Diese Kunstwerke müssen gefühlt werden

Eine ungewöhnliche Ausstellung im Ritterhuder Rathaus verbindet Kunst mit dem Thema Inklusion benachteiligter Menschen. In diesem Falle sind es Blinde und Sehbehinderte. Aber auch Sehende sind eingeladen, die ausgestellten Kunstwerke zu erfühlen – sie bekommen eine Augenbinde. Einen Umweltschutzgedanken transportiert diese Ausstellung ebenfalls.
10.09.2013, 00:00 Uhr
Lesedauer: 2 Min
Zur Merkliste
Von Ilse Okken

Eine ungewöhnliche Ausstellung im Ritterhuder Rathaus verbindet Kunst mit dem Thema Inklusion benachteiligter Menschen. In diesem Falle sind es Blinde und Sehbehinderte. Aber auch Sehende sind eingeladen, die ausgestellten Kunstwerke zu erfühlen – sie bekommen eine Augenbinde. Einen Umweltschutzgedanken transportiert diese Ausstellung ebenfalls.

Bilder fühlen und Lärm spüren – so ist eine unkonventionelle Form der Auseinandersetzung mit Kunst betitelt, die den Umweltschutzgedanken mit dem Thema Inklusion verbindet. Sie findet am 13. und 14. September im Ritterhuder Rathaus statt. Angeleitet von blinden Menschen können die Besucher dann mit verbundenen Augen die Reliefbilder der Künstlerin Delia Nordhaus ertasten. Motiv dieser halbplastischen Kunstwerke, die seit Februar im Foyer des Rathauses hängen, sind Meeresbewohner vom Seepferdchen über Quallen, Kraken und Meeresschildkröten bis zum Nautilus.

Wie fühlt es sich an, wenn man überflutet von starken Unterwassergeräuschen und ohne Sicht nach Orientierung sucht? Und wie entsteht aus dem, was man mit den Fingerspitzen ertastet, ein imaginiertes Bild im Kopf? Das können die Teilnehmer der Aktion hautnah erleben.

Martina Reicksmann, Geschäftsführerin des Vereins der Blinden und Sehbehinderten Bremen, hat das schon mal ausprobiert. Vorsichtig glitten ihre Finger über die Tentakel des Nautilus. Langsam tasteten sie über die hervorgehobenen Konturen eines anderen Meeresbewohners: „Ein Seepferdchen“ hatte sie schnell erkannt. Sie freute sich, dass Blinden und Sehbehinderten über diese Initiative ein Zugang zur Kunst eröffnet wird. „Inklusion ist ein wichtiges Anliegen für uns. Noch schöner finde ich die Verbindung mit dem Umweltschutzgedanken“, bekräftigte sie.

Delia Nordhaus hat ihre Werke in enger Zusammenarbeit mit Jürgen Karbe vom Verein der Blinden und Sehbehinderten geschaffen. Immer wieder fuhr er mit den Fingerkuppen über die Textur der Reliefs und gab ihr Tipps zur Verbesserung. „Ich habe null Sehfähigkeit und keine Ahnung von Kunst. Aber das Thema Fische hat mich als Küstenbewohner sofort gepackt. Zum ersten Mal im Leben durfte ich Kunst anfassen und teilhaben. Das ist Inklusion praktisch.“

Immer mehr „Lärmmüll“

In Kooperation mit dem Ritterhuder Marco Begerow von der international tätigen Meeresschutzorganisation Sea Shepherd entwickelte die Künstlerin dann dieses Projekt. Der Besucher erhält eine Augenbinde und ertastet die Bilder, während gleichzeitig Unterwassergeräusche eingespielt werden.

Durch eine schrittweise Verdichtung dieses „Lärmmülls“ bei gleichzeitiger Verengung der Bewegungsmöglichkeiten sollen die Teilnehmer ein Gefühl für die starke Bedrohung der vorwiegend akustisch orientierten Meeresbewohner bekommen.

„Unser besonderes Anliegen ist es, Jugendliche für die Gefahren zu sensibilisieren, denen das maritime Ökosystem ausgesetzt ist“, sagt Marco Begerow. Der 13. September ist denn auch komplett für Schülergruppen reserviert und schon jetzt ausgebucht. Das Rathaus bleibt an diesem Freitagvormittag geschlossen. Aber Briefwahlunterlagen können über den Hinterausgang abgegeben werden.

Am Sonnabend, 14. September, können blinde und sehende Interessenten zwischen 10 und 18 Uhr zu jeder vollen Stunde kostenfrei diese ungewöhnliche Erfahrung mit ihrer Wahrnehmung machen und Bilder auf neue Art begreifen. Hinterher ist Gelegenheit, sich über die Ziele der Organisation Sea Shepherds zu informieren.

Nähere Informationen gibt es im Internet unter www.delianordhaus.com und www.sea-shepherd.info.

Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+! Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Einwilligung und Werberichtlinie

Ich erkläre mich damit einverstanden, dass die von mir angegebenen Daten dazu genutzt werden, regelmäßig per E-Mail redaktionelle Inhalte des WESER-KURIER seitens der Chefredaktion zu erhalten. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Ich kann diese Einwilligung jederzeit formlos mit Wirkung für die Zukunft widerrufen, z.B. per E-Mail an widerruf@weser-kurier.de.
Weitere Informationen nach Art. 13 finden Sie unter https://www.weser-kurier.de/datenschutz

Schließen

Das Beste mit WK+