Landkreis Osterholz. Keine 40 Jahre nach der jüngsten Gebietsreform steht das Thema mit dem sogenannten Hesse-Gutachten nun wieder auf der Agenda. Der Berliner Staatswissenschaftler Joachim Jens Hesse schlägt in seiner Untersuchung der Kommunalstrukturen in Niedersachsen eine Fusion von Landkreisen als letzte Möglichkeit vor, um auf Probleme wie Überschuldung und Überalterung zu reagieren. Zuvor sollte es aus seiner Sicht kurz- und mittelfristig Kooperationen geben, die nötigenfalls auch vom Land verordnet werden.
Wir haben gestern dazu die Verwaltungsspitzen sowie die Bürger aus den Kommunen unseres Verbreitungsgebiets befragt. In den Antworten mischten sich viel Skepsis und ein wenig Aufgeschlossenheit. Ein Handlungsbedarf, der sich aus demografischem Wandel und maroden Kommunalfinanzen ergibt, wird von den Befragten nicht bestritten. Ob dafür aber eine derart tief greifende Reform der Verwaltungsorganisation nötig ist, wird unterschiedlich beurteilt.
Nun empfiehlt auch Hesse in seiner 435-Seiten-Studie für die hiesige Region nicht gleich die Fusion. Doch schon bei einer ersten Untersuchung, die vom damals CDU-geführten Innenministerium in Auftrag gegeben worden war, hatte der Gutachter 2010 unter anderem die Kreise Osterholz und Cuxhaven als "besonders stabilisierungsbedürftig" eingestuft. Inzwischen hat der Forscher den prognostizierten Rückgang der Bevölkerungszahlen bis zum Jahr 2030 für den Landkreis Osterholz von 10,8 Prozent auf 6,9 Prozent korrigiert.
Damit stellen sich auch der erwartete Anstieg des Schuldenstands sowie der Rückgang der Deckungsmittel pro Kopf zwar etwas weniger dramatisch dar als vor drei Jahren. Der Anteil der Über-75-Jährigen aber werde 2030 weit über dem Landesdurchschnitt liegen. Und da die Kreise Osterholz und Cuxhaven weiter als "strukturell hoch verschuldet" gelten, empfiehlt Hesse zumindest eine "erweiterte Kooperation", zumal er bei ihnen auch "Defizite in der zentralörtlichen Versorgung" ausgemacht hat. In seinen Gedankenspielen würde Bremerhaven als externes Oberzentrum rechts der unteren Weser fungieren.
Dabei sei die Dramatik im Cuxland noch höher als für die die Osterholzer. Für ein engeres Miteinander spricht Hesse zufolge auch, dass der Kreis Osterholz trotz seiner relativ geringen Größe ohnehin keine sonderlich hohe Integrationskraft besitze. Hesse macht die geringe Identifikation unter anderem an den jüngsten Wahlbeteiligungen und der Ehrenamtlichen-Quote fest. Auch historisch und naturräumlich sieht er keine ausgeprägte Homogenität.
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