Grasberg. Bei Schnee, Hagel und Regen ist sie mit dem Rad nach Bremen zur Arbeit gefahren. Eine Heldentat? Nein. Morgens zwischen allen Pendlern und Schülern auf dem Jan-Reiners-Weg gen Bremen zu radeln, das empfindet Christiane Seeger schon eher als „ein bisschen Heldentum“. Jüngst fuhr sie mit einem Lastenrad rund 300 Kilomenter bei einem 24-Stunden-Marathon. Ist das Heldenmut? Ach was. Lachend winkt sie ab. Das habe einfach Spaß gemacht. Trotzdem steht auf ihrem Trikot „Radheldin“. Eigenwerbung für ihren Blog. Seit eineinhalb Jahren teilt sie im Internet ihre Raderlebnisse und den „Versuch, nachhaltige Mobilität auf dem Land zu lesen“ mit einer kleinen treuen Leserschar.
Angefangen hatte alles mit einem Autounfall. Zehn Tage stand das Auto in der Werkstatt. Im Februar. Christiane Seeger sagte sich trotzdem: „Kein Problem, ich mach alles mit dem Rad.“ Das Wetter verlangte ihr viel ab in diesen zehn Tagen. Einem Bekannten schrieb sie ihre Eindrücke, und der meinte: „Mach doch einen Blog.“ Dass der „Radheldin“ heißt, begründet die begeisterte Rennradfahrerin so: „Ich musste irgendwas finden, was die Menschen neugierig macht.“
Wechselnde Themen
Ein rosafarbenes Rad ziert ihre Startseite, und gleich dort erfährt der Blog-Besucher sofort, dass es bei der Radheldin eben nicht nur um den Sport auf zwei Rädern geht, sondern auch um nachhaltige Mobilität auf dem Land. Sie achte inhaltlich auf einen Wechsel, damit der Leser sich nicht langweile. So schreibt Christiane Seeger beispielsweise über ihren Besuch bei der Fahrradmesse EurobikeShow: „Im Nachhinein fällt dann auf, dass hauptsächlich der Kommerz im Vordergrund stand. Wirklich innovative Neuheiten habe ich keine gesehen. Man kann wohl doch nicht das Rad dauernd neu erfinden!“ Aber witzige Details hat sie gefunden. Die zeigt sie per Foto, seien es die Halterung für den Kaffeebecher To-Go oder einen „Crazy Regenschirm“, den ein Radfahrer auf dem Kopf trug. Seeger sagt lächelnd: „Das fand ich viel interessanter als die neuesten Räder.“
Unter dem Text entspinnt sich ein Dialog zwischen Lesern und der Bloggerin. Sie antworte immer, denn einen Blog versteht Seeger als „ein Gespräch, wenn man einem Freund was erzählt“. 36 Abonnenten folgen ihren Texten. Sie liest selber auch andere Blogger und weiß, am Anfang werden viele Texte veröffentlich. Später wird die Artikeldichte dünner und: „Es bleiben nicht viele dabei.“ Aber Christiane Seeger verfügt nun mal über sportliche Ehrgeiz und bleibt dran. Die Adolphsdorferin schreibt ein bis zwei Artikel pro Woche und verwendet darauf rund fünf Stunden pro Woche. Immer mit der eigenen Meinung, immer aus ihrer Perspektive. So funktioniere Bloggen.
Von Adolphsdorf bis zum Falkenberger Kreuz radelt Christiane Seeger fast täglich. In der Straßenbahn nach Bremen zu ihrem Arbeitsplatz beim Deutschen Journalistenverband entstehen viele der Texte. Andere tippe sie sofort, noch angefüllt von den frischen Eindrücken.
Wer die Radheldin liest, wird nicht von Werbung geplagt. Darauf achtet Christiane Seeger bewusst und erklärt: „Ich möchte damit kein Geld verdienen.“ Der Blog sei ihr Hobby, und andere Hobbys kosteten auch Geld. Seegers Ziel liegt an anderer Stelle. Sie sagt: „Wenn ich Leute dazu bringen kann, vielleicht öfter das Rad zu nehmen oder das Auto stehen zu lassen, dann reicht mir das schon.“
Außerdem gibt es ja noch ihr zweites Blogthema. „Wir auf dem Land sind oft abgehängt von der Mobilität.“ Ohne Muttertaxi funktioniert das Leben mit Kindern auf dem Lande auch für Seeger nicht. Im Rad alleine sieht sie „nicht wirklich“ die Lösung. Sie sagt: „Es müsste einen besseren öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) geben.“ Der sei teilweise grottenschlecht. Was nun aber nicht heißt, jeder Blogeintrag kommt inhaltsschwer daher.
Leicht und fröhlich geschrieben, so wie Seeger auch daheim am Wohnzimmertisch über den Blog, Fahrräder und Radfahren erzählt, findet sie beispielsweise zwischen Texten zur Energiewende in Tarmstedt oder „Wie fährt die Zukunft“ auch noch Platz für ein Banenenkuchen-Rezept. Wer die Texte der Adolphsdorferin lesen will, findet sie über die sozialen Netzwerke oder direkt unter www.radheldin.org im Internet.