Worpswede. Erst einmal hieß es für die Alten Worpsweder, raus aus der Rotunde der Großen Kunstschau, um Raum zu schaffen für Arbeit von Tilo Schulz. Für ihre im Rahmen des Kunstprojekts „Jung im Museum“ (Jim) in Anlehnung an die aktuelle Ausstellung „Kaleidoskop Worpswede“ entstandenen Blätter erwarteten die Schüler des zehnten Jahrgangs der IGS Lilienthal/Grasberg das nicht. Aber Schulz war Ausgangspunkt und Impulsgeber für die Auseinandersetzung der 15-Jährigen mit moderner Kunst.
Das von der Worpsweder Gesellschaft Kunst, Kultur und Wissenschaft im Jahr 2016 ins Leben gerufene Kunstvermittlungsprojekt brachte die Schüler der IGS bereits zum vierten Mal in die Große Kunstschau. „Mit jedem Besuch nimmt die Hemmschwelle ab“, berichtete die IGS-Lehrerin Beate Elsken über Berührungsängste mit Kunst, die für ihre Schüler nun keine mehr sind. Auch wenn sich die Zehntklässler bei ihrem Besuch in der Rotunde fragten, ob die Installation von Tilo Schulz Kunst sei, fanden sie doch über den Weg mit Jim Zugang zu der abstrakten Darstellung mit Text- und Bildtafeln.
In Anlehnung an Schulz gestalteten sie im Rahmen des Projekts Blätter, die einseitig bemalt und auf der anderen Seite zusätzlich mit Text versehen sind. Damit aber war der Ähnlichkeit genug. „Ich muss es bunt haben“, sagte Clara und stellte sich damit nicht nur in die lange Reihe ihrer Mitschüler, sondern grenzte sich durch die starke Farbigkeit gegen Tilo Schulz ab. Sie wählte eine der bekanntesten Zeilen Hermann Hesses für ihr Werk: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ aus dem Gedicht „Stufen“ von 1941. Mit diesem Zitat auf ihrem Blatt nahm die Schülerin dann wiederum den Rhythmus der Arbeiten des Berliner Künstlers auf.
Jim als Türöffner zur Kunst
Schon während des kreativen Malprozesses im Glasgang vor der Rotunde entschieden die Schüler über Hoch- oder Querformat, berichtete Andreas Pirner von der Kulturstiftung Landkreis Osterholz, der gemeinsam mit der Diplom-Designerin Claudia Wohldorf, selbst Mitglied der Kunststiftung, zwischen Kunst und Schule vermittelte. Viele der Blätter seien quer gedacht gewesen, der Platz im Glasgang aber forderte eine andere Hängung. Diese luftige Aufhängung erlaubte den Besuchern das Wenden der Blätter, um philosophische Sprüche, Aphorismen, ganz praktische Lebensweisheiten und deren malerische Interpretationen in Augenschein zu nehmen. Für Matteo brachte die Teilnahme an Jim die Erkenntnis mit sich, künstlerische Absichten, auch wenn sie abstrakt sind, besser erkennen zu können. „Es öffnet die Augen“, sagte der Zehntklässler. Im Zuge des Projekts habe er einen Zugang zu Kunst bekommen und gelernt, genauer hinzuschauen.
„Alleine sind wir stark und zusammen sind wir stärker“, war die gemeinschaftlich formulierte und auf ein letztes Blatt in Wort und Bild gebrachte Erkenntnis der IGS-Schüler. Jörg van den Berg, künstlerischer Leiter der Großen Kunstschau und Kurator von "Kaleidoskop", machte in dem Gemeinschaftswerk eine Parallelität zu den Alten Worpswedern aus: „Die sind ganz ähnlich vorgegangen."
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