Platjenwerbe. „Sag‘ mir, wo die Blumen sind“, sang Marlene Dietrich in den Sechzigerjahren. Damals war es noch möglich, bei einem Spaziergang an einem Feldrand mit einem bunten Strauß aus Kornblumen, Klatschmohn, kleinen Nelken und vielem mehr nach Hause zu kommen. Diese Pflanzen, von manchen als Unkraut abgestempelt, dienen zahlreichen Insekten und Schmetterlingen als Nahrungsquelle. Dafür bestäuben die Insekten wiederum die Nutzpflanzen der Menschen.
„Anfang 2018 haben wir einen Film über das Bienensterben gesehen. Das hat uns tief beeindruckt und verstört“, erzählt Wiebken Jensen vom Heimatverein Platjenwerbe. Besonders habe Vereinsmitglieder betroffen gemacht, dass auch ihr Heimatort, obwohl mitten in Wiesen und Weiden gelegen, die blühende Artenvielfalt immer mehr verloren hatte. „Wir haben dann eine Arbeitsgruppe gebildet um auszuloten, was wir für Platjenwerbe tun können."
Wiebken Jensen steht an diesem Sonnabendmorgen vor der Bäckerei Bruns an der Dorfstraße. Dort verteilt sie gemeinsam mit Hubertus Pregler und Doris Jahns-Pregler kostenlos kleine Samentütchen mit der sogenannten Verkehrsinselmischung: standortgerechte heimische Gräser und Kräuter, die Wildbienen und andere Insekten anlocken. „Schaut mal, wir haben schon fast alle Tütchen verteilt“, freut sich Jahns-Pregler nach einem Blick in den Karton. Gerade kommt wieder eine Platjenwerberin auf dem Fahrrad vorgefahren. „Ich habe gehört, dass ihr hier heute morgen Samentüten verteilt. Ich wollte vorn an meinem Gartenzaun einen Blühstreifen anlegen. Reicht da eine Tüte?“ Die Passantin bekommt die letzten drei Tüten. Es ist 9.45 Uhr, und alle Samentütchen sind verteilt. Einer folgenden Kundin Doris Jahns-Pregler: „Komm morgen zu unserer Sitzung in den Heimatverein. Da geben wir dann eine andere Samenmischung, „Bienenretter“, aus.“
Der Berichterstatterin empfiehlt sie: „Fahren Sie mal durch Platjenwerbe. Überall da, wo Flatterband weht, haben die Menschen inzwischen Blühstreifen angelegt.“ Im vergangenen Jahr habe der Heimatverein eine Bestandsaufnahme gemacht und dabei etliche Flächen identifiziert, wo die Saatgutmischung Schmetterlings- und Wildbienensaum ausgebracht werden konnte. Nach Rücksprache mit Sabine Sameluck, die bei der Gemeindeverwaltung Ritterhude für Bau, Planung und Umwelt zuständig ist und sich um die Kostenübernahme für den Samenkauf kümmerte, konnte mit dem Blühstreifen-Projekt begonnen werden. Zunächst wurden Flächen an den Standorten Zu den drei Birken und Bellmers Weg vorbereitet und eingesät.
Mit vereinten Kräften
Die Pflege rund ums Denkmal an der St.-Magnus-Straße obliegt dem Heimatverein, dem Kyffhäuserverband und dem Ordnungsamt. Dort trafen sich die Beteiligten mit den Anliegern im April 2018 und beschlossen, die Begrenzung zur Straße einheitlich mit Findlingen zu gestalten. Zudem sollten im August Sträucher gepflanzt werden, dazwischen sollten Zwiebeln für Osterglocken und Wildtulpen gesetzt werden.
Im Mai wurden dann Blühstreifen an der Einfahrt zu Bellmers Wiese und am Wendehammer angelegt. „Leider konnten wir hier wegen der Wurzelausbreitung der Bäume nur zwei Blühstreifen maschinell anlegen„, erläutert Wiebken Jensen. Sabine Sameluck habe dann vorgeschlagen, das restliche Saatgut für weitere Blühstreifen am Wollaher Feld, der Mönchstraße vor der Autobahn, dem Verbindungsweg Heidkamp mit Stubbener Straße und an der Anlage gegenüber einzusetzen. “Dabei müssen nur Streifen zwischen den Bäumen angelegt werden, die werden sich dann mit der Zeit weiter aussäen“, so Jensen. Im Juni legte sie dann einen Blühstreifen Am Fredeholz an und säte gemeinsam mit Wolfgang Goltsche an Bellmers Wiese weiteren Schmetterlings- und Wildbienensaum aus.
Wiebken Jensen freut sich schon auf die zu erwartende Blütenpracht: „Ich bin gespannt, wie es diesen Sommer in Platjenwerbe aussehen wird.“ Die ausgesäten Blütensäume haben einen weiteren Vorteil: Sie sind weniger pflegeaufwendig. Zu häufiges Mähen oder das Mähen zum falschen Zeitpunkt könne das Ende der angelegten Blühstreifen bedeuten. Dann können sich Natternkopf und Glockenblume nicht weiterverbreiten. „Wir hoffen nicht nur, dass möglichst viele Anwohner einen Blühstreifen anlegen oder einen Teil ihres Gartens in ein Blühfeld verwandeln; es wäre auch schön, wenn sie die Blühstreifen bei Bedarf auch gießen würden."
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