Osterholz-Scharmbeck. „Der Andrang ist immens“, sagt Burghard Nohns. Für den Chef der Alten Apotheke in der Marktstraße und seine Mitarbeiter bestimmt nicht mehr der Verkauf von Medikamenten vorrangig den Tagesablauf. Denn immer mehr Bürger wollen sich einen digitalen Impfpass ausstellen lassen. Zwischen 50 und 70 Kunden suchen deswegen zurzeit eine Apotheke in der Kreisstadt sowie im Umland auf, wie eine nicht repräsentativen Umfrage dieser Zeitung ergeben hat.
Menschen, die vollständig gegen Corona geimpft worden sind, könnten sich seit 14. Juni in Apotheken ein digitales Zertifikat auf ihrem Smartphone oder Handy zulegen, lautete die Botschaft aus dem Robert-Koch-Institut und dem Gesundheitsministerium. Sie erwies sich als verfrüht, weil die Technik zunächst weitgehend versagte. Die Online-Plattform, über die der sogenannte QR-Code eingescannt werden musste, hakte. QR bedeutet Quick Response (schnelle Antwort).
Interesse nimmt zu
„Wir waren gut vorbereitet und wollten sofort loslegen“, erläutert Stephan Glogisch von der Apotheke am Bahnhof der Kreisstadt. Doch es habe offensichtlich ein Serverproblem gegeben. Ebenso wie Glogisch konnten auch seine Kollegen erst gegen Montag- beziehungsweise Dienstagabend „so richtig loslegen.“
Seitdem ist der Andrang groß, nimmt die Zahl der Interessenten zu. Klar, dass sie sich auf Wartezeiten einstellen müssen, obgleich der eigentliche Arbeitsvorgang mit dem Einscannen des vom Robert-Koch-Instituts gelieferten QR-Codes nur wenige Minuten dauert. Weil es momentan keine technischen Probleme gebe und alles wie am Schnürchen laufe, freut sich Norbert Lanwehr von der "Max & Moritz"-Apotheke am Marktplatz. Lanwehr spricht von rund 50 Kunden pro Tag, die sich den digitalen Impfpass auf dem Handy zulegen wollen. Doch es dürften noch mehr werden, weil der Zulauf gerade richtig Fahrt aufnehme.
Das bestätigt auch die Inhaberin der Findorff-Apotheke in Grasberg, Birgit Landwehr. Nach den „Abstürzen zu Wochenbeginn“ funktionierten die technischen Abläufe inzwischen fast reibungslos. Und das ist für die Grasbergerin Voraussetzung, um täglich 50 bis 70 Bürgerinnen und Bürger mit dem digitalen Impfpass versorgen zu können. Zudem nimmt sie täglich noch 20 bis 30 Corona-Tests vor auf die Menschen angewiesen sind, die noch nicht geimpft wurden, aber zum Beispiel Familienangehörige im Krankenhaus besuchen möchten und deshalb na- chweisen müssen, dass sie sich nicht mit dem Virus angesteckt haben.
Problem für Genesene
Der digitale Impfpass ermöglicht vollständig geimpften Menschen, ihre Immunität per Handy zu belegen. Darauf allerdings müssen noch diejenigen warten, die eine Corona-Erkrankung überstanden haben und deshalb nur einmal geimpft worden sind. Jörn Stelljes von der Pressestelle des Landkreises Osterholz verweist in diesem Zusammenhang auf eine Erklärung des Bundesministeriums für Gesundheit. Danach wird an einer „zeitnahen Lösung“ gearbeitet. Solange für die Betroffenen kein digitales Angebot zur Verfügung stehe, müssten sie jedoch den Impfpass in Papierform beziehungsweise einen Nachweis mitführen, genesen zu sein.
Möglicherweise nicht mehr lange. Der digitale Impfpass soll ab 1. Juli nicht nur das grenzüberschreitende Reisen in Europa erleichtern. Darüber hinaus dürfte nach Mitteilung des Bundesgesundheitsministeriums bis Ende des Monats eine weitere Entwicklungsstufe des digitalen Impfpasses realisiert worden ein. Dann sollen auch Negativ-Testergebnisse und Genesenen-Zertifikate auf ihm zu hinterlegen sein.
Und schließlich wartet auf die Apotheken und Ärzte im Landkreis eine Entlastung. Denn in den „kommenden Tagen und Wochen“, könnten alle Personen, die im Impfzentrum in der Stadthalle ihre Zweitimpfung erhalten haben, sofort einen QR-Code für ihren digitalen Impfausweis erhalten, teilt Landrat Bernd Lütjen in einer Presseerklärung mit. Alle anderen Bürger, die schon beide Pikse überstanden haben, müssten allerdings weiterhin eine Apotheke aufsuchen. Für das nachträgliche Ausstellen eines digitalen Impfausweises sei der Landkreis nämlich technisch nicht ausgestattet, heißt es.
Zahl der Geimpften
Daraufhin auf die Zahl der Geimpften angesprochen, teilt der Landkreis mit, dass bis einschließlich 16. Juni 75.482 Impfungen vorgenommen worden seien. Das entspreche einer Quote von 42 Prozent. Mit einer Zweitimpfung seien 27.509 Bürgerinnen und Bürger versorgt worden.