Seit vergangenem Herbst haben die Soldaten des Spezialpionierregiments 164 aus Husum auf dem Gelände der Lucius-D.-Clay-Kaserne an einer Zeltstadt gearbeit. Mit 28 Zelten, Containern und anderen Einrichtungen bietet sie Platz für bis zu 2000 Personen. Sie ist Teil der größten militärischen Verlegeaktion seit 25 Jahren, bei der 20.000 Soldaten mit Fahrzeugen und Ausrüstung aus den USA in den Osten von Europa verlegt werden. Unter dem Namen Defender 2020 nehmen insgesamt 37.000 Soldaten aus 19 Nationen teil. Drehscheibe ist Deutschland. Die Logistikschule dient unter anderem als Zwischenunterkunft.
Zum Wochenende schaut Major General Christopher O. Mohan vorbei. Er sieht sich an, wie die Amerikaner in Garlstedt betreut werden. Zusammen mit dem Inspekteur der Streitkräftebasis der Bundeswehr, Generalleutnant Martin Schelleis, stattete er der Kaserne einen Besuch ab. Mohan befehligt das 21st Theater Sustainment Command in Kaiserslautern, das sich um Logistik der US-Army in Europa kümmert und somit ein wichtiger Part bei Defender 2020 ist.
Mit Schelleis und dem Kommandeur der Logistikschule der Bundeswehr, Brigadegeneral André Denk, schlendert Mohan übers Gelände. Noch vor zwei Wochen wirkte das Camp ein wenig verwaist. Das hat sich nun gründlich verändert. US-Soldaten tummeln sich zwischen den Zelten. Sie tragen Taschen, kommen von der Grill-Hütte, in der ein kleiner Laden für die Gäste eingerichtet worden ist. Andere gehen in schwarzen T-Shirts mit der Aufschrift Army und Kulturtaschen unterm Arm zum Duschen. An einer Wand hängen Verhaltensregeln: „Quiet from 2200 to 0400 - Ruhe zwischen 22 und vier Uhr“ ist beispielsweise zu lesen. Alkohol ist im Camp verboten; die Kaserne darf ohne Auftrag nicht verlassen werden.
So, wie es sein soll
Seit etwa einer Woche leben rund 800 US-Soldaten und Soldatinnen in der Kaserne. Sie sind mit dem Flugzeug aus den USA gekommen. Ihre Fahrzeuge und weitere Ausrüstung landete per Schiff in Bremerhaven an. Das nehmen die Amerikaner dort in Kürze in Empfang und machen sich damit weiter auf den Weg in Richtung Osten.
Christopher O. Mohan schaut genau hin, lässt sich alles erklären, spricht mit Soldaten und den Freunden aus Deutschland. Was er sieht, scheint ihm zu gefallen. „Wir möchten uns bei der Logistikschule und den Menschen in Deutschland für den sehr herzlichen Empfang danken“, sagt er in einem kurzen Gespräch mit dem OSTERHOLZER KREISBLATT. Das Camp für die amerikanischen Soldaten biete viel mehr, als es standardmäßig üblich sei. „Mein Chef sagte: Hey, das müssen wir den weiteren Nato-Verbündeten zeigen. Das ist so, wie es sein soll.“
Martin Schelleis gibt das Lob zurück: „Ich freue mich über die Wertschätzung der Amerikaner für das, was die Bundeswehrsoldaten und -soldatinnen hier aufbauen“, erklärt er. Man müsse aber auch sehen, dass die Amerikaner einen großen Aufwand betreiben. 20.000 junge Frauen und Männer würden eigens aus Amerika nach Europa verlegt. Es sei im eigenen sicherheitspolitischem Interesse, diese Übung zu unterstützen.
Seit 1990 in der Hand der Bundeswehr
Das Camp ist auch eine kleine Rückkehr. Die Lucius-D.-Clay-Kaserne in Garlstedt wurde in den 1970er-Jahren für eine amerikanische Panzereinheit konzipiert und gebaut. Mehr als zwölf Jahre lang waren die Soldaten und ihre Familien in Osterholz-Scharmbeck, ehe die Kaserne 1990 von der Logistikschule, die damals noch Nachschubschule des Heeres war, übernommen wurde. „Jetzt sind wir für einen kurzen Zeitraum zurück“, sagt Christopher O. Mohan mit einem Lächeln.
Defender 2020 hat laut den Militärs hauptsächlich einen Zweck: die Abschreckung potenzieller Gegner. „Die Übungen sind in ganz Europa verteilt. Die sind wichtig, aber nicht der Schwerpunkt“, erläutert Martin Schelleis den Ansatz. Die Verlegung von so vielen Soldaten und Soldatinnen über eine so große Strecke stehe als solche im Vordergrund. Garlstedt ist einer der Standorte, die als Zwischenstopp dienen. In der nächsten Zeit werden immer wieder Soldaten aus den USA im Camp eintreffen und weiterreisen.
„Es läuft hier in der Kaserne absolut reibungslos. Ich gehe davon aus, dass die Bevölkerung im Landkreis nichts von den Bewegungen mitbekommt“, sagt Schulkommandeur Denk. Martin Schelleis hat die Kritiker des Manövers im Sinn, wenn er sagt: „Die Übung dient der Wiedererlangung der kollektiven Verteidigungsfähigkeit innerhalb der Nato. Das ist wieder notwendig, weil sich zeigt, dass Russland gewillt ist, Grenzen innerhalb Europas mit Gewalt zu verschieben.“ Verschiedene Gruppen hatten Defender 2020 als Provokation gegenüber Russland bezeichnet.