Landkreis Osterholz. Der milde, eigentlich nicht vorhandene Winter hat weniger Vögel an die Futterhäuser gelockt. Zu diesem Ergebnis kommen der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und sein bayerisches Pendant, der Landesbund für Vogelschutz (LBV), nach der diesjährigen Zählaktion „Stunde der Wintervögel“. Mit rechnerischen 37,3 Vögeln pro Garten sind es trotzdem etwas mehr als im Januar 2019. Damals waren es 37 Tiere je Garten. „Dennoch liegt der Wert unter dem langjährigen Mittel von fast 40 Vögeln pro Garten“, teilt Matthias Freter vom Nabu Niedersachsen mit.
In Gänze wurden dem Nabu und dem LBV dieses Jahr 3,6 Millionen Vögel bei der Aktion gemeldet. Gut eine Million mehr als in 2019. Die Zahl der Vogelfreunde, die an der Stunde der Wintervögel mitmachen, ist allerdings ebenfalls gestiegen: von 138 060 auf 143 454 Personen. Der Landkreis Osterholz ist keine Ausnahme: Waren es zum Start der „Stunde der Wintervögel“ in 2011 erst 100 Teilnehmer, die in 69 Gärten des Landkreises Osterholz eine Stunde lang den Futterplatz im Auge behielten und dabei 3878 Vögel zählten, beteiligten sich dieses Jahr 352 Vogelfreunde. Die beobachteten 8488 Vögel in 241 Gärten.
Kohlmeise ist häufigster Besucher
Der Singvogel, der dabei am häufigsten Nüsse und Samen an den Futterhäusern stibitzte, war die Kohlmeise. Zumindest im Landkreis Osterholz: 1297 dieser Vögel wurden dort gezählt. Auf Platz zwei ist der Haussperling in Osterholz gelandet. Er wurde 1072-mal gesichtet. Verdrehte Welt – denn bundesweit liest sich die Liste der meist gezählten Vögel genau umgekehrt. Ganz oben rangiert deutschlandweit der Haussperling mit 660 241 gezählten Tieren. Dahinter mit 503 873 Sichtungen deutlich abgeschlagen, landete die Kohlmeise auf dem zweiten Platz. Allerdings ist der Haussperling im Kreis Osterholz – laut Zählung – mächtig am Aufholen. Seine Zahl stieg seit dem Vorjahr um 21 Prozent, während der Kohlmeisen-Bestand auf gleichem Niveau geblieben ist.
Es gibt jedoch auch Verlierer beziehungsweise Vögel, die seltener an den Futterhäusern auftauchten als im Vorjahr. Etwa die Wacholderdrossel. Statt 59, wie 2019, wurden dieses Jahr gerade sechs von ihnen dem Naturschutzbund aus dem Landkreis Osterholz gemeldet. Gleiches gilt für den Bergfink. Auch er hat sich rar gemacht. Statt der 69 Tiere von 2019 flogen diesen Januar 21 Bergfinken die Futterplätze im Landkreis an. Der Erlenzeisig gehört ebenfalls auf die Liste der selteneren Gäste: Von 105 in 2019 wurden diesmal noch 30 gesehen. All diese Singvögel gehören zu denen, die vor allem dann in den Gärten auftauchen, wenn es richtig kalt wird. Je härter der Winter, desto mehr von ihnen suchen Nahrung an Futterplätzen. Sollte es also noch Frost geben, könnten sie sich an den Futtersäulen einstellen.
Zwei eigentlich typische Gartenbesucher im Winter, Amsel und Grünfink, wurden ebenfalls seltener gesehen. Auch in Osterholz. Für die Naturschützer nicht allein ein Wetterphänomen. So ist der Bestand an Amseln und Grünfinken in den vergangenen Jahren durch Krankheiten zurückgegangen. „Die Amsel, die im vergangenen Winter aufgrund einer massiven Ausbreitung des Usutu-Virus deutliche Einbußen zu verzeichnen hatte, verharrte auf niedrigem Niveau“, berichtet Matthias Freter. Eine Aussage, die bundesweit zutrifft. Im Landkreis Osterholz ist die Zahl der gesichteten Amseln allerdings erneut zurückgegangen. Umgerechnet auf die Zahl der Gärten, in denen gezählt wurde, kamen die Beobachter mit 536 Amseln auf 2,22 Tiere je Garten. 2019 waren es noch 2,31 Amseln je Futterhaus.
Wahrscheinlich aufgrund von Trichomoniasis, einer Infektion mit einem einzelligen Parasiten, nimmt wiederum die Zahl der Grünfinken seit Jahren ab. Diese Ursache vermutet der Nabu zumindest hinter den Ergebnissen der Zählaktion: Wurde der Grünfink 2011 noch 2,94-mal in jedem Osterholzer Garten gesehen, waren es 2020 noch 1,01 Grünfinken je Garten.
Weitere Ergebnisse stellt der Nabu auf seiner Homepage unter dem Stichwort „Stunde der Wintervögel 2020“ vor. Gelegenheit zum Zählen bietet sich wieder vom 8. bis zum 10. Mai bei der „Stunde der Gartenvögel“.