Worpswede. Es bedurfte nicht erst einer Corona-Krise, um Gewerbetreibenden die Sinnhaftigkeit einer Digitalstrategie vor Augen zu führen. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer hatten auch vor 2020 längst gemerkt, dass sich die Abläufe in ihrem Betrieb nicht allein mit Papier und Bleistift in einer Auftragsmappe dokumentieren lassen. Doch Corona und die damit verbundenen Einschränkungen auf dem Gebiet der Kommunikation und Mobilität haben den Veränderungsdruck erhöht – wer bislang noch nicht digitalisiert hat, droht auf mittlere Sicht abgehängt zu werden.
So wird es Profiteure der Krise geben: Unternehmen, die bereits umgestellt haben, aber auch jene, die die digitalen Lösungen erst anbieten und somit anderen bei der Veränderung helfen. Eines davon könnte der Worpsweder IT-Dienstleister OpenZ sein. Inhaber der Firma, die in einem Bauernhaus in Weyerdeelen am Rande des Künstlerdorfs residiert, ist Stefan Zimmermann. Der Nachname verrät, wofür das Z im Firmennamen steht. Seit 2010 ist er mit dem Unternehmen am Markt, nachdem er jahrelang als Berater unterwegs war, das Leben aus dem Koffer aber irgendwann satt hatte.
Zimmermann nahm sein Wissen und entschied sich für die Selbstständigkeit. Und dafür, von Worpswede aus Unternehmen bei der Digitalisierung zu unterstützen, als viele noch gar nicht glaubten, dass sie derartige Lösungen irgendwann brauchen könnten. Längst ist er nicht mehr allein: Sieben Köpfe zählt OpenZ mittlerweile, bei Bedarf hole man sich Freiberufler hinzu, um ein Projekt voranzubringen, erzählt Zimmermann.
Der Trend ist auf seiner Seite, und das war auch schon vor Corona so. Die Krise aber habe vielen Unternehmern die Augen geöffnet, welche Defizite sie in den betrieblichen Abläufen haben. „Vor allem für kleine Unternehmen ist es gerade schwer“, sagt Zimmermann und nennt ein Beispiel: So sei es vielerorts üblich, eine Tabelle mit dem Lagerbestand zu bearbeiten und anschließend einem Kollegen per E-Mail weiterzuleiten. Wolle man dann noch einmal etwas ändern, müsse man die Datei erst einmal zurückfordern, sonst kursierten zwei Versionen.
Das geht längst besser, größere Unternehmen arbeiten seit Jahren beispielsweise mit einem Produkt der Firma SAP, das geschäftsrelevante Abläufe auf einer Software-Plattform zusammenfasst. Zimmermann und sein Team bieten ein ähnliches ERP-Produkt an, das aber eher auf die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen zugeschnitten ist. ERP steht für Enterprise Ressource Planning. Im Kern dient es dazu, die Ressourcen eines Unternehmens steuern zu können, erläutert Zimmermann: Menschen, Material, Geld, Produktionsmittel. Man kann damit den Lagerbestand beaufsichtigen oder den Einsatz des verfügbaren Personals planen. Das alles ist cloudbasiert, die Daten liegen auf Servern in Deutschland, können aber generell jederzeit weltweit genutzt werden.
Es geht natürlich auch eine Nummer einfacher. Die Worpsweder Software-Entwickler arbeiten gerade an einer Lösung, die auf die Bedürfnisse kleiner Unternehmen zugeschnitten ist: Betriebe, die vor allem mit dem Dreiklang aus Auftrag, Rechnung und Lieferschein hantieren. „Das wird in Kürze fertig“, sagt Zimmermann. Die Produkte seiner Firma sind generell open-source-basiert. Das bedeutet, dass der Quellcode, die Grundlage des Programms, von jedermann eingesehen und nach Wunsch später auch verändert werden kann. Open Source, betont Zimmermann, ist transparent und ermögliche ein anständiges Preis-Leistungsverhältnis.
Neben der Fortentwicklung des eigenen Produkts hat sich OpenZ auch auf die Beratung spezialisiert. Das Unternehmen ist vom Bundeswirtschaftsministerium autorisiert, kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse zu unterstützen, und dies ergebnisoffen und unabhängig vom eigenen Produkt. Für die Förderoffensive unter dem Titel „go-digital“ stehen in der Region neben OpenZ nur noch ein paar weitere zur Beratung autorisierte Unternehmen bereit: in Bremen-Borgfeld, Hagen im Bremischen und Ritterhude.
Zwar wisse er, dass es gerade in diesem Bereich häufig noch Berührungsängste gibt, zugleich ist er sicher, dass der Digitalisierungsdruck die Betriebe zum Umdenken zwingt. Zimmermann denkt an den kleinen Handwerksbetrieb: „Wer es seit zwanzig Jahren gewohnt ist, seine Rechnung mit Word zu schreiben, hat irgendwann ein Problem.“ Und das ist der Moment, an dem die Berater ins Spiel kommen: „Wir gewinnen die Kunden dann“, und das sagt Zimmermann ganz ohne Häme, „wenn die Schmerzen am größten sind.“
Förderprogramm „go-digital“
Mit dem Förderprogramm „go-digital“ will das Bundeswirtschaftsministerium kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse sowie in den Bereichen IT-Sicherheit sowie Digitale Markterschließung unterstützen. Um den bürokratischen Aufwand für die teilnehmenden Betriebe gering zu halten, übernehmen autorisierte Beratungsunternehmen neben der Beratung im Vorfeld auch die Antragstellung für die Förderung sowie am Ende die Abrechnung der Beratungsleistung. Antragsteller dürfen nicht mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigten und einen Jahresumsatz von höchstens 20 Millionen Euro aufweisen. Das Unternehmen muss seine Betriebsstätte in Deutschland haben. Gefördert werden laut Ministerium Beratungsleistungen mit einem Fördersatz von 50 Prozent auf einen maximalen Beratertagesatz von 1100 Euro. Der Förderumfang beträgt maximal 30 Tage in einem Zeitraum von einem halben Jahr. Zur Beratung stehen im ganzen Bundesgebiet autorisierte Unternehmen zur Verfügung. Die Leistung umfasst die Analyse des Ist-Zustands des jeweiligen Unternehmens bis hin zur Umsetzung konkreter Maßnahmen. Informationen zum Förderpaket sowie eine Karte mit autorisierten Beratungsunternehmen finden sich auf der Webseite des Wirtschaftsministeriums unter www.bmwi-go-digital.de.