SPD reagiert auf Elternkritik / Schulneubau günstiger? Idee: Zentrale Kita mit Ganztagsbetrieb

Wie kann die klamme Gemeinde Kindertagesstätten mit längeren Betreuungszeiten schaffen? Die Sozialdemokraten suchen nach einer Antwort auf die Forderung vieler Eltern. Jens Erdmann denkt an eine zentrale Kita mit Ganztagsbetrieb. Der SPD-Sprecher im Rat drängt auf Veränderungen, auch in der Grundschulfrage. Er warnt davor, „alles zu lassen wie es ist“.
24.01.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Michael Wilke

Wie kann die klamme Gemeinde Kindertagesstätten mit längeren Betreuungszeiten schaffen? Die Sozialdemokraten suchen nach einer Antwort auf die Forderung vieler Eltern. Jens Erdmann denkt an eine zentrale Kita mit Ganztagsbetrieb. Der SPD-Sprecher im Rat drängt auf Veränderungen, auch in der Grundschulfrage. Er warnt davor, „alles zu lassen wie es ist“.

Zwei Themen haben in diesem Jahr Priorität für die Sozialdemokraten: die Zukunft der Grundschulen und ein Angebot an Kindertagesstätten (Kitas), das den Bedürfnissen junger Familien entspricht. Eltern haben einen Rechtsanspruch auf Krippen- und Kindergartenplätze für ihre Kleinen. Den erfüllt die Gemeinde seit Jahren nur mit Ach und Krach. Bisher schaffte sie es erst auf den letzten Drücker, genug Krippenplätze für unter Dreijährige einzurichten. Berufstätigen Eltern reicht das nicht. Sie fordern Kitas mit Ganztagsbetrieb (wir berichteten).

„Wir müssen an das Problem ran. Wir können es nicht weiter vor uns herschieben“, sagt Jens Erdmann, Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat. 67 Prozent der Lilienthaler Eltern suchen Krippenplätze für ihre Kleinen – die Nachfrage liegt weit über dem Bundesdurchschnitt.

Zurzeit profitiert Lilienthal von Zuzügen junger Familien. Viele kommen aus Großstädten. Da sind die Betreuungszeiten komfortabler. In großen Städten schließen Krippen und Kindergärten um 17, 18 Uhr oder später. In Lilienthal endet der Regelbetrieb um 13 oder 14 Uhr, in einzelnen Kitas gibt es Spätdienste bis 16 Uhr. „Man muss bedenken, dass wir eine Flächengemeinde sind“, sagt Erdmann. „Das ist mit Bremen nicht zu vergleichen.“ Überall die Betreuungszeiten auszudehnen, ist nicht drin für die hoch verschuldete Gemeinde.

Doch der Bedarf ist da, das wissen Erdmann und seine Parteifreunde. „Betreuungszeiten bis 16 oder 17 Uhr sind sehr wichtig für Alleinerziehende und Familien, bei denen beide Eltern arbeiten müssen“, betont Erdmann. Die SPD-Fraktion werde Gespräche mit betroffenen Eltern führen. Die haben sich längst zu einem Bündnis formiert. Erst nannten sie sich „Saure Muttis“ und richteten eine Facebook-Seite ein, heute nennen sie sich „Familienthaler“ und streben ein lokales Bündnis für Familien an (wir berichteten).

Erdmann hat sich Gedanken gemacht. Eine zentrale Einrichtung mit längeren Öffnungszeiten schwebt ihm als Lösung vor. Der Ganztagsbetrieb fordere mehr Personal und Kosten, daher mache es Sinn, ihn an einem Standort anzubieten, etwa in ehemaligen Schulräumen. Der SPD-Mann denkt da an die Tornéeschule am Schoofmoor, wo die Gemeinde im Sommer in einem frei gewordenen Trakt drei Krippengruppen eingerichtet hat. Die Verwaltung soll prüfen, wo Räume für eine Ganztagskita gemietet werden könnten.

Auch in der Grundschulfrage wollen die Sozialdemokraten weiterkommen. Noch profitiert Lilienthal von Zuzügen, so bleiben die Schülerzahlen stabil. „Aber wenn wir alles lassen wie es ist, werden wir das in zehn Jahren bereuen“, glaubt Erdmann. „Dann kommen die Einbrüche. Wenn dann noch die Inklusionskosten dazukommen, ist das Geschrei groß.“

Das Argument, nach den Großinvestitionen für die Straßenbahn und die Entlastungsstraße müsse Lilienthal erst Mal kleine Brötchen backen, lässt Erdmann nicht gelten: „Wir kommen vielleicht nie wieder an so zinsgünstige Kredite ran wie heute.“ Handeln müsse die Gemeinde: Sie habe für den Ganztagsbetrieb und für Barrierefreiheit zu sorgen. Die Schroeterschule sei über 50 Jahre alt, die Trupermoorer Schule in Teilen noch älter.

Erdmann präsentiert eine Studie der Ibbenbürener Agn-Gruppe für Architektur und Generalplanung: In Bad Bentheim haben deren Experten die Kosten für den Neubau einer dreizügigen Grundschule ermittelt und sie mit einer Altbausanierung verglichen. Fazit: Der Neubau würde die Kommune binnen 30 Jahren 5,5 Millionen Euro kosten, die Sanierung 10,5 Millionen.

„Wir müssen zu Schulen kommen, die langfristig lauffähig sind“, meint Erdmann. Der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Gert Traupe und sein Stellvertreter Rolf Nordmann nicken. Wie Erdmann beklagen sie die „verhärteten Fronten“. Die Eltern in den Außendörfern lehnen Schulschließungen kategorisch ab. „Was soll man sagen, wenn man hört: ,Der Gutachter hat keine Ahnung. Die Zahlen stimmen nicht?’“, fragt Nordmann. Wie berichtet, untersucht die Projektgruppe Bildung und Region (Biregio) mehrere Zukunftslösungen. Dazu gehören der Erhalt aller sechs Schulen ebenso wie die Schließung der drei kleinen Dorfschulen und der Neubau von zwei Grundschulen im Ortskern. Die SPD gehe ergebnisoffen an die Sache ran, sagt Erdmann. „Ich hab’ doch kein Problem damit, wenn beim Gutachten am Ende als tragfähiges Ergebnis rauskommt: Wir können die sechs Grundschulen auf Dauer erhalten.“

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