Osterholz-Scharmbeck. Gefäßkeramiken von Ingrid Ripke-Bolinius, die runde und eckige Formen miteinander vereinen und beispielsweise mit Kranichen verziert sind, schmücken bis zum 17. September 2017 die Galerie Gut Sandbeck. Eine repräsentative Auswahl an Zeichnungen von Monika Breustedt komplementiert die Doppelausstellung. Dass Ingrid Ripke-Bolinius wegen anderer Verpflichtungen nicht selbst an der Eröffnung teilnehmen konnte, stimmte einige Gäste etwas unglücklich. Ehemann Lutz Bolinius war in Vertretung gekommen, um für Fragen zur Verfügung zu stehen.
Ripke-Bolinius' ausgestellten Keramiken würden den hohen Stand ihrer Arbeit zeigen, meinte Laudator Erwin Miedtke. Die individuelle und puristische Formensprache mache ihre Werke unverwechselbar. Der Weg von der examinierten Töpferin zur mit Porzellanerde arbeitenden Keramikerin sei für die Künstlerin eine Suche nach der eigenen Ausdrucksform gewesen, so der Laudator weiter.
Kanten für die Klarheit
Ripke-Bolinius fasziniere am Porzellan die Feinheit, Eleganz und die handwerkliche anspruchsvolle Verarbeitung. Es erlaube keine Fehler. Diese würden spätestens beim Glasurbrand sichtbar werden. Die Arbeit erfordere also absolute Hingabe und Aufmerksamkeit, sagte Miedtke. Das die Künstlerin sich mit dem Zen beschäftige, fand er passend. Solch einen fast meditativen Zustand benötige sie beim Arbeiten. „In Harmonie mit sich selbst – handwerklich präsent im Augenblick und zugleich mental versunken“, so seine Sicht auf das Schaffen der Künstlerin. Beim Betrachter solle die „harmonische Schlichtheit die Konzentration auf das bewusst Einfache“ hervorrufen.
Klarheit und Lichtspiel seien der Künstlerin wichtig, weshalb sie auf viel Dekor verzichte, so Miedtke. Genauso wichtig sei ihr die Alltagstauglichkeit. All ihre Gefäße seien spülmaschinen- und scheuerfest. Die Rundungen stünden für Schönheit und die Kanten für Klarheit.
Innen sind die Werke der Worpswederin weiß glasiert. Die Außenwände bleiben bewusst ohne Glasur, so bleibt das leicht raue Porzellan tastbar. Die Keramikobjekte sind für den Laudator Träger von Geschichte und Geschichten. Der Betrachter werde indirekt angesprochen, aus dem gezeigten Motiv eine Handlung zu entwickeln.
Gemeinsam mit Monika Breustedt hat Ripke-Bolinius sieben Jahre lang in der alten Schmiede in Worpswede gelebt und gearbeitet. Breustedt hatte für die Ausstellung eine Auswahl aus ihrer eigenen Sammlung zusammengestellt. Stillleben, Landschaften, Architekturszenen sowie kalligrafische Arbeiten.
Die Zeichnungen geben die typische Präzision sowie die rhythmischen und farblichen Dynamik ihres Zeichenstrichs unverwechselbar wieder. „Es ist Monika Breustedts hohe Kunst, aus gekonnt gesetzten Linien und Strichen in ihrer ganz eigenen Bildsprache eine perfekte Komposition zu entwickeln“, gab Miedtke an. Der akademisch ausgebildeten Künstlerin seien alle Details wichtig. Aus zarten und kräftigen Strichen entwickle sie ihre Motive. „Sie weiß genau, dass Farbe und Zeichnung eigensinnige Partner sind und sie nutzt diesen Kontrast“, so Miedtke. Gegenüber früher haben sich die Arbeiten zu einer kräftigeren und dunkleren Farbigkeit entwickelt, die auf einen tieferen Kontext verweisen.
Die Zeichnungen geben tiefe Einblicke in den künstlerischen Prozess. Sie seien aber zugleich ein Seelenspiegel, so der Laudator. „Jede Störung von außen würde die Dynamik des Zeichenstrichs stören.“ Es geht der Künstlerin nicht darum, ein realitätsnahes Abbild zu schaffen, sondern ihre ganz persönliche Sicht zu schildern. „Träger magischer Spuren der sie umgebenden Wirklichkeit“, beschreibt die Künstlerin ihre Zeichnungen. Breustedt hält im Bild jegliche Bewegung an. Sie arbeitet immer gegen den Zyklus des Vergänglichen an und hebt mit ihren Bildern gewissermaßen die Zeit auf. „Eine hohe Aufforderung ihrer Kunst, Dinge anders und damit neu zu sehen“, schloss Miedtke.