Die Straßenbahnlinie 4 liegt bislang hinter den Erwartungen zurück. Zwar sind die Fahrgastzahlen der Linie stetig gestiegen, doch wurden die prognostizierten 4800 Fahrgäste pro Werktag bisher nicht erreicht.
Die Straßenbahnlinie 4 fährt den in sie gesetzten Erwartungen noch ein bisschen hinterher. Die prognostizierten Zahlen von 4800 Fahrgästen pro Werktag wurden bisher nicht erreicht. Nicht nur Bahngegner machen sich deshalb Gedanken darüber, ob damit die ausgehandelten Verträge zur Kostenübernahme auf den Prüfstand müssen.
Wie würden die Kosten dann neu verteilt, überlegt man in Lilienthal und in Bremen. Dort hatte die FDP-Fraktion im Senat jetzt eine Kleine Anfrage gestellt: zu Fahrgastzahlen, zu den Buslinien 630 und 670 und auch – aus Bremer Sicht – zu der Frage, ob die vertraglichen Konditionen mit der Gemeinde Lilienthal neu verhandelt werden müssten. Und unabhängig von der FDP-Anfrage: Wie steht es eigentlich mit dem vergünstigten Kurzzeitticket für Lilienthal, von dem manche wissen wollen, dass eine Testphase bereits am 1. Januar 2017 beginnt?
Kontinuierliche Steigerung der Fahrgastzahlen
Die BSAG hat seit dem Start der Linie 4 im August 2014 kontinuierlich gemessen und kam im September 2014 bei den werktäglichen Ein- und Ausstiegen innerhalb Lilienthals auf rund 3000 Fahrgäste. Seitdem habe sich die Benutzung der Bahn kontinuierlich gesteigert. Ein Jahr später, im September 2015, habe sie bei 3700 Ein- und Ausstiegen gelegen, im April 2016 bei 4700.
Weitere Ergebnisse: Auch an der Landesgrenze zwischen Bremen und Niedersachsen ist der stetige Aufwärtstrend zu erkennen. Im April 2016 waren es täglich 3200 Fahrgäste gegenüber 2700 im April 2015. Daraus könne ermittelt werden, dass im Binnenverkehr täglich rund 750 Fahrten ausschließlich innerhalb Lilienthals stattfänden. Dieser Wert habe ein Jahr zuvor noch bei etwa 650 Fahrten pro Tag gelegen. Mit knapp 70 Prozent fänden etwa zwei Drittel der Fahrten über die Landesgrenze hinweg statt, ein Drittel verbleibe im Binnenverkehr in Lilienthal.
Busse enden nicht am Kreuz
Anders als bei der Linie 4 gibt es auf den Buslinien 630 und 670 keine regelmäßigen Fahrgastzählungen, mithin auch keine verlässlichen Zahlen. Die Busse spielen allerdings bei der Beantwortung der Frage, warum die prognostizierten und die tatsächlichen Fahrgastzahlen voneinander abweichen, eine wichtige Rolle. Bei der Standardisierten Bewertung des Jahres 2008 – Zielzahl: 4800 Fahrgäste – war man davon ausgegangen und hatte es auch so vereinbart, dass die Überlandbusse am Falkenberger Kreuz enden, die Fahrgäste also in die Bahn umsteigen.
Die Entwicklung der Fahrgastnachfrage auf den Linien 630 und 670 habe die betroffenen Gebietskörperschaften und den ZVBN jedoch dazu bewogen, das Angebot mit direkter Anbindung an den Bremer Hauptbahnhof beizubehalten, vor allem auch, um durch das Umsteigen bedingte Reisezeitverluste für die Fahrgäste aus den Bereichen Worpswede, Grasberg und Tarmstedt zu vermeiden. Hinzu komme, dass die Busse auch das Lilienthaler Zentrum anfahren.
Für detailliertere Aussagen etwa zur Akzeptanz der Bahn sei es zwei Jahre nach ihrer Eröffnung zu früh, so lautet die Antwort des Senats. Dies sei erst im „eingeschwungenen Zustand“ etwa drei Jahre nach der Inbetriebnahme möglich, wenn sich das Nutzungsverhalten den geänderten verkehrlichen Bedingungen angepasst habe. Fazit: „Der Senat bewertet die Linie 4 als Erfolg.“ Auch Bürgermeister Willy Hollatz zeigte sich gestern „vorsichtig zuversichtlich“. Die Antworten auf die Anfrage zeigten, dass man auf dem richtigen Weg sei. „Keine der beiden Seiten ist hier in einer Vorteils- oder Nachteilssituation.“
Kurzzeitticket: Beginn der Testphase unklar
Vorteile für die Nutzung der Bahn vor allem im Ort selbst verspricht sich so mancher in Lilienthal von einem speziellen Kurzzeitticket, von manchen schon optimistisch „Ein-Euro-Ticket“ genannt. Dass bereits am 1. Januar 2017 eine Testphase mit einem solchen Ticket in Lilienthal beginnen könnte, hielt der VBN-Sprecher Eckhard Spliethoff auf Anfrage für unwahrscheinlich. Es gebe seit 2015 einen Prüfauftrag, und der VBN spreche auch mit den Verkehrsunternehmen BSAG, EVB (Busse) und dem Landkreis darüber. Zunächst seien aber technische Fragen zu klären und auch, wie eventuelle Einnahmeeinbußen, wenn es sie geben sollte, ausgeglichen werden könnten.
Theoretisch sei es auch möglich, dass mit einem günstigeren Ticket so viele Menschen die Bahn innerhalb Lilienthals nutzten, dass es keine Einnahmeeinbußen gebe. Eine weitere Frage sei, ob man sich mit dem Lilienthal-Ticket etwa am Bremer Kurzstreckenticket orientiere. Dort kann man drei Stationen zum Preis von 1,40 Euro fahren. Spliethoff hält eine Orientierung an bestehenden Tarifen für wahrscheinlicher, auch um die Übersichtlichkeit der Tarife zu erhalten. „Ich will dem aber überhaupt nicht vorgreifen“, sagte der VBN-Pressesprecher. „Kann sein, dass am Ende auch ein Ein-Euro-Ticket herauskommt.“