Landkreis Osterholz. Die Zahl der Unfälle im Landkreis Osterholz ist im vergangenen Jahr verglichen mit dem Vorjahr um 3,59 Prozent zurückgegangen. Insgesamt 2711 Mal krachte es auf den Straßen im Kreisgebiet, 2812 Unfälle waren es noch 2017. Deutlich aussagekräftiger wird diese Zahl, wenn man sie in Relation zu den Zulassungszahlen setzt: Innerhalb von zehn Jahren stiegen die um 10 769 auf insgesamt 84 767 Fahrzeuge, 2017 waren es noch 83 454 Fahrzeuge mit Osterholzer Nummernschild. In einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten Vertreter des Landkreises und der Polizeiinspektion Verden / Osterholz gestern die Unfallbilanz in der Kreisstadt vor.
Vier Menschen ließen im vergangenen Jahr im regionalen Straßenverkehr ihr Leben, im Jahr zuvor waren drei Todesopfer zu beklagen. Erfreulicher ist der Trend, der sich bei der Zahl der Schwerverletzten ablesen lässt: Mit 47 wurde der tiefste Stand in den vergangenen zehn Jahren erreicht. Das habe auch mit der immer besseren sicherheitstechnischen Ausstattung zu tun, sagte Uwe Jordan, Leiter der Polizeiinspektion. An anderer Stelle offenbart der technische Fortschritt jedoch seine Schattenseiten. So spielen Unaufmerksamkeit und Ablenkung etwa durch Handybenutzung oder andere technische „Angebote“ in den Autos bei den Unfallursachen eine zunehmende Rolle. „Wir können es häufig nicht nachweisen, aber unsere Beobachtungen und eine wachsende Zahl von unerklärlichen Unfallabläufen sprechen eine deutliche Sprache“, formulierte es Uwe Jordan.
Unfallursache Nummer zwei sind Fehler beim Wenden und Rückwärtsfahren (607), häufig Rangierunfälle auf Parkplätzen. Vor allem in diesem Zusammenhang hatte es die Polizei 2018 auch mit 524 Unfallfluchten zu tun, 54 mehr als noch im Vorjahr. In etwa jedem fünften aller gemeldeten Verkehrsunfälle flüchteten die Verursacher. Etwa 40 Prozent davon konnten allerdings laut Statistik später ermittelt werden.
Wachsende Zahl von Wildunfällen
Trauriger Spitzenreiter in der Rangliste der Unfallursachen ist die wieder gewachsene Zahl von Wildunfällen. 626 folgenschwere Zusammenstöße vor allem mit Reh-, Dam- und Schwarzwild, 44 mehr als im Vorjahr, zählte die Polizei 2018. Zu geringerer Sicherheitsabstand führte in 445 Fällen zum Crash, Vorfahrtsverletzungen registrierten die Beamten 200 Mal als Ursache.
In etwa gleich ist die Zahl derjenigen geblieben, die sich betrunken ans Steuer setzten und dabei erwischt wurden: 73 waren es. Fast verdoppelt hat sich hingegen die Zahl der „anderweitig“ berauschten Verkehrsteilnehmer: 56 Fahrerinnen und Fahrer, die unter Einfluss von Drogen standen, wurden von der Polizei angehalten. Die Zunahme erklärte Uwe Jordan unter anderem mit verbesserten Kontrollen durch speziell in diesem Bereich geschulte Polizisten. Kreisdezernent Dominik Vinbruck und Anke Stelljes, Leiterin des Straßenverkehrsamtes, betonten in diesem Zusammenhang, wie folgenschwer gerade der Drogenkonsum für Führerscheininhaber sein könne, zumal, wenn Konsumenten als solche bei der Polizei aufgefallen seien. 41 Mal wurde der Führerschein 2018 in solchen Fällen eingezogen.
Dem demografischen Wandel folgt die Statistik, wenn es um die sogenannten Risikogruppen geht: Dies sind besonders junge und ältere Verkehrsteilnehmer. Während die Zahl der schwer verletzten oder gar getöteten 18- bis 24-Jährigen verglichen mit 2017 von zehn auf sechs gesunken ist, stieg die Zahl der Menschen über 64 Jahre, die bei Unfällen schwere Verletzungen erlitten (16) oder gar ihr Leben ließen (3). Uwe Jordan wies in diesem Zusammenhang einmal mehr auf die gemeinsamen Anstrengungen von Landkreis und Polizei hin, ältere Verkehrsteilnehmer dafür zu sensibilisieren, sich mit den meist körperlichen Folgen des Alterns auseinanderzusetzen und nach Lösungen zu suchen. Fast alles lasse sich ja kompensieren, machte Jordan Mut zur realistischen Selbsteinschätzung von Verkehrstauglichkeit, niemand müsse Angst haben, dass ihm der Führerschein entzogen werde.
Dominik Vinbruck stellte anschließend das Ergebnis der Verkehrsüberwachungstätigkeit des Landkreises vor. Die drei mobilen Anlagen, die im ganzen Landkreis rund um die Uhr und auch am Wochenende im Einsatz sind, brachten es 2018 auf insgesamt 589 Messungen. Mehr als 722 000 Fahrzeuge wurden dabei überprüft. 29 383 Verstöße entsprechen einer Quote von etwa vier Prozent, „das ist relativ gleichbleibend und verglichen mit anderen Erhebungen im Bundesgebiet niedrig“, so Vinbruck. Schwerpunkte der hiesigen Geschwindigkeitskontrolleure sind die Stadt Osterholz-Scharmbeck (25 Prozent aller Messungen), Worpswede (16 Prozent), Schwanewede (14 Prozent), Hambergen und Lilienthal (jeweils 13 Prozent).
Exemplarisch erläuterte Vinbruck ausgewählte Messungen vor Kindertagesstätten und Altenheimen. Seit 2017 kann Tempo 30 auch auf Hauptverkehrsstraßen angeordnet werden, um Kinder und ältere Verkehrsteilnehmer besser zu schützen. „Die Autofahrerinnen und -fahrer haben schon Probleme, sich an diese Regelung zu gewöhnen“, konstatierte der Kreisdezernent. Immerhin: Vor der Findorffschule an der Rübhofstraße in der Kreisstadt zum Beispiel ging die Zahl der protokollierten Tempoverstöße innerhalb knapp eines Jahres von 9,8 auf 2,8 Prozent zurück.
Wer beim Zuschnellfahren erwischt wird und Bußgeld zahlen muss, kann sich damit trösten, die Verkehrssicherheit finanziell gefördert zu haben. Weil die Überschüsse aus der Überwachung im Landkreis Osterholz in diverse Maßnahmen der Verkehrssicherheit investiert werden, wurden nach den Worten von Anke Stelljes 2018 insgesamt über 608 000 Euro ausgeschüttet: unter anderem für Radwege-Sanierungen, Wildwarner, die Verkehrswachten, Fahr-Fitness-Checks, Sicherheitstrainings in Schulen und die Verkehrserziehung in Kindergärten.