Grasberg. Kinder und Jugendliche in Grasberg benötigen erreichbare Schulen und interessante Freizeitangebote. Sie wünschen sich eine schnellere Internetverbindung, freies Wlan und öffentliche Verkehrsanbindungen zu nahe gelegenen Orts- und Stadtzentren. Zu diesen vorläufigen Ergebnissen kommt die Studie „Junges Leben im ländlichen Raum“, die im Juli in Grasberg-Nord durchgeführt wurde. Wie nehmen Kinder und Jugendliche das Leben in ihren Dörfern wahr? Was schätzen sie? Was wird vermisst?
Zu Themen wie Freizeitgestaltung, Vereinsleben, Mobilität, Nutzung sozialer Netzwerke und Zukunftsperspektiven wurden in den vergangenen Wochen Heranwachsende im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren per Online-Befragung interviewt. Eingeladen hatte dazu die Gemeinde Grasberg. Begleitet wurde die Erhebung vom Bremer Stadt- und Raumplanungsbüro Instara.
Rund 30 von 87 Angeschriebenen haben sich anonym und online zu ihren Sorgen und Wünschen geäußert. Einer von ihnen ist Lukas aus Tüschendorf. Zu Hause haben sie gerade kein Netz, deshalb nimmt der Zwölfjährige das Angebot der direkten Befragung in einem von vier Dorfgemeinschaftshäusern wahr. Lukas wird von seiner Mutter, Simone Kriete, vorbeigefahren. Auch ein Thema der Studie: Mobilität in Grasberg. Wie bewegst du dich in deiner Freizeit innerhalb der Gemeinde? So lautete eine von drei Fragen dazu. Lukas geht auf die Waldorfschule in Ottersberg, gefahren wird er dorthin mit einem von Eltern organisierten Schulbus. Öffentliche Verkehrsmittel nutzt Lukas auch in seiner Freizeit kaum. „Mama fährt“, sagt er knapp.
Nach der Schule möchte er eine Ausbildung zur Fachkraft für Agrarservice absolvieren. Das Führen moderner landwirtschaftlicher Maschinen wie Mähdrescher, Maishäcksler und Kartoffelerntemaschinen sowie deren Wartung und Instandhaltung interessieren ihn schon jetzt. Nach der Schule fährt Lukas gern Trecker. Würde er Grasberg für eine Ausbildung oder ein Studium verlassen? Eher nicht. Er hänge an seiner Familie und an der Umgebung. Mit dieser Antwort repräsentiert Lukas die Mehrzahl der Befragten. Zweidrittel von ihnen würden gerne bleiben, heißt es nach ersten Auswertungsergebnissen.
Knapp 30 Prozent Rückläufer
„Wir haben knapp 30 Prozent Rückläufer. Ein gutes Ergebnis“, sagt Projektleiterin Sonja Döhring. Sie habe zusätzlich zur Online-Befragung Interviews in verschiedenen Dorfgemeinschaftshäusern organisiert – „für Haushalte ohne Netz oder weniger Onlineaffine“. Lukas erlaubt, dass wir während seines Interviews dabei sind. Das ist interessant, weil seine Antworten häufig repräsentativ sind, also zu denen gehören, die im Gesamtergebnis oft vorkommen. Zur Zeit werden diese Ergebnisse gerade ausgewertet.
Für die Studie hat die Gemeinde Grasberg sogenannte Leader-Fördermittel der Europäischen Union durch das Amt für regionale Landesentwicklung bewilligt bekommen. Rund 10 000 Euro wird die zu 75 Prozent geförderte Erhebung kosten. Mit 500 Euro hat sich dabei der Landkreis Osterholz beteiligt. Die Ergebnisse fließen in das Projekt Dorferneuerung Grasberg-Nord mit ein.
Ziel sei es, den Handlungsbedarf im Lebensumfeld Dorf zu ermitteln. Die junge Generation solle konstruktiv an der Gestaltung des eigenen Wohnumfeldes mitwirken, sagt Grasbergs Bürgermeisterin Marion Schorfmann. Entscheidungsträgern könne die Studie Informationen für potenzielle Neuerungen liefern. Dank des Modellcharakters von „Junges Leben im ländlichen Raum“ ließe sich einiges auch auf andere Kommunen übertragen. Lukas ist beispielsweise nicht mehr in einem Grasberger Turn- und Sportverein, weil dort moderne Angebote wie Hockey oder Crossradfahren fehlen.
Die vollständig ausgewerteten Ergebnisse werden am Mittwoch, 10. August, von Projektleiterin Sonja Döhring im Grasberger Rathaus an der Speckmannstraße präsentiert. Beginn ist um 18.30 Uhr.