Der See liegt spiegelglatt, Reflexionen von Wolken sind auf der Wasseroberfläche zu sehen. Hinter dem Schilfsaum leuchtet ein weißer Teppich aus Seerosenblüten. Die Heidhofer Teiche in Schwanewede liegen mitten im Wald und sind ein echter Geheimtipp von Revierförster Heiko Ehing. Wer mit ihm und seinem Kollegen Knut Sierk von den Landesforsten in den Hain stiefelt, sieht die Natur mit anderen Augen.
Es ist ein Wochentag, mitten am Vormittag, aber der Parkplatz am Garlstedter Kirchweg ist halb voll. Seit der Corona-Krise suchen immer mehr Menschen Erholung im Wald. Paare mit Nordic-Walking-Stöcken steigen aus, Mütter mit Kinderwagen, auch Hundebesitzer sind im Gehölz unterwegs. „Es sind an den Wochenenden mindestens dreimal so viele Menschen hier wie sonst“, meint Ehing. „Wer durch den Wald geht, denkt, er ist im Bremer Bürgerpark unterwegs.“
Vom Parkplatz führt der Weg unter dem dichten Blätterdach von Roteichen und Buchen hindurch. „Für mich ist dies einer der schönsten Wanderwege“, sagt Ehing. Nicht weit vom Parkplatz entfernt hat einer seiner Vorgänger in den Achtzigerjahren eine Hütte gebaut. „Die wird immer noch viel von Familien genutzt“, sagt Ehing. Das sieht man daran, dass Kinder in der Nähe eine Höhle aus Stöcken gefertigt haben. Der Förster findet es toll, wenn Kinder mit den Naturmaterialien spielen. „Ich würde sie nie daran hindern.“ Auch, wenn er manchmal bei seinen Rundgängen dicke Äste im Kiesbett der Drepte findet, die sich hier malerisch durch den Wald schlängelt.

Moos überzieht einen Baumstamm und macht ihn zu einem malerischen Fotomotiv.
Landesforsten-Mitarbeiter Sierk bückt sich und knipst mit Daumen und Zeigefinger eine pralle Heidelbeere ab. Blaubeeren und Himbeeren wachsen hier fast überall. „Die sind viel intensiver im Geschmack als die Kulturheidelbeeren“, findet Sierk und steckt sich eine Frucht in den Mund. Eine Infektion mit dem Fuchsbandwurm sei jedoch zu bedenken, wenn man im Wald nascht. Im dichten Gehölz findet sich vieles, das früher verwertet wurde. Sierk zeigt auf einen Totholzbaum, der mit Zunderschwamm bedeckt ist. Der Pilz wurde einst oft getrocknet und für die Pfeife genutzt. „Er brennt gut. Daher kommt das Sprichwort: Das brennt wie Zunder.“ Spaziergänger dürften sich Pilze und Beeren für den Eigenbedarf mitnehmen, sagt Knut Sierk. „Und von ungeschützten Pflanzen darf man sich auch ein Handstrauß pflücken.“
Unweit des Parkplatzes an der Minigolfanlage in Schwanewede in Richtung Norden befindet sich eine Wiese mit tiefblauen Kornblumen und lilafarbenen Phacelien. Diesen Blühstreifen hat der Revierförster auf einer Waldbrandschneise angelegt. Allerdings nicht für Ausflügler, sondern für Insekten. Tatsächlich sind auf den Blüten viele Hummeln und andere Wildbienenarten zu beobachten. Am Rand der Wiese entdeckt Sierk dann eine Heilpflanze: Johanniskraut. Er zerreibt eine gelbe Blüte und plötzlich erscheint ein roter Tropfen: „Das ist der Blutstropfen des Johannis.“

Heiko Ehing ist sich mit seinem Kollegen Knut Sierk von den Landesforsten einig, dass die Früchte im Wald besonders intensiv schmecken.
Weiter in Richtung Norden liegen die Heidhofer Teiche, die einst als Fischteiche künstlich angelegt worden sind. Mitten im größten Teich befindet sich sogar eine kleine Insel. Hier habe in den Neunzigern ein Fachwerkhäuschen gestanden, das als Fledermausdomizil dienen sollte. Doch ein Waldbrand legte das Haus in Schutt und Asche. Heiko Ehings Vorgänger soll noch mit Feuerlöschern durch das moorige Gewässer zur Insel gewatet sein – vergebens.
Heute ist von dem Haus nichts mehr zu sehen. Neben dem Zilpzalp der Vögel ist nur das Rascheln der Zitterpappel zu vernehmen, deren Blätter sich auf der gegenüberliegenden Seite des Wassers schnell im aufkommenden Wind bewegen. Vier bis fünf Stunden ist der Revierförster täglich im Wald unterwegs. Er sieht, was Spaziergängern nicht auf den ersten Blick auffällt. Trockenheit und Schädlinge setzten den Gehölzen zu. „In den tiefen Bodenschichten fehlt das Wasser“, sagt auch Knut Sierk.

Auf einem Blühstreifen im Wald finden Hummeln und andere Insekten zum Beispiel Kornblumen und Distelblüten.
Das führe dazu, dass den Bäumen die Abwehrkräfte fehlten und der Borkenkäfer leichtes Spiel habe. Im Elbe-Weser-Dreieck sei die Bodenfeuchte noch höher als in anderen Regionen. Dennoch fielen im Herbst erstmals die Heidhofer Teiche trocken. „Das hat es noch nie gegeben“, sagt Ehing. Helfen kann er nicht: „Man kann nichts tun.“ Nur bei Neupflanzungen auf klimaresistente Bäume wie die Baumhasel setzen. Fichten seien Klimaverlierer. Womöglich werden diese Bäume irgendwann ganz aus dem Wald verschwinden und durch andere Arten ersetzt werden.
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