Landkreis Osterholz/Bremen-Nord. „Nähe bedeutet für uns, auch vor Ort für Sie da zu sein. Eine Filiale Ihrer Volksbank Bremen-Nord eG gibt es auch in Ihrer Nähe. Schauen Sie vorbei.“ Die Aussage ist offenbar inzwischen überholt. Gerade hat die Genossenschaftsbank ihren Kunden aus Bremen-Nord schriftlich mitgeteilt, dass sie sieben von 13 Standorten in der Region nach der Corona-Pandemie nicht wieder öffnen wird. Auch Ritterhude und Lilienthal sind mit insgesamt drei Filialen betroffen.
Die große Mehrheit der Kunden wickle ihre Bankgeschäfte heute eigenständig online über Smartphone, Tablet und Computer ab und besuche inzwischen seltener die Geschäftsstellen, heißt es in einem Schreiben der Volksbank Bremen-Nord eG an ihre Kunden.
Der Trend zeige sich besonders an den Volksbank-Standorten Platjenwerbe, Scharmbeckstotel und Frankenburg sowie Aumund, Burg, Grohn und Farge. Künftig werden die Kunden dort nur Geldautomaten und Kontoauszugsdrucker finden. Eine Umstellungsphase gibt es nicht, die Veränderung greift sofort: „Bedingt durch die Corona-Pandemie haben wir bereits den mitarbeiterbedienten Kundenservice in den betroffenen Kleinstgeschäftsstellen eingestellt. Eine erneute Öffnung über die SB-Möglichkeiten hinaus ist nicht mehr geplant“, heißt es seitens des Vorstands auf Anfrage unserer Zeitung.
Die betroffenen Mitarbeiter sollen die Teams anderer Filialen verstärken. Insgesamt beschäftigt die Volksbank Bremen-Nord nach eigenen Angaben 90 Mitarbeiter, die sich um 22 000 Kunden kümmern. Wie das Unternehmen nun mit den ungenutzten Räumlichkeiten umgehen wird, ist offen. Auf Anfrage heißt es, dass aktuell ein Konzept „zur optimalen Drittverwendung“ erarbeitet werde. Auch die Sparkasse in Bremen wird ihre Filialen an der Straße Kreinsloger und an der Lerchenstraße eher als geplant in SB-Standorte umwandeln. Das Personal ist bereits andernorts im Einsatz.
Kunden des Kreditunternehmens wie Regina Gerke und Jürgen Niemann aus Bremen-Nord reagieren verärgert und enttäuscht, dass sieben Volksbank-Filialen zu SB-Standorten umgewandelt werden. Sie waren vor 25 Jahren extra von der Sparkasse zur Volksbank gewechselt, weil sie sich mehr Kundennähe von der Genossenschaftsbank versprochen hatten. „Wir können uns noch erinnern, als die Sparkasse in Burg umgewandelt wurde, gingen viele Kunden zur Volksbank. In der Nähe ist eine Seniorenwohnanlage und die Bewohner waren froh, dass die Volksbank noch Öffnungszeiten für das persönliche Gespräch hatte“, schreiben Regina Gerke und Jürgen Niemann in einem Brief an die Redaktion. Sie gehen davon aus, dass trotz der Filialschließungen die Kontoführungsgebühren weiter steigen werden. Die Standort-Schließungen seien „ein Schlag ins Gesicht gegenüber den älteren Mitbürgern und denen, die dem Online-Banking einfach nicht trauen“. Regina Gerke und Jürgen Niemann: „Die ‚Volks‘-Bank sollte sich umbenennen, weil ‚Volk‘ nicht mehr zutrifft.“
Der Vorstand der Volksbank sieht das anders: „Wir reagieren damit auf die geänderten Bedürfnisse unserer Kunden.“ Vorstandsmitglied Ulf Werner Ahrens erklärt: „In den letzten Jahren stieg die Nachfrage unserer Kunden nach Möglichkeiten, um Bankgeschäfte eigenständig, bequem, schnell und unkompliziert abzuwickeln. Die große Mehrheit unserer Kunden nutzt inzwischen die Online-Serviceangebote unserer Bank und besucht immer seltener unsere Geschäftsstellen. Besonders seit Ausbruch der Corona-Pandemie sind die Zahlen der Online-Banking-User nochmal stark in die Höhe geschnellt.“
Die Bankenwelt verändere sich mit enormer Geschwindigkeit. Um Schritt zu halten, müsse sich die Genossenschaftsbank anpassen. Entgegen aller Trends habe die Volksbank Bremen-Nord eG lange Zeit an einem dicht gestreuten Filialnetz festgehalten. „Natürlich wurde diese nachbarschaftliche Nähe sowohl von der Bank als auch von ihren Besuchern sehr geschätzt. Da sich das allgemeine Tagesgeschäft in den Filialen mittlerweile aber stark gewandelt hat, müssen neue Wege gefunden werden“, so der Vorstand.
Volksbank Osterholz nicht betroffen
Persönliche Ansprechpartner erreichten die Kunden aus Bremen-Nord künftig jedoch nur noch in den Niederlassungen Ritterhude, Blumenthal und Lesum sowie in der Hauptstelle Vegesack. „Gerne beraten wir sie dort zukünftig noch intensiver in allen Finanzangelegenheiten. Verstärkung dazu bieten unsere Service-Tandem-Filialen in Lüssum und Oslebshausen“, wirbt die Bank in dem Schreiben an ihre Kunden.
Laut Vorstandsmitglied Jan Schotge will die Volksbank „durch die Anpassung des Filialnetzes“ die große Chance nutzen, ihre Beratungsmöglichkeiten in der Bank, zu Hause oder digital per Telefon und Videokonferenz, weiter auszubauen. Kundennähe, so Schotge auf Anfrage unserer Zeitung, orientiere sich nicht an der Anzahl der Geschäftsstellen. „Uns ist es sehr wichtig, die Kunden gemäß ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten persönlich, kontinuierlich und langfristig zu begleiten, daran wird sich nichts ändern.“ Mit der Umwandlung von sieben Kleinstgeschäftsstellen in reine Selbstbedienungsstandorte „ist weder ein Rückzug aus der Fläche noch eine Schließung von Standorten vorgesehen.“
Die Schließungen in Scharmbeckstotel und Platjenwerbe kommen für die Kunden überraschend. Die Kunden im Landkreis Osterholz brauchen aber vorerst keine weiteren Filial- oder Geschäftsstellenschließungen zu befürchten, teilen die dort ansässigen Kreditinstituten - die Volksbank Osterholz Bremervörde und die Sparkasse Rotenburg Osterholz - auf Nachfrage der Redaktion mit. Demnach planen beide aktuell keine Änderungen ihrer Infrastruktur. „Wir haben unsere Planungen bereits vor Corona abgeschlossen“, verweist Mathias Schröder, Bereichsleiter Vorstandsstab bei der Sparkasse, auf Anfang dieses Jahres. Damals informiert die Sparkasse darüber, dass sie die Geschäftsstellen Trupermoor, Lintel, Ihlpohl, Osterholz-Scharmbeck Innenstadt, Wilstedt sowie zwei Filialen in Rotenburg zusammenlegen werden. Bis auf Osterholz-Scharmbeck blieben alle als SB-Filialen erhalten. Dies, so Schröder, werde wie geplant umgesetzt. Weitere Schritte seien derzeit nicht vorgesehen. Die Öffnungszeiten der bestehenden Geschäftsstellen sind wegen der Corona-Pandemie noch eingeschränkt. Sie werden je nach Situation weiter angepasst.
Bei der Volksbank Osterholz Bremervörde werde sich nichts ändern, teilt Marketingleiter Jens Themsen mit. Alle 20 Geschäftsstellen blieben erhalten. Wenn es die Situation zulasse, würden die Vertretungen in Vollersode, Falkenberg, Hipstedt und Basdahl wieder für die Kunden geöffnet. Sie sind derzeit geschlossen: „Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme“, so Themsen.