Landkreis Diepholz. Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist in Deutschland angekommen. Im September war erstmals ein infiziertes Wildschwein in Brandenburg entdeckt worden. Bereits Ende des Monats war die Zahl auf 36 erkrankte Tiere angestiegen – allerdings alle bislang in Brandenburg. Doch auch außerhalb der bisherigen Gefahrenzone wurde inzwischen ein erkranktes Wildschwein gefunden, die Krankheit scheint sich also auszubreiten. Auch im Landkreis Diepholz beschäftigt das Thema derzeit die Landwirtschaft.
Vorerst gibt Christoph Klomburg, Vorsitzender vom Kreisverband Mittelweser des Landvolks Niedersachsen, jedoch Entwarnung, was die Lage der Hausschweine im Landkreis Diepholz angeht: „Die Hygienebedingungen in den geschlossenen Ställen sind sehr hoch, weshalb das Einschleppen der Krankheit dort sehr unwahrscheinlich ist„, erklärt er. “Außerdem dürfte es noch dauern, bis die Schweinepest bei uns in Niedersachsen ankommt.“
Der Fachdienstleiter Veterinärwesen und Verbraucherschutz des Landkreises, Karljosef Graf, merkt jedoch an, dass Prognosen über die Verbreitung der Krankheit bei Wildschweinen nur schwer möglich sind. „Wir wissen letztlich nicht, wie schnell sich die Seuche in Deutschland ausbreitet„, sagt er. Es reiche schon ein Wurstbrot, das jemand im Gepäck habe. Denn in Wurstwaren hält sich der resistente Erreger sehr lange. Fressen Schweine diese Wurst, erkranken sie. Und es ist nicht komplett unmöglich, dass die Pest auch auf Hausschweine in heimischen Höfen übergeht. „Über Schuhe und Kleidung könnte die Pest durchaus in den Stall getragen werden“, räumt Klomburg ein.
Sollte es dazu kommen, befürchtet der hiesige Landvolk-Vorsitzende weitreichende Auswirkungen. „Die Sterblichkeitsrate wird im Falle eines Ausbruchs sehr hoch sein. Denn bisher stehen noch keine Medikamente zur Verfügung. Auch einen Impfstoff gibt es nicht“, führt Klomburg aus. Deshalb appelliert er an die Landwirte, Kleidung entsprechend oft zu wechseln und zu waschen. „Doch das ist eigentlich sowieso schon Bestandteil der bestehenden Hygienestandards“, schildert er.
Tote Wildschweine melden
Darüber hinaus hofft Klomburg, dass Landwirte Waldaufenthalte und somit eventuelle Berührungspunkte mit infizierten Wildschweinen möglichst vermeiden. Und auch jeder andere könne einen Beitrag dazu leisten, die Krankheitsverbreitung wirkungsvoll zu hemmen, betont Graf. „Vor allem in Tschechien war die Bekämpfung umso erfolgreicher, desto früher die Erkrankungen festgestellt wurden. Deshalb sollten sämtliche toten Wildschweine unbedingt gemeldet werden, damit sie untersucht werden können“, appelliert der Fachdienstleiter an die Bevölkerung.
Für Menschen ist die Seuche wohlgemerkt aber ungefährlich. Doch den Landwirtschaften droht bereits jetzt durch die ASP, auch ohne Tiererkrankungen in eigenen Ställen, großer wirtschaftlicher Schaden – und das in der ohnehin schwierigen Corona-Zeit. Es herrsche „gedrückte Stimmung bei den Landwirten“, berichtet Klomburg. Der Preis für ein Kilogramm Schweinefleisch sei nach Bekanntwerden der ASP-Fälle um 20 Cent gefallen.
Problematisch ist auch der durch die Schweinepest eingeschränkte Export. Denn gewöhnlich liefert die deutsche Landwirtschaft eine nicht unwesentliche Menge Fleisch ins Ausland, vor allem nach Asien. „Dort sind die bei uns als minderwertig geltenden Tierbestandteile sehr gefragt“, erklärt Klomburg. Doch da Deutschland nicht mehr frei von der Pest ist und deshalb als unsicher gilt, fallen der Export und die damit verbundenen Einnahmen plötzlich weg. An Staaten wie China dürfe alleine schon aufgrund der Gestaltung der Handelsabkommen aktuell nicht mehr geliefert werden. „Es braucht also nicht mal die Sperre der importierenden Staaten“, schlussfolgert Klomburg.
Deshalb fordern die Landvolk-Verbände auch eine Regionalisierung der Handelsbeschränkungen. Klomburg betont: „Natürlich haben wir Interesse, weiter exportieren zu können, weil hier in Niedersachsen ja noch alles in Ordnung ist.“ Aktuell befinde sich die Bundesregierung in Gesprächen mit anderen Staaten, um eine regionale Lösung zu finden.
Doch was ist zu tun, wenn im Landkreis Diepholz plötzlich infizierte Wildschweine gefunden werden? „Dann müssen wir schnellstmöglich handeln. Ein Zögern können wir uns nicht leisten“, macht der Vorsitzende des Landvolk-Kreisverbands deutlich. Für Klomburg ist eins besonders wichtig: „Die Tiere dürfen nicht aufgeschreckt werden und deshalb mindestens 14 Tage nicht gejagt werden. Denn wir müssen dafür sorgen, dass die infizierten Wildschweine vor Ort bleiben, damit der Gefahrenbereich klein bleibt.“
Dieser Gefahrenbereich würde dann durch Jäger und Ortskundige eingezäunt werden. Nach der Einzäunung und mit Ende der Jagdruhe "sollen die Wildschweine dann im entsprechenden Gebiet sehr intensiv gejagt werden“, ergänzt Graf. Die Absperrungen seien bereits angeschafft worden und auch für das Aufstellen sowie Unterhalten der Zäune gebe es schon Pläne, berichtet Klomburg. Fachdienstleiter Graf weist hingegen darauf hin, dass schon Schutzkleidung und Spezialausrüstung wie ein Edelstahlbehälter für verendete Tiere gekauft worden seien.
Zudem erzählt der Veterinäramtsleiter von verschiedenen Bestrebungen in Niedersachsen zur Eindämmung der Schweinepest. „Eine Arbeitsgruppe arbeitet landesübergreifend mit Nordrhein-Westfalen zusammen und eine andere hat Handlungsleitlinien für einen möglichen Ausbruch der Krankheit entwickelt“, schildert Graf. Und auch im Landkreis Diepholz gab es vor Kurzem ein Gespräch mit Vertretern von Jägerschaft, Landesforsten und Landvolk. „Außerdem wurde in Syke-Barrien ein Logistikzentrum geschaffen“, führt Graf weiter aus. Dort wird zum Beispiel Material gelagert. Auch einen Besprechungsraum und Möglichkeiten, Proben anzunehmen, gibt es an dem Standort bereits.
Mehrfach hätten außerdem schon Krankheitssimulationen stattgefunden, berichtet Klomburg. Und auch Graf erzählt von einer Übung im Mai zur Bekämpfung der Seuche in einem Hausschweinebestand, die damals das Veterinäramt im Landkreis umgesetzt hat. Der Dienstleiter bilanziert: „Der Test verlief gut und hat ohne großartige Haken funktioniert. Aber der tatsächliche Fall ist anders als Übungen und wird uns vor besondere Herausforderungen stellen.“ Doch auch für den Ernstfall sieht Graf den Landkreis Diepholz entsprechend gut vorbereitet.