Nach Convivo-Insolvenz Auch Syker Pflegeunternehmen im Insolvenzverfahren

Nach der Convivo-Gruppe begibt sich auch der AHS aus Syke in das Insolvenzverfahren. Ziel ist offenbar, den Betrieb zu erhalten. Vom Verband der Pflegebetroffenen kommt Kritik.
03.03.2023, 14:50 Uhr
Lesedauer: 3 Min
Zur Merkliste
Von Niklas Golitschek / xng

Landkreis Diepholz/Syke. Der Ambulante Hauspflegeverbund Syke (AHS) hat Insolvenz angemeldet. Wie das Unternehmen bereits Anfang Februar mitgeteilt hat, sei das Ziel, den Betrieb zu erhalten. Der AHS betreibt unter anderem Seniorenzentren in Bassum und Bruchhausen-Vilsen sowie den Wohnpark Syke. Zudem bietet er ambulante Pflegedienstleistungen an.

Als Gründe für die Insolvenz werden von der AHS der „erhebliche Fachkräftemangel und verdoppelte Krankenstände aufgrund hoher Belastungen der Corona-Pandemie“ angeführt. Dadurch sei die Belegungszahl in der stationären Pflege auf 70 Prozent gesunken – statt der „branchenüblichen Kalkulation von etwa 95 Prozent“. Der Einsatz von Zeitarbeitskräften habe weitere überproportionale Kosten verursacht. Auch die allgemeinen Kostensteigerungen, insbesondere im Energiebereich, machten sich bemerkbar. Die von der Pflegereform verursachten Mehrkosten hätten zu einem höheren Anteil Pflegebedürftiger mit staatlicher Unterstützung geführt, der jedoch für die Einrichtungsbetreiber nicht vollständig refinanziert sei. Der AHS nennt in der Mitteilung außerdem finanzielle Belastungen für den Wiederaufbau der Wohnanlage in Syke nach dem Brand als Faktor.

Inwieweit die Insolvenz des AHS mit der Zahlungsunfähigkeit der Bremer Convivo-Gruppe zusammenhängt, ließen die beiden Unternehmen auf Nachfrage unbeantwortet. Torsten Gehle fungiert als Geschäftsführer beider Firmen. Ein Convivo-Sprecher betonte allerdings, dass es sich beim AHS nicht um ein Tochterunternehmen handele; auf der Internetseite hatte Convivo mit dem "Convivo Park Syke" unter dem Dach des AHS geworben. Der Mitteilung des AHS ist wiederum zu entnehmen: „Nachdem die Convivo-Gruppe – in die die AHS-GmbH unmittelbar eingebunden war – Insolvenzantrag stellen musste, brachen zusätzliche Finanzierungsgrundlagen weg, sodass der Insolvenzantrag erforderlich wurde, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.“ Auch die vorläufigen Insolvenzverwalter reagierten nicht auf eine Anfrage.

Reinhard Leopold, Bremer Regionalbeauftragter des Pflegeschutzbundes BIVA (Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen) zeigt sich von der Zahlungsunfähigkeit des AHS wenig verwundert. „Er hat immer höhere Verluste geschrieben“, merkt Leopold an. Im Jahr 2020 betrug das Minus des Bilanzgewinns laut des Wirtschafts-Informationsdienstes North-Data mehr als 500.000 Euro – nach vier Verlustjahren in Folge. Aktuellere Zahlen sind dem Portal nicht zu entnehmen. Leopold drängt sich daher die Frage auf, wie das über Jahre funktionieren konnte. „Welche Verantwortung haben öffentliche Stellen? Wie wurde überprüft, ob es ein solventes Unternehmen ist?“, fragt er weiter. Zumal die Convivo-Gruppe lange ein schnelles und überproportionales Wachstum hingelegt habe.

Die Anbieter hätten darüber hinaus in den Pflegesatzverhandlungen die Chance, die Entgelte zu verhandeln und Betriebskostensteigerungen geltend zu machen. Leopold kritisiert hier intransparente Verfahren: „Die Pflegebetroffenen zahlen immer mehr, wissen aber nicht wofür.“ Dem Fachkräftemangel hätte aus seiner Sicht auch mit mehr Ausbildungsangeboten entgegengewirkt werden können – dann müssten auch die Belegungszahlen nicht deshalb reduziert werden. Entscheidend seien hier Bezahlung, Wertschätzung und die Personalschlüssel. „Wenn wir den Teufelskreis nicht brechen, wird das immer weitergehen“, mahnt der BIVA-Vertreter. Er plädiert dafür, dass sich Kommunen stärker im Pflegebereich engagieren und etwa Genossenschaften dafür fördern.

Ziel des Insolvenzverfahrens sei, den AHS zu restrukturieren und langfristig zu erhalten, heißt es in der Mitteilung weiter. Über das Insolvenzgeld durch die Bundesagentur für Arbeit seien die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter bis einschließlich März 2023 gesichert. Das Unternehmen habe für Mitarbeiter sowie Angehörige Informationswege eingerichtet, um Fragen zu beantworten. „Die Mitarbeiter zeigen nach den bereits in allen Standorten durchgeführten Informationsveranstaltungen eine ausnahmslos hohe Motivation und eine große Verbundenheit sowohl mit dem Unternehmen als auch den Pflegebedürftigen“, ließ sich Frank Kreuznacht von der Kanzlei BBORS Kreuznacht als vorläufiger Insolvenzverwalter zitieren.

Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+!
Mehr zum Thema
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)

Das könnte Sie auch interessieren

Einwilligung und Werberichtlinie

Ich erkläre mich damit einverstanden, dass die von mir angegebenen Daten dazu genutzt werden, regelmäßig per E-Mail redaktionelle Inhalte des WESER-KURIER seitens der Chefredaktion zu erhalten. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Ich kann diese Einwilligung jederzeit formlos mit Wirkung für die Zukunft widerrufen, z.B. per E-Mail an widerruf@weser-kurier.de.
Weitere Informationen nach Art. 13 finden Sie unter https://www.weser-kurier.de/datenschutz

Schließen

Das Beste mit WK+