Landkreis Osterholz. Sechs Prozent – das war seit 1961 der Jahreszins, den der Fiskus auf Steuer-Nachzahlungen und -Erstattungen berechnete. Bis das Bundesverfassungsgericht im Sommer 2021 erklärte, eine solch hohe Verzinsung sei realitätsfern und seit 2014 verfassungswidrig. Die Folge: Für die Zeit ab Januar 2019 müssen nun neue Bescheide auf der Grundlage eines Zinssatzes von 1,8 Prozent ausgestellt werden, und damit haben die Finanzämter jetzt auch begonnen. Wer in noch offenen Steuerfällen zu viel gezahlt hat oder momentan gerade zahlt, bekommt damit Geld zurück und muss dafür nichts weiter unternehmen. Wer umgekehrt womöglich zu viel erstattet bekommen hat, erhält keinen neuen Bescheid, sondern darf das Geld aus Gründen des Vertrauensschutzes behalten. Darauf weist Marc Hillmer, Geschäftsstellenleiter am Finanzamt Osterholz-Scharmbeck, in einer Pressemitteilung hin.
Zentralversand braucht Zeit
Niedersachsens Finanzämter haben in dieser Woche den Versand von landesweit einer Million Bescheide gestartet. Der Zentralversand wird einige Zeit dauern und kann auch dazu führen, dass bei mehreren Veranlagungszeiträumen mehrere Briefe an verschiedenen Tagen bei einzelnen Bürgern eintreffen. "Wir bitten daher darum, mit Rückfragen bis Mitte Februar zu warten – und um Verständnis für gegebenenfalls auftretende Verzögerungen." Hillmer geht auch auf mögliche Sonderfälle ein: Ist in einem Bescheid die Zinshöhe noch nicht final festgesetzt gewesen, so werden nun automatisch 1,8 Prozent zugrunde gelegt und der Steuerbürger bekommt automatisch Post – es sei denn, auch die Neuberechnung ändert die Sache so marginal, dass weiterhin null Euro Zinsen herauskommen.
1,8 Prozent zumindest bis 2026
Verbraucherschützer erinnern unterdessen schon mal daran, dass die ausgezahlten Fiskus-Zinsen steuerpflichtig sind und bei der Erklärung im nächsten Jahr wie Kapitalerträge zu behandeln sind (Info unter www.finanztip.de/zinsen-auf-steuererstattungen). Für Hinterziehungs-, Aussetzungs-, Stundungs- und Prozesszinsen habe das Gerichtsurteil hingegen keine unmittelbaren Folgen, heißt es dort weiter. Ansonsten sei vom Gesetzgeber inzwischen dafür gesorgt, dass der Fiskus künftig häufiger auf das reale Zinsniveau reagieren muss. Diese sogenannte Evaluation der Angemessenheit steht nächstes Mal zum 1. Januar 2026 an. Bis dahin wird eine jährliche Verzinsung von 1,8 Prozent zugrunde gelegt.