Osterholz-Scharmbeck. Mit Corona kam die Erinnerung. Da war doch was, früher. Zwanzig, dreißig, manchmal sogar vierzig Jahre liegt es vielleicht schon zurück, dass sie Stricknadeln in ihren Händen hielten. Und dass ihnen das Spaß gemacht hat. „Daran erinnern sich die Kundinnen nun wieder“, erzählt Sigrid Korte. Sie betreibt seit gut zwölf Jahren in Osterholz-Scharmbeck am Marktplatz das Wollgeschäft „Strickeria Korte“ und hat erfahren, dass Stricken seit dem ersten Lockdown einen Boom erlebt.

Sigrid Korte von der Strickeria macht die Erfahrung, dass viele Kundinnen und Kunden an die Strickfreude längst vergangener Jahre neu anknüpfen wollen.
Es seien nicht wenige Kundinnen, die an die Strickfreude vergangener Jahre gerade jetzt wieder anknüpfen wollten, berichtet die Ladeninhaberin. „Die Leute sagen sich: Ich kann ja niemanden besuchen. Dann fange ich eben an zu stricken.“ Seit Corona das umtriebige Leben ausgebremst hat, seit Kneipen, Kinos und Konzerte nicht mehr besucht werden dürfen, besinnt sich manch eine und gelegentlich auch manch einer auf den Tanz der Nadeln zwischen den Fingern. „Erstmal was Einfaches“ lautet die Devise bei den Neueinsteigerinnen. „Die entscheiden sich oft für einen Schal“, weiß Sigrid Korte. „Da kann man sehen, wie es vorangeht.“ Und sich anschließend – vom Erfolgserlebnis beflügelt – an schwerere Stücke und Muster wagen. Socken, Pullover, Jacken oder Kleider – die Faszination für den Lauf des Fadens kennt keine Grenzen.

Maren Hansen vom Kunst- und Kreativmarkt Ziegeler sagt, Karten zu gestalten oder Steine zu bemalen, liegt im Trend – auch, weil Kinder mehr beschäftigt werden wollen.
Von einem deutlichen Trend spricht auch Maren Hansen, die in der Kreisstadt beim Kunst- und Kreativmarkt Ziegeler angestellt ist. Kundinnen kamen mit den Worten „Ich habe das Stricken in der Schule gelernt, vielleicht kann ich das noch“ und stürzten sich ins Wollvergnügen. „Das war in Zeiten, als wir noch geöffnet hatten, natürlich einfacher“, gibt die Mitarbeiterin zu bedenken. Stricken und Häkeln ist ein sinnlicher Genuss und beginnt mit der Vorfreude. Dazu gehört das Sehen und Fühlen. In welcher Farbe soll das selbst gestrickte Kleidungsstück wirken? Und wie weich, fest oder flauschig liegt ein Knäuel in den Händen? Schwierige Fragen, seit die Läden nicht mehr öffnen dürfen. Direkt vor dem Wolle-Regal nach Inspiration zu suchen, ist derzeit nicht möglich. „Manche Kundinnen haben deshalb in Erwartung eines erneuten Lockdowns noch die Beratung genutzt“, erzählt Sigrid Korte. Und sich vorsichtshalber mit Knäuel-Nachschub eingedeckt. Sie und ihre Kollegin beraten aber noch am Telefon. Und nicht wenige Kundinnen würden auch die Strickanleitungen im Internet nutzen. Zwar ermöglichen die Geschäfte es im Lockdown, Bestellungen abzuholen, aber bei den Feinheiten könnten die Läden an ihre Grenzen kommen. Wer bestellt, muss wissen, was es sein soll. Hat jemand nur vage Vorstellungen etwa von einer Farbe, sagt Maren Hansen, könnte es knifflig werden. „Grau und Grau ist ein himmelweiter Unterschied.“
Lust auf was Neues

Die Pflicht zum Tragen einer Maske hat dem Nähen neuen Schub verschafft, hat Cornelia Riemer von "CoRi Design" festgestellt.
Aber nicht nur Stricken und Häkeln hat durch Corona einen Schub bekommen. Insgesamt werde wieder mehr gebastelt, weiß die Fachfrau. „Ich habe jetzt so viel Zeit, da kann ich mal was Neues ausprobieren“, hat Maren Hansen öfter gehört. „Und es war sehr deutlich, dass Kinder mehr beschäftigt werden wollen.“ Karten zu gestalten oder Steine zu bemalen, liegt folglich ebenso im Trend. Das stille kreative Schaffen hat außerdem entspannende Wirkung, was in aufreibenden Corona-Zeiten nicht der schlechteste Nebeneffekt ist.
Von einem anderen Boom kann Cornelia Riemer berichten, die im zehnten Jahr in der Kirchenstraße das Geschäft „CoRi Design“ führt, in dem sie Stoffe und selbst genähte Kleidung verkauft. Befördert hat den Boom sehr wahrscheinlich die Pflicht zum Tragen einer Maske. Am liebsten selbst gemacht. Schon ratterten auf den Tischen die Nähmaschinen. „Da müsste doch noch auf dem Boden oder im Keller eine liegen“, schoss es den Nähwilligen durch den Kopf, und wenig später saßen sie erwartungsvoll, über Stoffreste gebeugt, am wiedergefundenen Nähgerät. „Mit den Masken fing es an“, sagt Cornelia Riemer. „Baumwolle war in der Zeit der Renner.“ Viele Fragen rund ums Nähen habe es gegeben, erinnert sich die Geschäftsinhaberin. Auch daran, dass es bei den Masken nicht blieb. Auch hier gilt: Wer die Freude am Nähen entdeckt hatte, wollte mehr ausprobieren. Kinderkleidung, Taschen, Tischdecken oder einfache Jacken – wie beim Stricken wuchs die Freude an der Herausforderung. Cornelia Riemer, die während des Lockdowns ebenfalls Bestellungen herausgibt und die bald die neuen Frühlingsstoffe im Sortiment hat, kann ihre Kundinnen darin nur bestärken. „An jedem Stück, das man näht, lernt man etwas hinzu.“
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