„Opi“ ist ein großer, schwarz-brauner Mischlingshund. Er wurde beim Umzug seines Herrchens zurückgelassen. Krank und verwahrlost war der 13jährige Rüde ganz auf sich allein gestellt. Aufmerksame Nachbarn baten die Tierschützer vom „Lucky Dog Hostel“ um Hilfe und verhinderten damit, dass „Opi“ noch länger leiden musste.
Freitagabend gegen 18 Uhr. Im Garlstedter „Lucky Dog Hostel“ von Susanne Böttcher und Holger Lindbüchl klingelte wie so oft das Telefon. Ein Lehnstedter Anwohner berichtete, dass sein Nachbar vor ein paar Tagen nach Leer umgezogen sei und dessen Hund in erbärmlichen Zuständen allein auf dem Hausgrundstück lebe. „Wir haben sofort die Polizei angerufen und uns auf den Weg gemacht“, berichtet Susanne Böttcher.
Ausgerüstet mit Taschenlampen betraten die beiden Tierschützer das verlassene Grundstück und fanden „Opi“ krank und allein in einer dunklen Scheune vor. Er war in schlechter gesundheitlicher Verfassung und außer den Nachbarn war niemand da, der sich um den Hund gekümmert hätte. Das auf dem Grundstück befindliche Haus war leer geräumt.
„Die Nachbarn sollten den Hund füttern, bis dort wieder jemand wohnt“, berichtet Holger Lindbüchl und fügt kopfschüttelnd hinzu: „Wie kann man nur so grausam sein?“ Das Haus sei verkauft worden und der neue Eigentümer ziehe voraussichtlich im Februar ein, so der Kenntnisstand der Nachbarn. Tagsüber lebte „Opi“ auf einer eingezäunten Fläche, nachts schlief er in einer fensterlosen Scheune. Menschliche Zuwendung und medizinische Versorgung erhielt er nicht.

Susanne Böttcher und Holger Lindbüchl geben dem 13-jährigen Rüden „Opi“ jetzt ein liebevolles Zuhause.
Böttcher und Lindbüchl machten Fotos, dann luden sie den Hund ins Auto und nahmen ihn mit in ihre Auffang- und Übergangstation „Lucky Dog Hostel“. Ihnen war bewusst, dass sie angesichts von „Opis“ Leid zwar moralisch richtig handelten, das Gesetz jedoch nicht auf ihrer Seite ist. Rein rechtlich haben sie sich des Diebstahls und des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht. „Wir konnten das Tier nicht weiterhin sich selbst überlassen“, sagen die beiden Tierschützer. Die Polizei hatte keine Zeit herzukommen, andere Fälle waren wichtiger, und beim Kreisveterinäramt war am Freitagabend niemand mehr erreichbar.
Am folgenden Morgen fuhren sie mit „Opi“ zur Tierärztin. „Seine Ohren waren voller Blut und Eiter. Er hat über sehr lange Zeit stark an einer Ohrenentzündung gelitten.“ Zudem war er von oben bis unten von Flöhen besiedelt. Aufgrund seines Alters oder einer Krankheit ist seine Hinterhand nur eingeschränkt beweglich. Die Ursache soll in weiteren tierärztlichen Untersuchungen ermittelt werden. Zudem sollen seine Organe sollen gründlich durchgecheckt und eine chemische Kastration durchgeführt werden. „Wir wollen ihm aber erst einmal ein bisschen Zeit zum Eingewöhnen geben“, so Susanne Böttcher. Eins steht schon mal fest: Durch die unbehandelte Ohrenentzündung ist „Opi“ taub geworden.
Sonnabend gegen Mitternacht rief „Opis“ ehemaliger Besitzer im „Lucky Dog Hostel“ an. Er beschimpfte die Tierschützer und drohte ihnen mit einer Strafanzeige. Dass er verantwortungslos gehandelt habe, sah er nicht ein. „Er sagte, der Hund sei das so gewohnt. Er habe immer draußen in der Scheune gelebt und die Probleme mit den Ohren habe er schon seit zwölf Jahren“, berichtet Lindbüchl entrüstet.
Das zuständige Veterinäramt in Cuxhaven war erst am darauffolgenden Montag wieder erreichbar. Lindbüchl fertigte eine ausführliche Dokumentation des Falls „Opi“ an. Doch bislang erhielt er noch keine Antwort. „Die Eigentumsverhältnisse müssen geklärt werden. Das Kreisveterinäramt entscheidet, ob der Hund beschlagnahmt wird und wo er verbleiben soll“, erklärt Susanne Böttcher. Für sie und ihren Lebensgefährten ist klar: „Wir wollen Opi behalten. Er darf seinen Lebensabend bei uns in Würde verbringen.“
„Opi“ fühlt sich in seinem neuen Zuhause sichtlich wohl. Er sucht die Nähe zu Menschen und liebt es, von ihnen gestreichelt zu werden. Er geht gern Gassi und genauso gern liegt er drinnen in seinem Körbchen oder auf dem Hundesofa.
Auf Susanne Böttcher und Holger Lindbüchl, deren Einrichtung keine öffentlichen Zuschüsse erhält, kommen Kosten in noch nicht abschätzbarer Höhe für Futter und vor allem für die tiermedizinischen Behandlungen zu. Zumal „Opi“ inzwischen der vierte Dauerpflegehund ist, der sein „Rentnerdasein“ bei ihnen verbringt. Sie sind dringend auf finanzielle Unterstützung von tierlieben Menschen in Form von Spenden oder Patenschaften angewiesen.
Weitere Informationen sind unter der Telefonnummer 04795/9587780 oder im Internet unter www.luckydoghostel.de erhältlich.
Was tun bei einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz?
Wenn ein Tier akut in Gefahr ist oder gequält wird, sollte man sich sofort an die Polizei sowie an das für den Wohnort und den Landkreis zuständige Veterinäramt wenden. In allen Fällen von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz sind detaillierte Angaben zu Ort, Datum und Uhrzeit hilfreich. Auch Fotos und Videos können nützlich sein. Falls möglich, sollte ein Zeuge die Aussage bestätigen und seine eigenen Eindrücke schildern. Wer einen Missstand bei einem der Tierschutzvereine anzeigen will, wird meist enttäuscht. Die Mitarbeiter verweisen aus rechtlichen Gründen auf das Kreisveterinäramt.
Laut deutschem Tierschutzgesetz darf niemand einem Tier ohne Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Ferner ist gesetzlich festgelegt, dass das Tier seinen Bedürfnissen entsprechend gepflegt, ernährt und untergebracht sein muss.
Wer gegen das Tierschutzgesetz verstößt, macht sich strafbar. Auch das Töten oder Quälen durch Unterlassen wie beispielsweise Verwahrlosung, fehlende tierärztliche Behandlung, Verhungern oder Verdursten des Tieres steht unter Strafe. Das Tierschutzgesetz unterscheidet zwischen Handlungen, die eine Straftat darstellen und Ordnungswidrigkeiten. Bei Straftaten droht eine Freiheits- oder Geldstrafe sowie ein Tierhalteverbot. Ordnungswidrigkeiten werden mit einem Bußgeld geahndet. Für Straftaten ist die Polizei zuständig, in Fällen von Ordnungswidrigkeiten das Veterinäramt. Da eine Einschätzung der Lage für Laien schwierig ist, sollten bei Verstößen sowohl die Polizei als auch das Kreisveterinäramt verständigt werden.
KOMMENTAR
Hinschauen und Handeln
Karin Köster über den Schutz von Tieren
Damit gequälte oder verwahrloste Tiere geschützt werden können und zu ihrem Recht kommen, braucht es neben Gesetzen vor allem couragierte Menschen, die im richtigen Moment richtig handeln. Im Fall „Opi“ haben die Nachbarn nicht weggeschaut, sondern die Tierschützer alarmiert.
Susanne Böttcher und Holger Lindbüchl, die ehrenamtlich eine Auffangstation für Hunde betreiben, gebührt große Anerkennung. Sie scheuen weder Kosten noch Mühen, sie übernehmen Verantwortung und sie handeln nach ihrem Gewissen. Dass sie für die Rettung des Hundes eine mögliche Strafe wegen Hausfriedensbruchs und Diebstahls in Kauf nahmen, unterstreicht noch ihr selbstloses Engagement. Die Polizei hatte am Freitagabend keine Zeit, um sich um ein Hundeschicksal zu kümmern. Beim Kreisveterinäramt war niemand erreichbar. Also haben die Tierschützer auf eigene Faust und zum Wohl des Tieres gehandelt. Ein solches Handeln sollte nicht bestraft werden, sondern als Vorbild dienen.
Der ehemalige Hundehalter hingegen muss für sein Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden. Hatte er gehofft, dass der betagte Hund bald stirbt und sich das „Problem“ damit von selbst erledigt?
Wer von Tiermisshandlung oder -vernachlässigung erfährt, sollte eingreifen. In Not geratene Tiere können sich nicht selbst helfen, sie brauchen uns Menschen.
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