Syke. „Corona hat in diesem Fall geholfen“, kann Siegmar Peukert, kaufmännischer Betriebsleiter des Syker Kreismuseums, in diesem Fall nicht verhehlen. Er ist sich der Ironie seiner Worte durchaus bewusst, doch so habe die Überarbeitung und Neugestaltung des Wehlauer Heimatmuseums im Ochtmannien-Speicher ganz in Ruhe angepackt und vollendet werden können. Nach zwei Jahren Pandemiegeschehen und Abschluss der Arbeiten wird die überarbeitete Ausstellung nun jedoch wieder zu sehen sein. Passenderweise am Sonntag, 15. Mai, dem internationalen Museumstag, öffnet sich die Tür des alten Speichers wieder und erlaubt einen tieferen Einblick in die Geschichte des alten ostpreußischen Kreises. Die technisch wie inhaltlich überarbeitete Ausstellung widmet sich darüber hinaus aber auch allgemein den Themen Flucht und Vertreibung, Neuanfang und Aufbau, Integration und Versöhnung.
Am Konzept der Ausstellung wurde nicht viel geändert, verrät die Kulturwissenschaftlerin Ulrike Taenzer, die ihre ordnende Hand auch schon den Wehlauer Sammlungen zugutekommen ließ (wir berichteten). „Die Grundgestaltung war gut.“ Im Erdgeschoss geht es um die Herkunft, im Obergeschoss und die Ankunft, könnte man den Bogen der Ausstellung umreißen.
So fallen beim Betreten des Ochtmannien-Speichers, der seit 1983 die Sammlung der Wehlauer beherbergt, sofort zwei Modelle in einer Vitrine ins Auge: Das alte Rathaus von Wehlau und die alte Deutschordenburg Tapiau wurden nachgebaut. Direkt dahinter sind Bilder zu sehen, die die Gebäude in alten Zeiten zeigen. Dass sie nun tatsächlich auch zu sehen sind, ist der technischen Überarbeitung der Ausstellung zu verdanken, erläutert Ulrike Taenzer. Neue Lampensysteme auf LED-Basis in den Vitrinen setzen die Erinnerungsstücke von Wehlauern ins rechte Licht. Erinnerungsstücke an die alte Heimat, aber auch an Flucht und Vertreibung. Dafür stehen sinnbildlich die Koffer, oftmals das Einzige, was die Flüchtlinge mitnehmen konnten.
Mitnehmen in die neue Heimat. Der alte ostpreußische Landkreis Wehlau und der alte Landkreis Grafschaft Hoya gingen nach dem Zweiten Weltkrieg eine Partnerschaft ein. Viele ehemalige Wehlauer wurden hier aufgenommen. Dafür stehen das alte Bakalit-Telefon mit Wählscheibe und die Schreibmaschine, Sinnbilder des bürokratischen Aufwands. In den Schubladen zeigen Dokumente und Listen, was alles unternommen wurde, um die Neuankömmlinge unterzubringen, zu versorgen und zu integrieren. Vier Medieneinheiten stehen bereit, über die Besucher den Geschichten von Zeitzeugen lauschen können. Ungestört – dank neuer Handhörer. "Der Ton läuft nur, wenn jemand den Hörer in die Hand nimmt", erläutert Ulrike Taenzer.
Sinnbild für den Neuanfang – sowohl für die Menschen in der kriegszerstörten Region als auch für die Neuankömmlinge – sind Sofa, Sessel und Büfett aus den 1950er-Jahren. Das Ensemble wurde mit einer Vitrine ergänzt, in deren Schubladen sich weitere Dokumente zur Geschichte der Wehlauer und der Region in der Nachkriegszeit finden lassen. "Dank der Wehlauer Sammlung wissen wir jetzt, was wir alles in der Sammlung haben", freut sich Gerd Gohlke von der Kreisgemeinschaft Wehlau und vom Kreisverband Syke des Bunds der Vertriebenen.
Ergänzt wurden sie mit Exponaten zur Nachkriegsgeschichte in der Region. Wie das Foto einer Guersney-Kuh. Im Zuge der amerikanischen Kuh-Spende kam sie zu einer Familie in Berxen. Dabei handelte es sich um eine Art Kuh-Lotterie. Dabei konnten Menschen aus Deutschland sich um eine Milchkuh "bewerben", um sich damit im Nebenerwerb wieder eine Existenz aufzubauen. Die Kuh, die nach Berxen kam, "war ein bisschen wild und schwer zu melken", ist in der neugestalteten Ausstellung nun zu erfahren.
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