Worpswede. Sicherlich schon zwölf Mal habe er bei den Offenen Ateliers mitgewirkt, sagte Bernd Thiele, der in Mevenstedt die Türen seiner Werkstatt wieder weit für Besucher öffnete. Zum ersten Mal aber fanden die Offenen Ateliers im September statt und nicht wie sonst im Juli. Für Bernd Thiele und die anderen Künstler machte das keinen Unterschied, für die interessierten Kunstliebhaber ebenso wenig. Die hatten sich zu Fuß, auf dem Rad oder mit dem Pkw auf den Weg gemacht, zeitgenössische Kunst hautnah zu erleben.
Thieles große Leidenschaft ist Papier. Anlässlich der Offenen Ateliers zeigte er in seinen Arbeitsräumen Druckgrafik, Collagen und Objektkästen, in denen er das Material mit Zufallsfunden kreativ kombinierte. Das sei seine Art, seine surrealistische Weltanschauung zu verdeutlichen, sagte er.
Von Hiddenhausen hatte Hans-Joachim und Brigitte Schrauwen der Weg direkt nach Worpswede in das Atelier von Bhima Griem geführt. Nicht zum ersten Mal besuchten die beiden Westfalen und Gründer des Kunstvereins Hiddenhausen das Künstlerdorf. Diesmal aber folgten sie einer Laufliste, die sie anhand des Flyers der Offenen Ateliers erstellt hatten. Besonders interessierten sie sich für den Leiter der Worpsweder Künstlerhäuser, da er bei ihnen noch nicht ausgestellt hatte. Seit vier Monaten lebt der Maler Bhima Griem in Worpswede und widmete sich in diesem Zeitraum auch der Ausstellung des Braunschweiger Kunstvereins, die der Meisterschüler der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig präsentiert. Jetzt bezog er in der Mackensen-Villa ein Atelier. Hauptthemen seiner künstlerischen Arbeit sind Torso und Januskopf, die Ausdruck von Zukunft und Vergangenheit sind. „Wir reden so viel über die Zukunft, dass wir uns die Zukunft ähnlich der Vergangenheit wünschen", sagte Griem. Für ihn aber sei es erstrebenswerter, durch die Kunst im Jetzt zu leben. Der Wahl-Worpsweder nahm zum ersten Mal an den Offenen Ateliers teil, in der Hoffnung, seine Kunst verkaufen zu können.
Kleine Wesen im Kunstkaufhaus
Der Verkauf von Kunst ist eine der Säulen, die zu „Mimis Erbe“ gehören. Signore Buccis, Franziska Hofmann, Christine Huizenga, Peter Klug, Angelika Sinn und Jörg Steinbeck hatten damit ein Forum für zeitgenössische Kunst Worpswedes geschaffen. Zu den Offenen Ateliers luden sie sich fünf Gastkünstlerinnen ein, darunter Delia Nordhaus.
Eigentlich, so Peter Klug, betreiben sie die Produzentengalerie bereits seit März. Vieles aber ruhte coronabedingt, jetzt sind Lesungen, ein Filmclub und Workshops in Planung. Die Offenen Ateliers waren eine gute Gelegenheit, „Mimis Erbe“ in das Bewusstsein von Worpswede-Besuchern zu rücken. Durchblättern, anfassen und rausnehmen, das war auch in den drei Tagen das Prinzip des Kunstkaufhauses, das Kunst in Schubladengröße aus Schubladen verkaufte. Bereits am Freitag besuchten 70 Kunstliebhaber das historische Haus an der Findorffstraße. „Hier haben Besucher die hochkomprimierte Form dessen, was sich an zeitgenössischer Kunst in Worpswede tut“, so Klug. Das sei mal eine coole Idee, so die positive Resonanz auf Mimis Erbe. Es sei mehr als Paula und Mackensen, so die Meinung der Besucher. So gerne Peter Klug zu den Mitwirkenden gehörte, so sehr bedauerte er, in diesen drei Tagen keine Künstlerkollegen besuchen zu können.
Michael Sawatzki radelte die Heidwende und die Bergstraße nach Plan ab. Auf der Strecke lag auch „Mimis Erbe“. Für ihn stand der Genuss von Kunst an erster Stelle, an zweiter Stelle aber kam der vor dem Haus servierte Kaffee. Es sei super, dass die Offenen Ateliers nicht ausgefallen seien, freute er sich. „Es ist anders, aber auf keinen Fall schlechter“, fiel sein Urteil aus.
Delia Nordhaus bespielte mit ihren Huuties den großen Tisch im Kunstkaufhaus. Mit den kleinen Wesen war sie zuvor bereits nach Mailand, Kopenhagen oder Fehmarn gereist. Die Reisen der kleinen Geschöpfe hält die Künstlerin fotografisch fest. Die Erlebnisse dieser Lebensgeister sind dann auf ihrer eigenen Facebook-Seite zu sehen, die bereits fast 1000 Follower hat.
Zum dritten Mal beteiligte sich Anne Sommer an den Offenen Ateliers. Das besonders große Interesse an Kunst und Kunsthandwerk in diesem Jahr führte die Kunsttherapeutin und freischaffende Künstlerin auf die vielen bereits ausgefallenen Veranstaltungen zurück. Alte, geliebte Möbelstücke und Accessoires erweckt sie zu neuem Leben. „Die Geschichten berühren mich“, sagte sie. Entweder man bringe das Lieblingsstück mit und lasse es von ihr mit Motiven aus der Natur bemalen oder bemale es unter Anleitung selber, so ihr Tipp.
Viele Besucher waren froh, den weiten Weg bis zu Bettina Dämmigs Niedersachsenhaus am Schiffgraben auf sich genommen zu haben. Hier hätten sie das gefunden, so die Aussagen, was sie sich von Worpswede versprochen hätten.