Zum Tod von Fritz Dressler Bilder für die Ewigkeit

Der Fotograf und Hochschul-Professor Fritz Dressler ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Er galt als einer der bedeutendsten Fotografen Worpswedes und war weit darüber hinaus bekannt.
24.01.2020, 18:05 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Von Lars Fischer

Worpswede. Die Bilder seines Lebens sind eindrucksvoll und zahlreich. Fritz Dressler galt als einer der bedeutendsten Fotografen Worpswedes und war weit darüber hinaus bekannt. Zahlreiche Bildbände hat er herausgebracht, allein 28 Mal den begehrten Kodak-Preis gewonnen und fast drei Jahrzehnte als Professor an der Bremer Hochschule für Künste gelehrt. Am 21. Januar ist er im Alter von 82 Jahren in Bremen gestorben.

Sein Name steht aber nicht nur für ein beeindruckendes künstlerisches Werk: Die letzten Jahre waren von einer schweren Demenz-Erkrankung geprägt. Seine Familie entschied sich dafür, diese öffentlich zu thematisieren und Dressler, so lange sie dies verantworten konnte, in seinem vertrauten Worpsweder Umfeld so selbstbestimmt wie möglich zu belassen. Die letzten Monate verbrachte er in einer Betreuungseinrichtung, in der er auch am vergangenen Dienstag starb.

Als Friedrich-Wilhelm wies sein Pass ihn aus, so wie einst die deutschen Kaiser. „Fritz Dressler“ aber steht unter seinen Fotografien und auf den Einbänden seiner Bücher – weit über 100 verschiedene Titel. Prägender als der Doppelvorname, den über Jahrhunderte jeder preußische Regent trug, ist Dresslers Geburtsort Potsdam, wo er 1937 zur Welt kam. Am Regierungssitz der Hohenzollern war sein Großvater Erich Herrmann als Hofbaumeister beschäftigt. Die Faszination für Architektur hat sein Enkel übernommen; noch stärker aber war die Leidenschaft für die Fotografie und Formen, die auch blieb, als vieles andere schon verblasst und verschüttet hinter der Demenz verschwunden war.

Nachdem sein Vater 1947 starb, blieb er mit der Mutter in Detmold. Eine steile Karriere hatte er nicht im Sinn, stattdessen verdiente er sich Geld als Schlagzeuger beim Tanztee, spielte Tennis – bis zur Oberliga – oder schoss Fotos. Erste Amateurfotopreise ermunterten ihn, Fotografie in Saarbrücken bei Otto Steinert zu studieren, dann landete er durch Zufälle beim Architekturstudium in Kassel. Seine Überlegung war einfach: „Wenn man etwas fotografiert, dann bildet man ab, was schon da ist. Als Architekt baust du selber etwas. Fotografieren kannst du das hinterher ja immer noch.“ Nach seinem Examen und einigen Semestern Ethnologie an der Freien Universität Berlin wurde Fritz Dressler Mitarbeiter im Team von Frei Otto. Der Stararchitekt hatte gemeinsam mit Günther Behnisch den Auftrag zum Bau der spektakulären Dächer für die Münchener Olympiasportstätten 1972 bekommen. Dressler entwickelte dafür ein neuartiges Fotomessverfahren. Somit war der Architekt wieder zum Fotografen geworden – und blieb es letztendlich. Gebaut hat er in seinem Leben nur drei Häuser: ein Wohnhaus für einen Freund in Detmold, sein eigenes in Worpswede und 1963 eine Hütte in Lappland, einige Kilometer nördlich des Polarkreises.

Dafür nahm die fotografische Tätigkeit immer mehr zu. Seine Bildsprache prägte unter anderem die Werbekampagnen der Lufthansa in den 70er-Jahren. 1975 wurde er als Professor für Fotografie an die Bremer Hochschule berufen, er siedelte mit seiner Frau Bärbel und den beiden Kindern Hauke – heute ebenfalls als Fotograf erfolgreich – und Jule nach Worpswede um. Wie eng Fritz Dresslers Fotografie mit der Architektur verbunden ist, zeigte 1978 sein erster Fotoband über Bornholm. Neben den Gebäuden werden auch die Landschaften zu abstrakten Flächen. Dieser Bildband war nur der Auftakt zu weit über 100 Buchveröffentlichungen zu Themen aus der ganzen Welt. Von Russland bis nach Namibia, in China, den USA und immer wieder in Worpswede und Skandinavien war Dressler mit seinen Kameras unterwegs.

Zuletzt erschien 2010 ein Buch über die Music Hall. Schon die Arbeit daran war mühevoll, das Vergessen, das die Demenz mit sich bringt, wurde zunehmend raumgreifender. Die Krankheit raubte die Erinnerungen, Fritz Dressler lebte irgendwann nur noch im Hier und Jetzt. In Worpswede war er bekannt, er drehte lange Jahre seine Runden durchs Dorf, und selbst wer nichts über seine Vita wusste, kannte ihn dennoch. Er aber erkannte immer weniger Menschen.

Seine Familie ließ ihm seine Freiheit und nahm einen „gewissen Grad an Verwahrlosung“ in Kauf, wie sein Sohn Hauke sagt. Nicht alle verstanden dies, und mancher fand die Entscheidung, auch öffentlich darüber zu berichten, falsch. Anfang 2017 ist Hauke mit seinem Vater noch einmal nach Lappland zu seiner Hütte gefahren. Die Reise hat der Sohn für das Magazin Walden in Wort und Bild festgehalten. Sie dokumentiert auch das schwierige Vater-Sohn-Verhältnis. Fritz Dressler war kein einfacher Mensch, er konnte fordernd und stur sein. Auf der anderen Seite war er charmant, hilfsbereit und einnehmend, und er hatte eine enorme Ausstrahlung. Sein Kollege Klaus Benhof sagte einmal über Dressler: „Das Besondere an ihm war, dass er trotz seines erfolgreichen Werkes immer auf dem Boden geblieben ist. Er hatte es einfach nicht nötig, den großen Star herauszukehren. Das machte ihn ungemein sympathisch.“

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