In einer gemeinsamen Hauruck-Aktion werden die Räume der Lilienthaler Tafel derzeit auf Vordermann gebracht. Ehrenamtliche streichen Wände und Regale und lackieren die Türen neu. Die Renovierungsarbeiten wollten die Tafel-Leute eigentlich aufs ganze Jahr verteilen. Doch nun bleiben ihnen nur vier Wochen. Diese Frist hat die Lebensmittelkontrolle des Landkreises gesetzt. Nach einem anonymen Hinweis wegen angeblich verdreckter Schneidebretter und Klappkisten hatte die Behörde die Halle an der Moorhauser Landstraße unangemeldet inspiziert. Gravierende Mängel fand sie zwar nicht, aber eben doch Dinge, die keinen Aufschub dulden. Der Tafelbetrieb läuft trotzdem weiter. Die Lebensmittelausgabe öffnet auch an diesem Dienstag ihre Türen.
Es war für die Verantwortlichen schon ein kleiner Schock, als vor zwei Wochen kurz vor Feierabend plötzlich Behördenbesuch in der Tür stand. Die Tatsache, dass der Landkreis nach dem Rechten schaut und auf mögliche Mängel hinweist, ist aus Sicht des Tafel-Vorstands nicht das Problem. Doch dass jemand die gemeinnützige Einrichtung anschwärzt und beschuldigt, können die ehrenamtlichen Helfer um die Vorsitzende Inga von Ahsen nur schwer verdauen. Sie sind sicher, dass der anonyme Hinweis nur aus den eigenen Reihen gekommen sein kann. Drei Personen sollen dafür in Betracht kommen, doch aufklären lassen wird sich die Angelegenheit vielleicht nie. Was bleibt, ist Verständnislosigkeit. "Jemand nimmt hier in Kauf, dass die Arbeit für die Schwächsten der Gesellschaft leidet. Und das möglicherweise nur, weil derjenige sich geärgert hat und nun auf Rache aus ist", sagt Andrea Vogelsang, die sich als Social-Media-Beauftragte für die Lilienthaler Tafel engagiert.
Ehrenamtliche rücken zusammen
Dass der Segen bei der Tafel schief hängen könnte, davon war beim Arbeitseinsatz am Wochenende nichts zu spüren. Im Gegenteil: Die Ehrenamtlichen rückten zusammen. Als die Lilienthaler Arbeiterwohlfahrt von den Vorgängen erfuhr, sagte deren Vorsitzende Ingrid Kluth spontan ihre Bereitschaft zum Anpacken zu. Auch für Andree Bellmann-Vogelsang, Ehemann von Andrea Vogelsang und zweiter Vorsitzender des Schützenvereins Heidberg-Falkenberg, war es keine Frage, mit Hand anzulegen. Und so waren es wohl um die 20 Helfer, die am Sonnabend zum spontanen Streichen und Aufräumen in die Halle im Gewerbegebiet Moorhausen kamen.
Mit dabei war auch Florian Medenwald, der in der Nachbarschaft wohnt und sich ansonsten bei der Freiwilligen Feuerwehr Lilienthal/Falkenberg engagiert. Er hatte über bei Facebook mitbekommen, dass die Tafel dringend einen Maurer sucht, der ein Loch in der Rückwand des Toilettenraums wieder verschließen kann. Medenwald sprang ein, um das Provisorium mit blauem Müllsack zu beenden. Allerdings stellte sich heraus, dass sich vorher besser noch ein Sanitärfachmann die Installation angucken sollte.
Schon in den Tagen zuvor wurden die Räume mit den Lebensmittelvorräten und anderen gespendeten Sache auf links gedreht: Sämtliche Regale sind leer geräumt worden, um ihnen danach mit dem Pinsel und Rolle Streicheinheiten zu verpassen. Gleiches gilt für Türen und Wände. In der großen Halle haben die Helfer zudem Klapptische und Bänke beiseite geräumt, die oben auf dem Dach des Kühlhauses zwischengelagert waren. Michael Kopp schnappte sich den Staubsauger und machte oben klar Schiff.
Die Tafel-Vorsitzende Inga von Ahsen hat die Gelegenheit genutzt und alle Waren aus den Regalen erfasst. Ein- und Ausgang werden fortan per Computer registriert, aktuell noch per Excell-Tabelle, aber immerhin nützlich für den schnellen Überblick. Eine professionelle Software kann sich die Tafel nicht leisten und wäre vielleicht auch etwas überdimensioniert. Inga von Ahsen hat auf der Suche nach Lösungen auch Kontakt zur Bundestafel aufgenommen und erfahren, dass dort ebenfalls die Anschaffung solcher Systeme angedacht ist, um die Tafel weiter professionell aufzustellen.
Von Ahsen ist seit Oktober vergangenen Jahres Vorsitzende der Lilienthaler Tafel. Die Borgfelderin ist Nachfolgerin von Gerda Urbrock, die die Arbeit der gemeinnützigen Einrichtung viele Jahre geprägt hat und mit dafür gesorgt hat, dass die Tafel bundesweit einen guten Ruf genießt. Daran soll sich nichts ändern. Fest steht für die neue Vorsitzende und ihre Mitstreiter, dass die Arbeit der Tafel nicht darunter leiden darf, wenn vielleicht einzelne Mitglieder mit der einen oder anderen Veränderung unzufrieden sind. "Es gibt Menschen, die auf die Hilfe der Tafel angewiesen sind. Das steht im Vordergrund. Und die wollen wir nicht hängen lassen", sagt die Vorsitzende.