Landkreis Diepholz. „Sein und Schein in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege“ – unter diesem Motto stand der diesjährige Tag des offenen Denkmals. Dabei handelt es sich um die größte Kulturveranstaltung Deutschlands. Auch im Landkreis Diepholz beteiligten sich zahlreiche Museen, Vereine und Cafés an dem Aktionstag. Interessierte bekamen hierbei in Form von Führungen und Vorträgen historische Einblicke in die Geschichte des Landkreises.
Bei Kaffee und Kuchen haben es sich einige Besucher im Café Alte Posthalterei in Syke gemütlich gemacht. Hier startete am Sonntag um 11 Uhr die neue Dauerausstellung, die an den Beginn der Aktivitäten in und um die Alte Posthalterei erinnern soll. Die Kunstwerke könnten dabei nicht unterschiedlicher sein. Blumige und realistische Malereien von Elsa Töbelmann finden an den Wänden ebenso Platz wie die Metallfiguren von Henning Greve auf den freien Wiesenflächen. Insgesamt sind Werke von sieben Künstlern Teil der Ausstellung, darunter auch Skulpturen und Bilder der bereits verstorbenen Liane Gerull und Andreas Frömberg. „Wir wollen mit der Ausstellung das historische Erbe erhalten. Die Besucher waren sehr interessiert und haben zu den Werken einige Fragen gestellt“, sagte Gerhard Thiel, der die Ausstellung zu Beginn mit einer Rede eröffnete.
Auch das Syker Kreismuseum öffnete anlässlich des Tags des offenen Denkmals seine Pforten. Interessierte hatten zwischen 10 und 18 Uhr die Möglichkeit, zahlreiche historische Gebäude ganz nah unter die Lupe zu nehmen. Entdeckungstouren gingen dabei von einem alten Backhaus des 17. Jahrhunderts bis hin zu einem Bauernhaus aus der frühen Neuzeit. Auch Führungen wurden sowohl vom Museumsmüller Erhard Wührmann-Kolander gemeinsam mit seiner Frau als auch vom Museumsleiter Ralf Vogeding angeboten. Dabei bekamen die Besucher einen ganz besonderen Einblick, wie die Menschen in der Renaissance und in der Kaiserzeit gelebt haben. Um den Steinbackofen auf der Bauerndiele tummelten sich zahlreiche Hobby-Historiker zum Kuchen essen. Ab 14 Uhr wurde sogar frisches Brot direkt aus dem Ofen serviert.
„Brot backen ist eine Kunst für sich“, sagte Jutta Radeke, Bäckerin im Kreismuseum. Bis zu 60 Brote kommen auf einmal in den auf 220 Grad Celsius vorgeheizten Ofen. Die Backzeit beträgt etwa 45 Minuten. Hierbei ist wichtig, dass der Ofen vorher einen gründlichen Reinigungsprozess durchlaufen hat. Das Buchenholz verleiht dem fertigen Brot dann noch ein ganz besonderes Aroma. „Es ist wirklich eine schweißtreibende Arbeit. Ich mache das jetzt schon seit 17 Jahren. Vom Ergebnis bin ich aber immer wieder fasziniert“, sagte Bäcker Daniel Bialetzki und kippte gleichzeitig eine Tasse mit Wasser in den Ofen. Durch die entstandene Luftfeuchtigkeit soll das Brot besser ziehen.
Komplexer Organismus
Anderer Ort, gleiche interessante Einblicke in die Geschichte: Von 11 bis 17 Uhr war in Neubruchhausen die Wassermühle der absolute Publikumsmagnet. Kinder staunten mit ihren Eltern nicht schlecht, als auf einmal der alte Herforder Motor angestellt wurde. Insgesamt wurde er zum Tag des offenen Denkmals vier Mal angestellt. Ebenso stellten Holger Rullhusen und Florian Butt ihr verfasstes Buch über die Historie der Wassermühle vor. Geöffnet hatte außerdem das Restaurant Zum Mühlenteich. "Von jedem Mühlentopf, der verkauft wird, gehen drei Euro an die Arbeiten an der Mühle", informierte Mit-Organisatorin Tanja Dymale.
Zahlreiche Türen historischer Bauwerke standen auch in der Gemeinde Stuhr offen. Zum ersten Mal seit anderthalb Jahren ratterten die Räder wieder auf Hochtouren, bewegten sich die Riemen und vibrierten leicht die Holzdielen unter den Füßen der Besucher in der Wassermühle Heiligenrode. So lange nämlich war Besuchern der Zutritt aufgrund der Corona-Pandemie verwehrt gewesen, nur die Mitglieder der Mühlen-Gemeinschaft Heiligenrode ließen die Mechanik ab und zu laufen. "Das haben wir probehalber gemacht, weil wir sichergehen wollten, dass alles funktioniert", erklärte Rudolf Franke von der Mühlen-Gemeinschaft. Die Wassermühle von 1843 – die erste Erwähnung einer Wassermühle an jener Stelle war 1182 – ist ein komplexer Organismus, bei dem jedes Teil unverzichtbar ist. "Früher hat der Müller gehört, an welcher Stelle die Mechanik unrund lief", erklärte Rudolf Dahnken, gelernter Müller und Mühlenbaumeister. In ihrer Anfangszeit bestand die Mühlen-Gemeinschaft noch aus vielen Experten wie Dahnken. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass das technische Wissen um die Funktionsweise der Mühle stets weitergegeben wird. "Wir suchen dringend Nachwuchs", sagte Dahnken. Besonders im Blick haben die Bewahrer der Mühle potenzielle Mitstreiter ab 50 Jahren, die sich auf die Mitarbeit konzentrieren können. "Es braucht viel Zeit, um die Zusammenhänge zu vermitteln", sagte Franke.
Der Mühlenbetrieb ist zwar 1971 eingestellt worden, doch die Mitglieder der Mühlen-Gemeinschaft erweckten die Mühle beim Tag des offenen Denkmals, der in diesem Jahr auch eine Art Ersatz für den ausgefallenen Deutschen Mühlentag war, wieder zum Leben. So war von Rudolf Dahnken zu erfahren, welche Wege das Korn genommen hat, angefangen beim Trieur, der das Auslesen der Getreidekörner übernimmt, über die Schälmaschine bis hin zu den Mahldurchgängen. "Es war wichtig, dass immer genug Wasser da war, sonst musste der Müller die Mahlvorgänge auch unterbrechen", sagte Dahnken. Das bedeutete manchmal auch, dass die Mühle mitten in der Nacht mahlte.