So ein Jahreswechsel wird ja gern dazu genutzt, Bilanz zu ziehen und zu schauen, wo man gerade steht. Deshalb hat Claudia Kay, Ernährungsexpertin des Regionalen Umweltzentrums Hollen, zu unserem Termin den aktuellen Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft mitgebracht. Dort sind einige aktuelle Ess-Trends aufgelistet, wobei sich bei der Durchsicht doch einige Überraschungen ergeben.
Begeben wir uns also ohne Umweg direkt in die Gerüchteküche. Erstes Gerücht: Die Deutschen blicken nicht mehr so auf die Kalorien. Stimmt! War kalorienarme Ernährung 2015 noch 44 Prozent der Befragten wichtig, sind es heute nur noch 35 Prozent. Wobei vor allem Ältere (49 Prozent) und Frauen (40 Prozent) auf Kalorien achten. Zweites Gerücht: Lebensmittel liefern zu lassen, ist inzwischen Alltag. Falsch! Nur 13 Prozent lassen sich ihre Lebensmittel liefern – trotz Corona. Drittes Gerücht: Vor allem Jüngere haben die Lust am Kochen neu entdeckt. So ist es: 86 Prozent der 14- bis 29-Jährigen behaupten, dass sie gerne kochen. Vor einem Jahr waren es nur 72 Prozent. Viertes Gerücht: Frauen essen angeblich häufiger Süßes und Knabbereien. Stimmt angeblich: Knapp ein Drittel der Frauen hat bei der Umfrage zugegeben, diese Lebensmittel täglich zu sich zu nehmen – bei den Männern waren es nur 21 Prozent.
In einem sind sich die Deutschen einig: Es muss schmecken! 99 Prozent halten dies für wichtig oder sehr wichtig. Dass das Essen auch gesund sein soll, ist nur 91 Prozent der Befragten wichtig. Etwas mehr als die Hälfte (51 Prozent) legt Wert auf einfache und schnelle Zubereitung. Bei 76 Prozent der Befragten kommen täglich Obst und Gemüse auf den Tisch, Milchprodukte landen bei 64 Prozent. Süßes und Knabbereien essen 27 Prozent täglich, Fleisch und Wurst nur 26 Prozent. Vegetarische Fleischersatzprodukte haben einen Anteil von acht Prozent.
Anteil der Vegetarier verdoppelt
Glaubt man der Studie, hat sich der Anteil der Vegetarier innerhalb eines Jahres verdoppelt. Gaben 2020 noch fünf Prozent der Befragten an, auf Fleisch zu verzichten, waren es in diesem Jahr bereits zehn Prozent. Die Zahl der Veganer stieg analog von einem auf zwei Prozent. 30 Prozent gaben immerhin an, ab und zu mal zu Fleischersatzprodukten zu greifen, wobei sich ein bemerkenswerter Zusammenhang zwischen der Größe der Wohnorte beobachten lässt. In Orten mit weniger als 5000 Einwohnern liegt der Anteil nämlich nur bei 20 Prozent, in Großstädten mit mehr als einer halben Million Einwohnern bei 46 Prozent.
Balsam auf die Seele der RUZ-Ernährungsexpertin ist die Tatsache, dass 82 Prozent auf die regionale Herkunft der Lebensmittel achten und 78 Prozent darauf, dass das jeweilige Gemüse auch gerade Saison hat. Besonders ausgeprägt ist die regionale Herkunft bei Eiern, Obst und Gemüse, Brot- und Backwaren, Fleisch und Wurst sowie Milchprodukten – weniger bei Getränken, Fisch und Konserven sowie Nudeln. Vom Sortiment lassen sich nur 61 Prozent der Befragten inspirieren, auf den Preis schauen 48 Prozent und auf die Marke (angeblich) nur 38 Prozent.
Wer sich für das Kleingedruckte auf der Verpackung interessiert, schaut am intensivsten nach der artgerechten Tierhaltung und erst dann nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum und dem Zutatenverzeichnis. Immerhin 83 Prozent der Umfrageteilnehmer würden es begrüßen, wenn Fertiglebensmittel Zucker reduzieren würden, auch wenn sie dann etwas weniger süß schmecken.
Um die globalen Ernährungsprobleme einer wachsenden Weltbevölkerung zu lösen, halten 91 Prozent der Befragten es für ein probates Mittel, weniger Lebensmittel wegzuwerfen – auch dies ein Ansatz, den Claudia Kay mit ihrer Arbeit im RUZ seit Jahr und Tag verfolgt. 61 Prozent wären bereit, auf Fleisch zu verzichten, 44 Prozent würden auf Lebensmittel aus Insekten setzen, 26 Prozent würden auch Fleisch essen, das in einem Labor hergestellt wird.
Laut einer anderen Studie landen in Deutschland etwa zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr im Müll. Private Haushalte machen davon etwa die Hälfte aus – das entspricht etwa 75 Kilogramm pro Kopf. Immerhin wird das Mindesthaltbarkeitsdatum von den meisten Konsumenten nicht mehr als Dogma empfunden: Nur vier Prozent entsorgen die entsprechenden Lebensmittel in diesem Fall konsequent, sechs Prozent kommt es auf das Produkt an, aber 89 Prozent erklären, erst zu prüfen, ob die abgelaufenen Lebensmittel noch genießbar sind.
Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+!