Kurz vor Ablauf der bereits einmal verlängerten, selbst gesetzten Frist haben die Osterholzer Stadtwerke die angekündigte Schließung ihrer Erdgas-Tankstelle zurückgenommen. Zum Jahreswechsel steigt die Eon-Gas-Mobil GmbH als neuer Pächter an der Schwaneweder Straße ein. Der Betrieb sei damit für die nächsten Jahre gesichert, sagte Stadtwerke-Geschäftsführer Christian Meyer-Hammerström gestern beim Pressetermin mit dem Arbeitskreis der Erdgas-Fahrer.
Die Essener Eon-Tochter will ihr Netz weiter ausbauen; sie steht bundesweit hinter mehr als 90 CNG-Tankstellen, darunter Aral- und Shell-Standorte. Auch in der Kreisstadt werde Eon-Gas-Mobil eher im Hintergrund bleiben und nun auch nicht etwa den Stadtwerken die Energiekunden abspenstig machen, sagte Meyer-Hammerström. Der entsprechende Vertrag sei am Mittwoch unterzeichnet worden; nun werde im Hintergrund das Abrechnungswesen umgestellt, aber das tangiere den Betrieb nicht.
Die Tankkarten der Stammkunden bleiben vorerst weiter nutzbar. Wenn die EDV angepasst sei, werde man die Nutzer anschreiben, so der Stadtwerke-Manager. Das Pächtermodell sei freilich kein Weihnachtsgeschenk an die Fahrer von Erdgas-Autos, sondern ihm liege eine kaufmännische Entscheidung zu Grunde. So unwirtschaftlich der Weiterbetrieb einer einzelnen Tankstelle für die Stadtwerke gewesen wäre, so klar sei es auch, dass Eon-Gas-Mobil mit seinem Geschäftsmodell und vielen Zapfsäulen andere Synergien erzielen könne.
„Sachliche Gespräche“
„Mich freut, dass das Angebot nicht vom Markt verschwinden muss“, bekannte Meyer-Hammerström und sprach von einer Win-win-Situation. Der beharrliche Einsatz des Arbeitskreises habe „bei aller verständlichen Emotionalität“ der Sache zum Erfolg verholfen. Der kommunale Versorger habe mit den CNG-Fans „sachliche Gespräche auf Augenhöhe“ geführt. Trotzdem sah es zeitweilig nicht nach einem guten Ende aus.
AK-Sprecher Thorsten Maaß sagte, die Schließungspläne hätten die Betroffenen anfangs wie ein Schock ereilt. Sie hätten aber mit der Zeit die Probleme der Stadtwerke immer besser verstanden; umso mehr freue ihn, dass Meyer-Hammerström nicht unbeirrt an der Schließung festgehalten habe. Der Arbeitskreis werde mit dem neuen Pächter zusammenarbeiten, versprach Maaß. „Wir möchten weiter für Erdgas werben und so zu einer steigenden Nachfrage beitragen.“
Neben den ökologischen Vorteilen (25 Prozent weniger Kohlendioxid als ein Benziner, nur ein Drittel der Stickoxide eines Diesels, keine Rußpartikel) ist Erdgas nach Meinung des Arbeitskreises insbesondere für Vielfahrer die wirtschaftlichste Variante, die zurzeit zu haben ist. Eckart Christiansen, dessen Familie gleich vier CNG-Autos fährt, sagte: „Es ist unsere Aufgabe, auch die Autohändler zu motivieren, damit Erdgasautos kein Nischendasein fristen.“
Christiansens Mitstreiter Werner Gräbel bekannte, die Schließungspläne hätten auch bei Nicht-Betroffenen Zweifel an der Verbundenheit der Stadtwerke zur Region genährt; diese Zweifel seien nun sehr elegant aus der Welt geschafft. Auch Hildegard Ziegler-Gräbel sowie Holger und Eva Rentzow bedankten sich. Das Ganze sei aus ihrer Sicht nicht nur ein Beitrag zur Image-, sondern auch zur Standortpflege: Nun, da sie weiterhin in der Stadt tanken könnten, würden sie auch weiter dort ihre übrigen Einkäufe erledigen können. „Wir müssten sonst nach Worpswede, Hagen oder Gnarrenburg ausweichen“, bemerkte Holger Rentzow.
Kreisweit sind zurzeit etwa 200 Erdgas-Fahrzeuge zugelassen. Damit es mehr werden, sei Aufklärungsarbeit nötig, hieß es gestern. Ein Erdgas-Auto habe einen Motor und zwei Tanks, einen für Erdgas und einen für Benzin. Mit der Umstellung von L-Gas auf H-Gas ab 2021 werde die Reichweite nochmals wachsen, so Holger Rentzow. „Vollgetankt komme ich dann bis nach Neapel – bei Verbrauchskosten von weniger als fünf Euro auf 100 Kilometer.“ Zum Kostenvorteil trägt mindestens bis 2026 der ermäßigte Steuersatz auf CNG bei. Volkswagen hat angekündigt, die Zahl der bundesweit 900 Säulen bis zum Jahr 2025 auf 2000 zu erhöhen.