Der Grillhersteller Landmann entlässt etwa 30 Prozent seiner Belegschaft in Osterholz-Scharmbeck. Die Kündigungswelle trifft die Mitarbeiter der Logistik: Der komplette Lagerbereich ist an einen Dienstleister aus Hannover abgegeben worden. Als Grund für die Entlassungen nennt die Firmenleitung internationalen Wettbewerbsdruck.
Zum Ende der Grillsaison 2020 ist für einige Mitarbeiter beim Grillhersteller Landmann der Ofen aus: Das Unternehmen entlässt 26 Beschäftigte und damit annähernd 30 Prozent seiner Osterholzer Belegschaft. Die wurde am Dienstag zusammengerufen und mündlich über die bevorstehenden Kündigungen in Kenntnis gesetzt. Mit Maske vor Mund und Nase folgten die Beschäftigten den Ausführungen der Geschäftsführer. Viele Mitarbeiter waren geschockt. Einige hatten Tränen in den Augen, andere waren einfach nur wütend, wie die Redaktion erfahren hat.
Von den Kündigungen betroffen sind auch langjährige Beschäftigte. Manche sind schon Jahrzehnte für Landmann tätig. Auch für die ist jetzt Schluss: Die Beschäftigungsverhältnisse enden zum 30. September. Die Tabel-Gruppe, eine Dienstleistungsfirma aus Hannover mit 3000 Beschäftigten, übernimmt den Lagerbereich an der Straße Am Binnenfeld. Tabel bezeichnet sich selbst als „ein führendes Dienstleistungsunternehmen im Bereich Business Process Outsourcing“, wie auf der Internetseite nachzulesen ist. Ziel sei unter anderem, „Mehrwerte“ zu generieren.
„Extrem saisonales Geschäft“
Die gekündigten Mitarbeiter in Osterholz-Scharmbeck wechseln zum 1. Oktober in eine Transfergesellschaft, wie die Landmann-Geschäftsführer Thomas Seitz und Uwe Scharunge im Gespräch mit der Redaktion erläutern. Beide sind seit März des Jahres im Osterholzer Unternehmen tätig. Sie bedauern die Entscheidung und sehen keine Alternative zum aktuellen Vorgehen. „Das Grillgeschäft ist ein extrem saisonales Geschäft“, gibt Uwe Scharunge zu verstehen. Heißt: Für einige wenige Monate brummt der Laden, dann ist es eher ruhig. Aus Sicht von Landmann könne nur ein spezialisierter Dienstleister diese Höhen und Tiefen im Lagergeschäft „besser abpuffern“. Somit habe man sich die Frage gestellt, ob sich Landmann ein Lager „unbedingt leisten muss“, macht Seitz klar. Und schiebt die Antwort gleich hinterher: „Nein, das können andere besser.“ Damit sei klar gewesen, den Firmenbereich abzugeben. „Und es geht immer ums Geld.“ Der Fachbegriff dazu lautet: Outsourcing.
Mancher hatte bereits damit gerechnet, dass sich zum Saisonende etwas tut. Zum einen war es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Veränderungen beim Personalstamm in Osterholz gekommen, auch die Führungsriege hat oft gewechselt. Außerdem schürte die negative Entwicklung bei der Bremer Gebrüder Thiele Gruppe, zu der auch Landmann gehört, samt Insolvenz von Unimet die Ahnung vieler. Zum anderen parkten in den vergangenen Wochen immer wieder Firmenwagen des Hannoveraner Dienstleisters auf dem Betriebsparkplatz, wie zu beobachten war.
Der Schritt, die Lagerarbeiten fremd zu vergeben, war aus Sicht des Führungsduos unausweichlich. Man hätte stark investieren müssen, um das Lager auf Vordermann zu bringen. Denn in Osterholz-Scharmbeck laufe vieles über Handarbeit. Dabei hatte man 2012 mit einem 9000 Quadratmeter großen Hallenneubau am Binnenfeld, insgesamt 26 000 Quadratmeter überdachter Lagerfläche und dem Zusammenlegen von fünf Lägern in Osterholz neu durchstarten wollen (wir berichteten). Damals waren 120 Mitarbeiter vor Ort und weltweit 300 Beschäftigte für den Grillhersteller tätig. Der internationale Wettbewerbsdruck sei stark. Am Ende müsse man gegen alle Discounter und Fachleute dieser Welt wettbewerbsfähig sein, um auf dem Markt zu bestehen, sagt Thomas Seitz. Allein mit der Corona-Krise habe die jetzige Entscheidung nichts zu tun. Homeoffice und Schutzmaßnahmen hätten Landmann beim Absatz eher geholfen als geschadet. Trotz zeitweisen Lieferstopps aus Asien habe man die erhöhte Nachfrage der Verbraucher aufgrund der Lagerbestände gut bedienen können. Nur der Verlustvortrag aus den Vorjahren drücke stark, gibt Seitz zwischen den gesprochenen Zeilen zu verstehen.
Landmann will sich auf die Kernkompetenzen des 1966 gegründeten Handelsunternehmens besinnen. Der Fokus liege künftig auf Qualität, Marketing, Vertrieb und Materialeinkauf. Immerhin habe die Firma einen Namen in der Branche und im Land zu verteidigen: Landmann gelte, nach der Firma Weber, als Nummer zwei bei Grills und Zubehör in Deutschland, betont Uwe Scharunge. Sicherlich könne er nachvollziehen, dass die Mitarbeiter wegen der Kündigungen wütend seien. Aber mit der Aufnahme in eine Transfergesellschaft seien sie „besser bedient, als mit betriebsbedingten Kündigungen“, steht für Thomas Seitz fest. Immerhin erhalte jeder, der in die Gesellschaft wechsele, durch Aufstockung von Landmann 85 Prozent seines Nettolohns. Je nach Unternehmenszugehörigkeit könnten die ehemaligen Mitarbeiter zwischen fünf und zwölf Monate in der Transfergesellschaft bleiben, um sich zu orientieren und sich fortzubilden. Für Uwe Scharunge steht fest, dass in allem Übel auch eine Chance steckt. Jeder könne sich nun die „W-Frage“ stellen.
Die Firma Tabel aus Hannover sucht bereits über ihr „Karriere“-Portal sämtliche Positionen für den „Standort Osterholz-Scharmbeck“. Dazu zählen Lageristen, Kommissionierer, Staplerfahrer und Lagerhelfer. Einstellung zum 1. Oktober.