Klassentreffen nach 65 Jahren: Die ehemaligen Schüler und Schülerinnen der Klasse 8 b haben sich viel zu erzählen. Im April 1954 machten sie ihren Abschluss an der Ritterhuder Volksschule, nun haben sie sich zu ihrem zehnten Klassentreffen im Hotel zur Post getroffen.
Gerhard Royeck und Christa Schmidt haben das Treffen organisiert. Von den 46 Schulabgängern, die 1954 die Riesschule verließen, sind 27 zum Klassentreffen gekommen. Einige haben eine lange Fahrt hinter sich. Brigitte Matthis, geborene Pech, etwa ist aus St. Moritz in der Schweiz angereist. Bernd Klostermann ist aus dem schwäbischen Sindelfingen gekommen, Rudi Riemer aus Berlin und Christa Röhricht aus Oldenburg.
Ganz besonders haben sich die einstigen Mitschüler auf ihre Klassenlehrerin Anna Riechel, ehemals Fräulein Stelljes, gefreut. Als Junglehrerin hatte die damals 20-Jährige die Klasse 8 b übernommen. Während ihres Schuldienstes heiratete sie den Ritterhuder Pastor Riechel. „Zur Hochzeit haben wir einen Blumenkranz getragen“, erinnern sich zwei ehemalige Schülerinnen.
Anna Riechel erinnert sich an die kargen Nachkriegsjahre mit großen Klassen. Bis zu 52 Kinder sollen in einer Klasse gewesen sein. Viele Vertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten kamen 1945/46 nach Ritterhude und zogen in die ehemaligen Wehrmachtsbaracken ein, dadurch erhöhten sich die Schülerzahlen drastisch. Hinzu kam der Lehrermangel. „Nur wenige Lehrer waren in den Nachkriegsjahren an der Schule tätig“, sagt Riechel, „weil ältere Kollegen ‚entnazifiziert‘ wurden und somit im Schuldienst fehlten.“
Auch der Schulalltag sah damals anders aus: „Wir mussten morgens unsere Hände zeigen, ob sie sauber waren und ein frisches Taschentuch vorweisen“, sagt eine ehemalige Schülerin. Die Mädchen und Jungen hatten teils keine Schulhefte, sie schrieben auf Schiefertafeln. Auch an die Schulspeisung erinnert sich Riechel. Besonders zarte Mädchen und Jungen erhielten eine warme Mahlzeit und kamen so über die Runden. Gute Unterstützung habe Riechel als Junglehrerin von der Elternschaft erfahren. Bis heute pflegen ehemalige Schülerinnen den Kontakt zu ihrer beliebten Lehrerin und besuchen sie zu Geburtstagen oder treffen sich auf einen Kaffee mit ihr.
Beim Klassentreffen sind viele Erinnerungen wach geworden. „Alles war knapp“, heißt es immer wieder in den Gesprächen. Die Mädchen und Jungen litten Hunger und erlebten schwere Zeiten durch den Krieg und die Flucht. „Trotzdem waren wir Kinder zufrieden und glücklich und erlebten schöne Zeiten“, sagt Hannelore Tempelmann, geborene Stegemann. Sie hatte es besonders schwer nach dem Krieg, denn durch Tieffliegerbeschuss hatte sie als Fünfjährige ein Bein verloren. Mit ihrer Beinprothese absolvierte sie erfolgreich ihre Schulzeit. „Hannelore war damals besonders tapfer“, sagt ihre frühere Lehrerin, „sie hat alles mitgemacht.“
Rudi Riemer erzählt von Radtouren und einem unvergesslichen Zeltlager: „Wir waren ganz schön jung damals und tranken heimlich den ersten halben Liter.“ Viele Stunden sitzen die Frauen und Männer zusammen und lassen die alten Zeiten ihrer Schulzeit wieder aufleben.
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