Lilienthal. Eine Fahrschule hat sie schon für sich entdeckt, die neue Stromtankstelle an der Straße Zur Alten Wörpe. Der Tesla aus dem Fuhrpark steht nun regelmäßig an der Schnellladestation für Elektroautos, die die Reon AG neuerdings auf dem Parkstreifen vor ihrem Stammsitz im Gewerbegebiet betreibt. Auch anderswo engagiert sich das Unternehmen der John-Becker-Firmengruppe für die Ladeinfrastruktur: Die Firma will die sieben Säulen an den Bus- und Bahnstationen im Kreisgebiet übernehmen, von denen sich der Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen trennt. Und auch vor dem Lilienthaler Rathaus wird demnächst eine öffentliche Elektrotankstelle errichtet.
Am Dienstagvormittag schnitt Bürgermeister Kristian Tangermann das rote Band durch, um damit den Start für den Betrieb der Ladestation offiziell frei zu geben. Der graue Kasten hat es in sich, weil sich mit ihm Elektroautos viermal schneller laden lassen als an Stationen herkömmlicher Art. Von diesen Turbo-Geräten gibt es nur fünf im Kreisgebiet. Bei der Mehrzahl dauert es meist mehrere Stunden, bis der Akku wieder voll ist. Der Schnelllader braucht dafür etwa eine Stunde, sagt Lemar Schwarz, der bei der Reon AG für das Projekt verantwortlich ist. Etwas mehr als sechs Euro muss man ungefähr bezahlen, um anschließend mit dem E-Auto 100 Kilometer weit zu kommen.
Als Nutzer der Zapfsäule hat Reon auch die Kundschaft des benachbarten Fitness-Studios im Blick: „Einmal Sport machen. Auto voll“, könnte für sie die Devise lauten, sofern denn ein E-Auto vorhanden ist. Für die Fachleute ist es längst keine Frage mehr, dass sich die E-Mobilität durchsetzt. Die Zulassungszahlen sind zuletzt deutlich nach oben gegangen, bedingt durch Kaufprämien, Fördermöglichkeiten und auch neue Automodelle, so Ingenieur Schwarz.
Erdwärme zum Heizen
Das einst in Worpswede gegründete und 2013 nach Lilienthal umgezogene Unternehmen kümmert sich schon seit den 90er-Jahren um die regenerative Energie. Die Reon-Leute planen und betreiben Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen, die John-Becker-Ingenieure entwickeln Konzepte, wie Betriebe klimaneutral laufen können. Der vor Kurzem errichtete Firmensitz im Gewerbegebiet zeigt auf, wohin die Reise geht: Das Gebäude nutzt Erdwärme zum Heizen, und der Strom wird von einer Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert. Der Aufbau der Ladestation ist da nur ein weiterer logischer Schritt: Den Strom dort zu verbrauchen, wo er erzeugt wird, ist das große Thema, an dem die Ingenieure arbeiten. „Wir müssen die Energiewende umsetzen. Dazu muss man den Anfang machen und kann nicht warten, bis die letzten Details geklärt sind“, sagt Tom Becker, Chef der Firmengruppe.
In die neue Zapfstation für alle drei in Europa verbreiteten Stecker-Standards hat das Unternehmen rund 40 000 Euro investiert. Die Anlage gehört zum Verbund von 67 000 Stromtankstellen in Deutschland. Die Reon-Verantwortlichen wollen mit der neuen Stromtankstelle ein Zeichen setzen und sehen in der modernen Stromzapfanlage zugleich eine Möglichkeit, den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom zu testen. Konsequent geht man im eigenen Betrieb vor: Neben der öffentlichen Stromtankstelle befinden sich auf dem Firmengelände 14 weitere herkömmliche Säulen für die Strom-Autos des Unternehmens. Die Umstellung läuft, bald schon will die Firmengruppe nur noch Elektroautos im Einsatz haben.
Auch vor dem Lilienthaler Rathaus soll etwas passieren. Voraussichtlich auf dem Parkstreifen auf der Straßenseite des gegenüberliegenden Conrad-Naber-Hauses soll in den nächsten zwei Monaten eine Stromtankstelle errichtet werden. Aktuell läuft noch die Abstimmung mit den Osterholzer Stadtwerken über den Anschluss ans Stromnetz.