Landkreis Osterholz. Der CDU-Landtagsabgeordnete Axel Miesner ist frustriert: Der Bundesrat hat einen Antrag des Landes Niedersachsen abgelehnt, bei neuen Vorhaben zur Erdgas- und Erdölförderung mehr auf Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeit zu achten.
Miesner, der auch dem Kreistag angehört, war per Kreistagsresolution Ende 2018 dazu aufgefordert worden, sich in Hannover für höhere Hürden einzusetzen. Hatte es bereits 2017 im Koalitionsvertrag der SPD-CDU-Landesregierung noch geheißen „Der Schutz des Trinkwassers hat für uns absoluten Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen“, so ließ der Landtag Ende 2019 eine förmliche Initiative zur Änderung des Bundesberggesetzes folgen. Die aber habe in der Länderkammer am 9. Oktober keine Mehrheit gefunden, wie Miesner Anfang des Monats im Landtag erfuhr (Drucksache 18/7849). „Trotz nachdrücklichen Einsatzes des Landes in den Ausschussberatungen war eine Mehrheit nicht zu erreichen“, teilte die Landesregierung den Abgeordneten mit.
Laut Sitzungsprotokoll (BR-Drucksachen 422/20 und 423/20) entschied sich der Bundesrat ohne Aussprache dagegen, einen geänderten Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen; zuvor hatte der Umweltausschuss des Bundesrats dafür plädiert und der federführende Wirtschaftsausschuss des Bundesrats dagegen gestimmt. In der Frage einer Bundestagsbefassung gab lediglich das Land Schleswig-Holstein seine Enthaltung zu Protokoll, inhaltlich folgten die Kieler dem niedersächsischen Antrag aber nicht. Nun bleibt als einzige Möglichkeit der Weg über eine eigene Initiative der Bundestagsabgeordneten und ihrer Fraktionen.
Miesner: Bund wäre gefordert
„Der Beschluss des Bundesrats geht völlig an den Interessen des Landes Niedersachsen und dem Beschluss des Landtages vorbei“, stellt Axel Miesner mit einer Mischung aus Ärger und Bedauern fest. Es müsse doch alles dafür getan werden, „dass Trinkwasserreserven nicht gefährdet und damit weiter nutzbar sind“.
Doch in dieser Frage sei das Bundesgesetz schlichtweg veraltet und überholt. „Unsere Gesetzgebungskompetenz reicht leider nicht aus, um landesspezifische Gesetze zu erlassen“, erklärte Miesner. „Wir benötigen die Unterstützung des Bundes.“ Bisher ist für neue Erdöl- oder Erdgas-Bohrungen in einem Wasserschutzgebiet eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht in jedem Fall verpflichtend vorgeschrieben.
Er finde es „enttäuschend und irritierend“, dass Niedersachsen von Bundesländern im Regen stehen gelassen werde, in denen kaum oder nur sehr wenig Erdgas gefördert werde. Mehr als 94 Prozent des gesamten in Deutschland geförderten Erdgases werde in Niedersachsen aus der Erde geholt, teils auch in Trinkwasserschutzgebieten; beim Erdöl beträgt die Quote Miesner zufolge mehr als 35 Prozent. Auch wenn der Beitrag zum nationalen Gesamtverbrauch vergleichsweise bescheiden sei: „Ein bundesdeutsches Miteinander sieht anders aus.“ Der Kreis- und Landespolitiker befürchtet: „Diese Entscheidung des Bundesrats führt nur noch zu mehr Akzeptanzverlust und Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger.“
Unterdessen teilte das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) mit, die Erkundungserlaubnis für das Suchfeld „Unterweser“ gelte seit Donnerstag als offiziell aufgehoben. Nach erheblichen Bürgerprotesten aus der Region hatte die Wintershall DEA GmbH Deutschland angekündigt, die bis 31. Juli 2021 laufende Erlaubnis vorzeitig zurückzugeben. Sie betrifft die Suche nach unterirdischen Kohlenwasserstoffen in einem 789 Quadratkilometer großen Gebiet, das die Landkreise Osterholz, Rotenburg und Verden sowie die Stadt Bremen betrifft. Das Ende der möglichen Suche ist damit nun amtlich besiegelt.
LBEG-Sprecher Eike Bruns sagte zu den Hintergründen: „Das Unternehmen sieht aus geologischen Unsicherheiten, einem hohen Explorationsrisiko sowie einer sinkenden gesellschaftlichen Akzeptanz für die Förderung von Kohlenwasserstoffen die Rahmenbedingungen für weitere Betätigungen als nicht gegeben an.“