Worpswede. So hatten es sich weder die Antragssteller vorgestellt noch die Mitglieder des Planungsausschusses. Da verwunderte es nach einer Stunde Diskussion nicht, dass auch der dritte Versuch des Ehepaars Jutta und Willy Schnaars, für ihr Hofgrundstück Dorfstraße 2b in Neu Sankt Jürgen einen Bebauungsplan aufstellen zu lassen, scheiterte. Jetzt soll ein vierter Versuch gestartet werden, aber auf eine andere Art: Statt dass, wie offenbar bisher geschehen, die Antragssteller auf der einen und Politik und Verwaltung auf der anderen Seite aneinander vorbeireden, soll zunächst geklärt werden, was auf dem Grundstück an Bebauung überhaupt möglich ist.
Jutta und Willy Schnaars hatten, wie berichtet, die Absicht, eine größere Wohnanlage mit erschwinglichen Mietwohnungen und Gemeinschaftsangeboten zu bauen, jedoch nur auf dem oberen Viertel der 4,8 Hektar großen Fläche. Die beiden ersten Entwürfe sahen nach Ansicht des Ausschusses eine zu dichte Bebauung vor.
Man habe dem Ehepaar Schnaars in der Sitzung im Februar auf den Weg gegeben, dass es weniger Verdichtung und nur eingeschossige Gebäude geben solle, erinnerte Fachbereichsleiter Michael Rath jetzt, ehe Jutta Schnaars meldete: Auftrag ausgeführt. Aber wie, das gefiel dem Ausschuss weder im Inhalt noch in der Form. Zunächst jedoch berichtigte Jutta Schnaars ein Detail: Auch der untere Teil des Grundstücks stehe nicht unter Landschaftsschutz, vielmehr sei er als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen.
In der vorvorigen Sitzung im November habe der Ausschuss klaren Zuspruch signalisiert, meinte Jutta Schnaars, jetzt plötzlich gebe es Ablehnung bei der Verwaltung und den Fraktionen des Gemeinderats. Ob dies persönliche Gründe habe, wollte sie wissen. „Schade, dass Sie nicht mit uns reden, sondern über uns.“ Offenbar störten sich Politik und Verwaltung daran, dass sie als Eigentümer in Eigenregie planten, aber selbstverständlich ließen sie sich von Fachplanern beraten.
Folge von Missverständnissen
Der Ausschuss habe Eingeschossigkeit und Auflockerung gefordert, so Jutta Schnaars, und dem seien sie nachgekommen. Aber eingeschossigen Mietwohnungsbau gebe es eigentlich nicht. Wirtschaftlich lasse sich auf diese Art nur bauen, wenn man die Fläche vergrößere. Deshalb ist die Baufläche im dritten Entwurf nicht mehr 1,2 Hektar groß, sondern drei Hektar – bei etwas größerer Verdichtung komme man auch mit 2,2 Hektar aus. Inklusive Bestand sollten 40 Wohnungen entstehen für Mieter mit Wohnberechtigungsschein. Zum Sportplatz des TSV Eiche Neu Sankt Jürgen hin werde ein vier Meter hoher Lärmschutzwall gesetzt. „Nachdem wir diese Planungen fertig hatten, haben wir erfahren, dass es anscheinend wieder Missverständnisse gab“, sagte Jutta Schnaars.
Das war auch in der folgenden Diskussion zu spüren. Andreas Uphoff (SPD) sagte, 37 neue Wohnungen hätten mit Eigenentwicklung nichts mehr zu tun, aber die sei nun einmal für Neu Sankt Jürgen beschlossen: Es sollen nur soviel neue Wohnungen gebaut werden, wie der Ortsteil benötigt, um seine Einwohnerzahl zu halten. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Landkreis für 37 neue Wohnungen eine Baugenehmigung erteilen werde. „Das wäre ein Dorf im Dorf“, meinte Eva Bunn von der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG). Heiko Pankoke (CDU), der Ortsvorsteher von Neu Sankt Jürgen, nannte die geplante Siedlung gar „fast kasernenartig“.
Jutta Schnaars verströmte langsam eine gelinde Verzweiflung. „Wie sollen wir Pläne erarbeiten, wenn wir keine genauen Vorgaben bekommen?“, fragte sie. Bürgermeister Stefan Schwenke fand eine Erklärung, wo der Haken an der bisherigen Planung hing: Die Auflockerung, die der Ausschuss im Februar verlangt habe, habe sich auf die ursprünglichen 1,2 Hektar bezogen, nicht auf eine mehr als doppelt so große Fläche. Also alles ein Missverständnis, konstatierte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Wedelich (CDU): „Wir brauchen wohl eine vierte Runde.“ Davon wollte Andreas Uphoff nichts wissen; so könne es nicht weitergehen. Erst einmal müsse man wissen, was nach dem Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises überhaupt gestattet sei. Aber auch an dieser Sache sei wieder ein Haken, wie Michael Rath anmerkte: Der Landkreis könne nur Aussagen zu seinem jetzigen RROP machen, aber ein neues befinde sich bereits in Planung. Dann, so Bürgermeister Schwenke, werde die Verwaltung klären, was nach dem aktuellen RROP möglich sei, aber nur auf den oberen 1,2 Hektar, die als „dörfliches Mischgebiet“ ausgewiesen seien. Dann habe das Ehepaar Schnaars endlich eine sichere Planungsgrundlage. So soll es nun geschehen, der vorgelegte Entwurf wurde einstimmig abgelehnt, und nun wird es doch eine vierte Runde geben.
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