Ganz am Ende des Rundgangs hatte der Künstler noch einen Geistesblitz: "Wertschätzung", sagte Wolf E. Schultz. So soll die neue, bislang namenlose Figur heißen, die als eine rund von 40 Skulpturen ab Sonnabend, 27. April, in der Ausstellung "WES like Jazz“ im Huder Skulpturenhaus zu sehen sind. Neben einer Vielzahl neuerer Werke zeigt der Künstler auch ältere Arbeiten, die bislang noch nicht im Klosterort zu sehen waren. Die Vernissage mit Sekt und musikalischer Untermalung beginnt um 15 Uhr.
Die Bezeichnung der Ausstellung kommt nicht von ungefähr. „Meine Arbeit erinnert mich an Jazz“, erklärt Schultz den Gedanken dahinter. „Jazz ist wie vertontes Leben.“ Besonders angetan habe es ihm Louis Armstrong. „Durch seine Musikalität und seinen Humor lässt er etwas von seiner Seele hören. Und Seele ist auch mein Lebensthema“, schildert Schultz. Jazz sei aber auch Improvisation – „genau wie eine Melodie aus dem Hier und Jetzt entsteht, entsteht auch eine Form aus dem Leben und dem Material.“
Improvisation bestimme auch den Schaffensprozess selbst, den Schultz wie „einen angenehmen Rausch“ beschreibt. „Wenn ich an einem Holzblock arbeite, sind die in der Vergangenheit gemachten Skizzen nicht mehr zuständig. Ich skizziere lieber gleich am Stamm. Es ist eine sofortige Festlegung. Der Ton ist noch zu hören – was höre ich jetzt weiter?“ Einfluss nehme, was ihn zu diesem Zeitpunkt bewege. „Meine Skulpturen sind wie Seiten eines Tagebuchs. Ein Psychologe mit Bildhauerkenntnissen könnte darin lesen.“
Sein jüngstes Werk trägt den Titel „Durchblick“ und ist inspiriert von der Schwangerschaft seiner Schwiegertochter, wie der 78-Jährige schildert. Die Figur mit großer Wölbung – wie der Bauch einer Schwangeren – und einem mittigen Loch, ermögliche Ein- oder Durchblicke, „gleichsam wie die heutige Ultraschalltechnik“. Ein paar Schritte weiter steht die eingefärbte Holzfigur namens „Sophie und Lewin". Sie ist den im Juli 2018 geborenen Zwillings-Enkelkindern gewidmet. „Exakt am Tag der Geburt habe ich angefangen, daran zu arbeiten“, erinnert sich Schultz. Generell habe ihn die Erfahrung, Großvater zu werden, sehr in seinem künstlerischen Tun beeinflusst. Als Nebeneffekt habe er außerdem „Unmengen an Holzspielzeug“ fabriziert. Besucher können es im hinteren Teil der Ausstellung entdecken.
Zu seinen älteren Werken zählt indes „Das Gewissen“ aus dem Jahr 1977, eine massive dunkle Skulptur aus Privatbesitz, oder auch „Der Fetisch“, ein längliches Wandobjekt, ebenfalls aus den 70ern und persönliches Lieblingsstück des bildenden Künstlers. „Es erinnert mich an einen guten Jugendfreund. Er besuchte mein Atelier in Norderstedt, als ich daran arbeitete und nannte spontan den Titel.“ Ein Werk, das laut Schultz durchaus aneckt und auch schon mal aus einer Ausstellung verbannt wurde, trägt den Titel „Don’t Aids“. Hier solle sich jeder Besucher selbst ein Bild machen.
Ulme ist Lieblingsmaterial
Die Holzstämme und -stücke als bevorzugtes Material erhält der in Swinemünde geborene Künstler vielfach über Offerten. Aber auch Fundstücke, etwa Treibholz von der Ostseeküste, finden in seinen Skulpturen Verwendung. „Am liebsten arbeite ich mit Ulme, ein ideales Bildhauerholz, weil es wenig reißt. Heutzutage ist es aber kaum mehr zu bekommen“, erläutert Schultz. Alternativ bearbeitet er daher Eiche, Esche, aber auch Kirsche, Erle oder dunkle Mooreiche, „ein sehr hartes Holz aus der Wesermarsch“.
Schultz kombiniert dabei auch Holzarten, färbt sie ein oder akzentuiert seine Werke mit Bronze und Stein, wie bei der Figur „Der Kamm“ oder beim Dreiergebilde „Familie“. Mit der „Griechin“ zeigt der Bildhauer auch eine Galvanoplastik „mit Innenleben aus Gips“. In einer anderen Ecke steht eine Art Paarbarometer, ein bewegliches Objekt aus zwei Elementen, die sich einander zu- oder abwenden können. „Ein eher leichtes Gebilde. Normalerweise bevorzuge ich das Schwere, Blockhafte“, bemerkt der Künstler.
Weit über 1000 Skulpturen hat Schultz, der seine Werke chronologisch durchnummeriert und mit den Initialen WES kennzeichnet, bisher geformt. „Ich glaube nicht, dass ich mehr mache“, lässt er ein mögliches Ende seiner Schaffenszeit durchklingen. Hört man den Elan des Künstlers, kann man es kaumt glauben, oder besser gesagt, man will es auch nicht. Das Skulpturenhaus ist sonnabends von 14 bis 18 Uhr sowie sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Darüber hinaus sind Termine nach Absprache möglich.
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