erlebt hat – allerdings nicht als Passagier, sondern als ehrenamtlicher Zugbegleiter. "Etwa zehn Jahre mache ich das nun schon", sagt er stolz.

Zu sechst sind sie, die ehrenamtlichen Zugbegleiter des Kaffkiekers, die während der Saison zwischen Mai und Oktober jedes zweite Wochenende auf den historischen Schienen unterwegs sind. Doch es mangelt dem Team an Mitgliedern. "Wir sind überaltert", gibt Winkler offen zu, "die jüngsten sind Mitte 40." Für den engagierten Rentner ist das Grund genug, nach neuen Menschen zu suchen, die Lust auf dieses Ehrenamt haben.

Gut gelaunt sein und auf die Passagiere zu gehen können, das seien die Grundvoraussetzungen, die ein Kaffkieker-Zugbegleiter mitbringen müssten. "Alles andere bringen wir dann bei", versichert Winkler. Wobei ein paar Ortskenntnisse aus seiner Sicht auch nicht schaden können, um den Passagieren die ein oder andere Frage zu der Umgebung entlang der Schienen beantworten oder auch Ausflugstipps geben zu können. Ansonsten erwartet die neuen Zugbegleiter eine abwechslungsreiche Aufgabe, zählt Winkler die Tätigkeiten auf: "Das beginnt schon vor Fahrtbeginn mit dem Überprüfen der Flyer im Triebwagen und der Überprüfung der Kasse." Auch die Liste mit den Online-Buchungen müsste vor Fahrtbeginn unter die Lupe genommen werden. Sind die Passagiere dann da, geht es an das Einladen der Fahrräder sowie das Kontrollieren und Verkaufen der Tickets – und natürlich die Kommunikation mit dem Triebfahrzeugführer. Schließlich müsse dieser ja auch wissen, wo die Passagiere ein- und aussteigen wollen. Vor der ersten Fahrt bekommen die Neulinge selbstverständlich auch eine Einweisung und laufen mit den erfahrenen Kollegen mit. Ralf Winkler versichert aber: "Vieles ist learning by doing und selbsterklärend." Eine Aufwandsentschädigung werde im Übrigen auch gezahlt.

Die Zugbegleiter teilen sich die Fahrtage auf. Start des Tages ist gegen 8 Uhr, der alte Triebwagen setzt sich dann das erste Mal gegen 8.15 Uhr in Bewegung. In Syke wird während des Tages eine halbe Stunde Rast gemacht, in Eystrup ist es eine ganze Stunde. "Wir besuchen dann eigentlich immer das Dampfcafé und machen dort bei Kaffee und Kuchen Pause", erzählt Winkler. Meistens bleibe auch noch Zeit für einen Rundgang durch das Motorradmuseum. "Langweilig wird es auf keinen Fall."

Dafür erwartet die Zugbegleiter ein "tolles Team und ein spannendes Ehrenamt", sagt Winkler. Denn man lernt nicht nur viel für die Region, sondern trifft auf neue und altbekannte Fahrgäste. Von denen haben Ralf Winkler und Christian Schröder, der örtliche Betriebsleiter bei den Verkehrsbetrieben Grafschaft Hoya, schon einige kennengelernt. So gab es einmal ein älteres Ehepaar, das während der Saison jeden Sonntag mit dem Kaffkieker gefahren ist. Im Laufe der Zeit habe man sich angefreundet, berichtet Winkler. "Eines Sonntags waren sie dann nicht dabei und ich habe mir Sorgen gemacht." Darauf hin griff der Zugbegleiter zum Hörer und rief das Paar an, um sich nach deren Wohlbefinden zu erkundigen.

Da 2020 für den Kaffkieker pandemiebedingt kein gutes Jahr war und die Saison in diesem Jahr auch schleppend anlief, hoffen Schröder und Winkler auf eine gute Saison 2022 mit möglichst vielen Fahrgästen. Bis die Fahrten im Mai wieder starten, geht es für den 1959 erbauten Triebwagen aber erst einmal in den Winterschlaf.

Zur Sache

Historischer Überblick

Der Kaffkieker ist ein Triebzug, der mit zwei Dieselmotoren läuft und 1959 bei der Maschinenbau AG Kiel gebaut wurde. Seine ersten Dienstjahre verbrachte er bei der Osthannoverschen Eisenbahn. 1977 übernahm die Azienda Consortionale Transporti di Reggio Emilia den Zug. Dort war er die folgenden 23 Jahre in Norditalien unterwegs, bis ihn die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsfreunde Lüneburg wieder nach Deutschland holte. Noch im selben Jahr wurde der Kaffkieker an die Prignitzer Eisenbahn-Gesellschaft weiterverkauft. 2003 fuhr der Kaffkieker für die Nord-Ostsee-Bahn auf der Strecke Niebüll-Tondern, 2005 kam er aufs Abstellgleis in Kiel. Die Mittelweserbahn rettete den Triebwagen, die ihn an die Museums-Eisenbahn Bruchhausen-Vilsen auslieh. Den Fahrplan und weitere Informationen gibt es im Internet unter www.kaffkieker.de.

Info

Interessierte, die sich nun auch als ehrenamtliche Zugbegleiter für den Kaffkieker engagieren möchten, können sich bei Sarah Verheyen vom Tourismusservice Bruchhausen-Vilsen, Bahnhof 2, melden. Sie ist telefonisch unter 0 42 52 / 93 00 54 erreichbar oder per E-Mail an sarah.verheyen@bruchhausen-vilsen.de wenden.

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