"17 Jahre – da wurde manches Kind erwachsen", brachte es Bürgermeister Ralf Wessel auf den Punkt. 17 Jahre – so viel Zeit verging von der Gründung des Arbeitskreises Stedingsehre unter der Regie der Regio-VHS im Jahr 2005 bis zur Eröffnung des Informations- und Dokumentationszentrums (IDZ) der Freilichtbühne in Bookholzberg am Sonnabend. Umso größer war die Freude bei allen Beteiligten: "Steter Tropfen höhlt den Stein", meinte Wessel und Dietmar Mietrach, Vorsitzender des Fördervereins, erklärte: "Wir sind sehr froh, dass wir so weit gekommen sind."
Gemessen an dem langen Vorlauf und der großen Bedeutung war es ein eher kleiner und enger Kreis, den die Gemeinde am Sonnabend zur offiziellen Eröffnung auf die Terrasse des Hauses geladen hatte. Herzstück des IDZ ist ein etwa zehnminütiger Film, der die Historie der Freilichtbühne "Stedingsehre" aufarbeitet. Dort erinnern sich unter anderem Zeitzeugen an die Vorführungen von August Hinrichs Stück "De Stedinge" in den Jahren 1934 bis 1937. Darüber hinaus gibt es ein imposantes Holzmodell der geplanten und nie realisierten "Gauschulungsburg", Silbergeschirr und Porzellan mit Stedingsehre-Bezug, drei Sensenblätter aus der Requisite sowie Fotobücher von der Aufführung. Man kann aber nicht sagen, dass die Räume mit Exponaten überfrachtet wären.
Aber das IDZ will eben nicht mit einem effekthascherischen Museumskonzept punkten, sondern "ein zeitkritischer Ort sein, mit dem Studierende und Historiker ein Forum für ihre Forschungen erhalten", wie es Mietrach formulierte. Und dass es überhaupt dazu gekommen sei, zeuge von großer Wertschätzung für die ehrenamtliche Arbeit der Vereine. Für den Förderverein fange die eigentliche Arbeit jetzt erst an: So habe man sechs Arbeitskreise gebildet, die sich unter anderem um den laufenden Betrieb, die Führungen, die Online-Präsenz, um den Kontakt zu Schulen und Lehre sowie um die Einwerbung von Fördermitteln kümmern.
Ralf Wessel sprach mit Blick auf das zwölf Hektar große Gelände von einem "märchenhaften Gelände mit malerischen Häusern", bei denen es aber auch wichtig sei, hinter die Kulissen zu gucken: "Hier wird anschaulich und wissenschaftlich fundiert Geschichte präsentiert", erklärte der Rathauschef. Auch nach dem Krieg sei die Bühne noch bis 1982 für Theater, Konzerte und Treffen von Vertriebenenverbänden genutzt worden, ehe das Gelände in Vergessenheit geriet und erst durch den Arbeitskreis wieder in den Fokus rückte.
Garten noch in Arbeit
Das Projekt Dokumentationszentrum nahm sogar erst mit der Gründung des Fördervereins im Jahr 2011 richtig Fahrt auf: Mietrach erinnerte noch einmal an die unterschiedlichen Objekte, die dafür in Augenschein genommen worden seien: von der ehemaligen Hausmeisterwohnung am Grenzweg über das Haus 11 im Spieldorf – bis die Gemeinde 2019 schließlich die Gelegenheit bekam, das Haus 21 für diesen Zweck zu kaufen. Seitdem wurde das Gebäude umfangreich renoviert. Noch nicht ganz abgeschlossen ist die Gestaltung der Außenanlagen, doch Wessel kündigte am Sonnabend an, dass die Gemeinde noch in diesem Sommer auch den Garten des IDZ nach historischem Vorbild herrichten werde. Über die entsprechenden Pläne konnten sich die Gäste des Empfangs schon einmal informieren.
Am Rande der Veranstaltung deutete Lars Pallinger aus der Geschäftsführung der Inn-tegrativ gGmbH auf Nachfrage an, dass es inzwischen auch Bewegung in der Frage der Nachnutzung des Spieldorfes gebe. Man sei in "positiven Gesprächen". Denn seit das Berufsförderungswerk das Spieldorf für Schulungszwecke nicht mehr benötigt, ringen die Verantwortlichen um ein Konzept, was dort künftig passieren soll. Mietrach äußerte in diesem Zusammenhang die Hoffnung "auf eine Nutzung, die dem Geschichtsort angemessen ist". Konkreter mochte sich Pallinger am Sonnabend zu diesem Thema noch nicht äußern, aber er versprach: "Dietmar Mietrachs Wunsch wird in Erfüllung gehen."
Dabei waren am Sonnabend auch Bernt Wach und Bettina Stiller von der Kulturetage in Oldenburg, die im vergangenen Jahr mit großem Erfolg das Theaterprojekt "Visionen für einen Unort" in verschiedenen Häusern des Spieldorfs inszeniert hatte. In der ersten Septemberhälfte will die Kulturetage weitere Vorführungen auf der Freilichtbühne anbieten – dann auch mit einem etwas größeren Publikum (sofern Corona es zulässt). Gegenwärtig seien allerdings noch einige organisatorische Details zu klären.
Weitere Informationen zum Informations- und Dokumentationszentrum finden Interessierte online unter www.geschichtsort-stedingsehre.de.