Holocaust-Gedenktag Mike Frank besucht Lilienthal

Der in den USA lebende Sohn des jüdischen Fotografen Julius Frank wird nächste Woche die Ausstellung über das Schicksal seiner Familie im Bremer Focke-Museum besuchen. Auch in Lilienthal wird er erwartet.
22.01.2023, 07:00 Uhr
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Mike Frank besucht Lilienthal
Von Lutz Rode

Lilienthal. Etwas mehr als drei Jahre nach seinem letzten Besuch wird Mike Frank wieder in Lilienthal erwartet: Der Sohn des jüdischen Fotografen Julius Frank reist in der kommenden Woche aus den USA an. Der 79-Jährige wird dabei sein, wenn am 27. Januar - dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus - vor dem einstigen Fotogeschäft seiner Familie an der Hauptstraße 44 Lilien niedergelegt werden. Die beiden bronzenen Stolpersteine, die dort ins Pflaster eingelassen sind, tragen die Namen des Vaters und des Onkels, die unter der Naziherrschaft gelitten haben. Julius Frank hatte das Land 1936 verlassen, nachdem er in Lilienthal ausgegrenzt worden war und sein Geschäft weit unter Preis verkaufen musste.

Mike Frank ist vom Bremer Senat zu einem Besuch eingeladen worden, nachdem im Focke-Museum die Ausstellung "Julius Frank - eine jüdische Fotografenfamilie zwischen Deutschland und Amerika" eröffnet worden ist. Die Grundlage dafür bildet der Nachlass, den Mike Frank und seine Schwester Barbara dem Museum anvertraut haben. Eine Kiste mit alten Fotos und Unterlagen kam 2021 aus den USA in Bremen an. Im Bremer Rathaus weiß man die Geste der Versöhnung zu würdigen: Bürgermeister Andreas Bovenschulte wird Mike Frank in der kommenden Woche im Rathaus empfangen.

Vortrag über Wiedergutmachungsverfahren

Schon einen Tag vor der Ankunft ist am Dienstag, 24. Januar, ein Vortrag im Focke-Museum zu hören, der sich mit dem Wiedergutmachungsverfahren beschäftigt, das Julius Frank nach dem Krieg von den USA aus angestrengt hatte. Was ihm dabei widerfuhr, hat Miriam Röttger in einer Masterarbeit an der Universität Oldenburg aufgearbeitet. Ab 19 Uhr wird sie darüber berichten.

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Am 26. Januar wird sich Mike Frank im Laufe des Vormittags zunächst die Julius-Frank- Ausstellung ansehen und später mit dem Team unter der Leitung von Karin Walter zusammenkommen, das die Präsentation erarbeitet hat. Danach wird der Ehrengast im Bremer Rathaus erwartet. Abends steht ab 18 Uhr im Museum eine Podiumsdiskussion unter dem Titel "Wege der Erinnerung" auf dem Programm, bei der die Volkshochschule Lilienthal und das Museum kooperieren.

Die drei aktuell laufenden Ausstellungen sollen zum Anlass genommen werden, sich mit der Erinnerungskultur auseinander zu setzen. Experten wollen darüber diskutieren, welchen kuratorischen Herausforderungen Museumsmacher beim Umgang mit der NS-Geschichte gegenüber stehen. Auch geht es um die Frage, wie die Opfer der Verbrechen angemessen im Ausstellungskontext repräsentiert werden können oder wie die historischen Zusammenhänge und ihre bis in die Gegenwart reichenden Auswirkungen einer jungen Generation vermittelbar sind. Auf dem Podium werden John Gerardu, Katrin Rickerts, Olaf Schlote, Karin Walter, Jan Werquet sitzen. Auch Mike Frank wird erwartet.

Treffen im Heimatmuseum

Die Gemeinde Lilienthal will zusammen mit dem Heimatverein am 27. Januar der Opfer des Nationalsozialismus gedenken: Um 11 Uhr sollen auf den Stolpersteinen vor dem Atelier Kühn, dem ehemaligen Atelier des Fotografen Julius Frank, Blumen niedergelegt werden. Diesmal wird auch Mike Frank dabei sein. Anschließend zeigt der Heimatverein Lilienthal in seinen Räumen an der Feldhäuser Straße den historischen Film vom Festumzug anlässlich der 700-Jahr-Feier 1932, den Julius Frank gedreht hat. Den 15-minütigen Film kennt Mike Frank noch nicht, der Film gibt unter anderem Einblick in das alte Lilienthal. Sowohl die Blumenniederlegung vor dem Geschäft an der Hauptstraße und das Treffen im Heimatmuseum sind öffentlich.

Zur Sache

Worpswede erinnert an die Auschwitz-Befreiung

Worpswede. Die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz jährt sich am Freitag, 27. Januar, zum 78. Mal, seit 2005 ist dies der internationale Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Die Worpsweder Initiative „Nie wieder – Erinnern für die Zukunft – Gemeinsam gegen Rechts“ will an diesem Tag um 18 Uhr mit Blumen, Lichtern und Plakaten auf dem Rosa-Abraham-Platz an das Geschehen erinnern und der Opfer gedenken. Danach wird es um 19 Uhr im Worpsweder Rathaus, Bauernreihe 1, von Lukas Welz, Vorsitzender des Vorstandes des gemeinnützigen Vereins Amcha, einen Vortrag geben, der den Titel „Folgen kollektiver Gewalt und die Arbeit mit Überlebenden, deren Nachkommen und mit Opfern aktueller Gewalt“ trägt.

„Auch zur heutigen Zeit ist Erinnern noch sehr wichtig“, sagt Bernd Moldenhauer, der in der Ratsdiele die Einführung übernehmen wird. Seiner Meinung nach sei eine Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus freilich keine Selbstverständlichkeit. „Es ist klar, dass sich die Täter nicht gerne zurückerinnern. Das Gleiche gilt für die Opfer.“  Auch die heutigen Opfer von Krieg, antisemitischer und fremdenfeindlicher Diskriminierung und Gewalt, sexuellen Missbrauchs und die vor Hunger, Armut und Terror geflüchteten Menschen werden ihr Leid über Generationen hinweg spüren, ist sich Moldenhauer sicher und zieht eine Parallele zu den geflüchteten Menschen aus der Ukraine: „Bei den Leuten wird ein Trauma zurückbleiben.“

In der Ratsdiele wird zudem im Laufe des Abends ein Dokumentarfilm aus dem Projekt „Leben nach dem Überleben. Überlebende des Holocaust und ihrer Familien in Israel“ gezeigt. Durch den Abend moderiert Almut Helvogt. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.

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