Willi Ohlers Töpferhaus im Wandel der Zeit / Einstige Werkstatt zum Gästehaus umfunktioniert Schöner Wohnen in einstiger Popcornfabrik

Seit mittlerweile gut einem Jahr ist das Töpferhaus am Susenbarg ein Haus für Gäste. Torsten Petersen, der Enkel des Töpfers, Keramikers und Malers Willi Ohler, hat zwei moderne Wohnungen konzipiert, die den Besuchern Worpswedes eine besondere Atmosphäre bieten. Und einen einzigartigen Blick: den Westhang des Weyerbergs hinab, mit Bremer Stahlwerken am Horizont
08.05.2013, 05:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Gudrun Scabell

Seit mittlerweile gut einem Jahr ist das Töpferhaus am Susenbarg ein Haus für Gäste. Torsten Petersen, der Enkel des Töpfers, Keramikers und Malers Willi Ohler, hat zwei moderne Wohnungen konzipiert, die den Besuchern Worpswedes eine besondere Atmosphäre bieten. Und einen einzigartigen Blick: den Westhang des Weyerbergs hinab, mit Bremer Stahlwerken am Horizont

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Worpswede. Das ehemalige Künstlerhaus Willi Ohlers, 1930 erbaut für den Töpfer und dessen Familie, erhält eine besondere Note durch die Kunstgegenstände, die er hinterlassen hat. Kreative Tonskulpturen und Bilder schmücken dezent die Räume und erzählen von ihrem Schöpfer, der sich ein Leben lang mit Hingabe der Kunst widmete.

Hinter dem rotblauen Töpferhaus mit der abgerundeten Ecke befindet sich ein kleiner, spitzgiebeliger Backsteinbau. Er wurde 1926 – also vier Jahre früher – errichtet und beherbergte die Werkstatt des Keramikers, in der vor allem der Brennofen seinen Platz hatte. Aber auch die dreiköpfige Familie musste erst einmal mit dem Werkstatthaus vorliebnehmen, bis einige Jahre später dann das große Wohnhaus gebaut wurde.

Eichenbalken jetzt weiß getüncht

Dieses Werkstatthaus, das bald schon einen Anbau erhielt, wurde nun nach Ideen von Torsten Petersen, dem Enkel des Künstlers, in zwei moderne Gäste-Wohnungen aufgeteilt. Komplett saniert, präsentiert sich das Gebäude nunmehr mit zwei kleinen Bädern, zwei Küchen und großzügigen Wohnräumen. Bei einem von ihnen handelt es sich um den ehemaligen Töpferraum Willi Ohlers. Die noch erhaltenen Original-Eichenbalken unterhalb der Decke sind jetzt weiß getüncht.

Sie erinnern an die Zeiten, da der Keramiker dort seine fußbetriebene Drehscheibe installiert hatte und die Balken mit Brettern verbunden waren, auf denen die frisch gedrehten Tongefäße zum Trocknen standen. Der jetzt geölte Holzfußboden stammt noch aus dem Jahre 1926.

Das sich anfügende kleine Schlafzimmer, in das gerade einmal ein Doppelbett hinein passt, ist ein ehemaliger Abstellraum. Vielleicht hatte Ohler dort den Torf für den Brennofen gelagert. Der Ton hingegen wurde im Keller des Werkstattgebäudes aufbewahrt, der über eine Falltür im Flurfußboden erreichbar war. Sie ist heute rot angestrichen und fällt sofort ins Auge.

Die ersten Gäste dieser Wohnung, das junge Ehepaar Gosch-Bunk aus dem schweizerischen Leibstadt, das über den 1. Mai im Künstlerdorf weilte, genossen die Stille dieses Ortes. Es sei angenehm ruhig hier, berichteten sie. "Und der Blick in die Sterne ist geradezu fantastisch!" Angereist waren sie mit dem Moorexpress. In den kommenden Tagen, verrieten sie, wollten sie vor allem die in der näheren Umgebung zu besichtigenden Museen besuchen. "Und vielleicht mit einem Torfkahn fahren, wenn das Wetter es zulässt."

In der zweiten Wohnung sieht es derzeit noch nach einer Baustelle aus. Aber das ist eine Momentaufnahme, denn auch hier werden in Kürze Gäste wohnen können. Eine historisch wertvolle Besonderheit ist in der Küche zu finden. An der Wand über der Spüle gibt es eine Vielzahl bunter Kacheln, die Torsten Petersen und seine Freunde vor etwa 50 Jahren bemalt haben. Da wimmelt es von Vögeln, Enten, Katzen und anderen Tieren, die sie genau zu studieren in der Lage waren. Auch Strichmännchen sind zu sehen. Alles wirkt fröhlich und erfrischend – als ob die Kinder gerade erst zu Pinsel und Farben gegriffen und losgelegt hätten.

Die Malaktion hatte seine Mutter Lotte Petersen angeregt, erzählt der Sohn, der im Ohler-Haus seine Kindheit verbracht hat. Denn seit Anfang der 60er-Jahre lebte die Ohler-Tochter Lotte mit ihrer kleinen Familie im Töpferhaus. Sie starb, hoch betagt, vor zwei Jahren.

Aber es wurde im Werkstatthaus nicht nur getöpfert. Der Vater von Torsten Petersen hatte hier bis Mitte der 70er-Jahre eine Popcornfabrik eingerichtet.

Eine Geschäftsidee, die er aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft mitgebracht hatte. Der inzwischen in der Schweiz lebende Petersen erinnert sich nur zu gerne daran, dass er als Kind auf einem Hocker zu stehen pflegte, Mais, Zucker und Fett in die Töpfe warf und nach fünf Minuten die ersten Maiskörner herausholte, weil es im Kessel zu voll war. Nach nochmals fünf Minuten kam dann das ganze erhitzte Naschwerk heraus, kühlte ab und wurde verpackt. Das Geschäft florierte, denn die Nachfrage kam aus ganz Deutschland.

Heute können in allen vier Wohnungen vier beziehungsweise sechs Personen wohnen. In der kalten Jahreszeit spenden kleine, eiserne Öfen wohlige Wärme. Auch ein Parkplatz steht den Gästen zur Verfügung.

Im Werkstatthaus mit den weißen, original versprossten Fenstern ist man umgeben von Buchengrün. Durch die Stämme hindurch schimmern die Ackerflächen. Die hintere der beiden Wohnungen trägt den Namen Fritz Mackensens, dessen Villa in unmittelbarer Nähe liegt und zur Inaugenscheinnahme einlädt .

Und auch die Wohnungen im Töpferhaus haben ihre prominenten Namenspatrone: die obere nach Lotte Petersen, die untere nach Bernhard Hoetger, mit dem der Töpfer Willi Ohler einst befreundet war.

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