Herr Buddrus, wie sieht Ihr neuer sportlicher Alltag aus, und in welchen Bereichen vermuten Sie persönlich die größten Schwierigkeiten?
Yves Buddrus: Vorab muss ich erklären, dass Budō ein Sammelbegriff für japanische Kampfsportarten ist, in unserem Falle: Karate, Judo, Kickboxen und Aikido. Wir sind momentan aber insgesamt ganz glücklich, weil durch die Lockerungsmaßnahmen in der letzten Woche wieder Partnerübungen möglich sind. Ende Mai durften wir zwar auch schon wieder in die Halle, waren aber noch gezwungen, auf Kontaktsport zu verzichten. Gerade die Judo- und Aikido-Trainer mussten damals sehr kreativ sein, die Kickboxer sind vermehrt aufs Schattenboxen ausgewichen. Aber jetzt können wir fast schon wieder genauso wie vor der Pandemie trainieren, wobei wir immer noch viel auf Abstände achten müssen und auch nicht die Partner wechseln können. Auch bei Interessenten, die gerne ein Probetraining bei uns absolvieren möchten, sind wir noch vorsichtig. Wir wollen möglichst jegliches Risiko vermeiden. Im Hinblick auf Wettkämpfe sieht es in nächster Zeit leider nicht gut aus. Die Gurtprüfungen entfallen, der große, jährliche Karatelehrgang in Meißen wurde abgesagt, und auch Turniere, die wir normalerweise mit unseren Partnervereinen austragen, sind momentan leider nicht in Sicht. Ein Lichtblick war, dass unsere Schülerin Tuija Väänänen gerade ihre Dan-Ersatzprüfung erfolgreich bestritten hat und nun den schwarzen Gürtel trägt.
Wie beurteilen Sie die derzeitigen Lockerungen?
Aus rein sportlicher Sicht bin ich sehr froh. Ein Stück Alltag ist zurückgekehrt, zudem benötigen Kinder und Jugendliche einfach Sport und Bewegung als wichtigen Ausgleich. Das ist nun mal so. Auf der anderen Seite sind die Lockerungen natürlich auch mit einem Risiko verbunden. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen lassen sich Ansteckungen nicht hundertprozentig vermeiden.
Was haben Sie während des Lockdowns am meisten vermisst, und welche Dinge aus dieser Zeit möchten Sie in Ihrem normalen Alltag gerne beibehalten?
Mir fehlten die Bewegung und vor allem die Tagesstruktur. Normalerweise bin ich montags, mittwochs und freitags am Abend in der Halle. Obwohl ich mehr Freizeit besaß, hatte ich wegen des nicht vorhandenen Ausgleichs plötzlich mehr Stress. Im Verein sind auch das Grillfest und die Teilnahme mit einem Wagen beim Erntefest immer echte Highlights im Sommer. Ansonsten habe ich in meiner Freizeit vermisst, mit meiner Freundin in einer Cocktailbar zu sitzen oder einen Marvel-Superheldenfilm im Kino zu schauen. Auf der Suche nach Alternativen habe ich das Fahrradfahren für mich entdeckt. Ich versuche jetzt zweimal pro Woche so zur Arbeit zu kommen, das sind pro Tag immerhin 50 Kilometer. Beim Sport gefällt mir die während der letzten Wochen vorgenommene Teilung der Kindergruppen. Mit weniger Teilnehmern können wir individueller auf sie eingehen und auf diese Weise letztlich eine höhere Qualität gewährleisten.
Wie sehr schränkt Sie Corona in Ihrem Leben noch ein?
Hauptsächlich spüre ich die Einschränkungen noch im Beruf. Als Sonderpädagoge an einer Grundschule in Bremen-Nord unterrichte ich zurzeit weder Sport noch Sachunterricht, sondern nur Deutsch. Trotz der Rückkehr zu vollen Klassenstärken ist dadurch beileibe noch kein Schulalltag erreicht. Auch die verschiedenen Jahrgänge sollen möglichst nicht miteinander in Berührung kommen, sodass es unterschiedliche Startzeiten gibt. Darüber hinaus habe ich mich inzwischen an die Maskenpflicht leicht gewöhnt. Wenn ich das Haus verlasse, checke ich neben Handy, Schlüssel und Portemonnaie nun halt einfach noch eine vierte Sache.
Das Gespräch führte Frank Mühlmann
Yves Buddrus, 28 Jahre alt, Vorsitzender des 1. Budō-Clubs Osterholz-Scharmbeck und Karate-Trainer.
Weitere Informationen
Der Trainingsbetrieb ist wieder am Laufen. In unserer Serie „Der neue Alltag“ lassen wir Sportlerinnen und Sportler erzählen, wie es ihnen geht. Heute: Yves Buddrus, Vorsitzender des 1. Budō-Clubs OHZ
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