Stuhr. Lange Zeit war der Name Lingk und Sturzebecher aus dem Wirtschaftsleben der Gemeinde Stuhr fast verschwunden. Ein Großkonzern hatte die 1919 in der Bremer Neustadt gegründete Firma für Hydrauliksysteme geschluckt. Nun wagt ein kleines Team den Neuanfang. Unter dem neuen Geschäftsführer Bastian Fuhrken startet die Firma jetzt neu durch und zwar unter dem alten Namen L & S Hydraulik GmbH – ganz im Sinne der Anfänge des Unternehmens.
„Wir möchten die alte Tradition zum Leben erwecken“, sagt Bastian Fuhrken über seine Motivation. Der 32-Jährige, der vor zehn Jahren als Industriemechaniker in der Firma angefangen hat, sprüht vor Elan. Als neuer Geschäftsführer möchte er mit seinem Team den Standort an der Carl-Zeiss-Straße 38 in Stuhr wiederbeleben. Dabei weist die Firma eine lange Geschichte auf.
Die beiden Firmengründer Emil Paul Lingk und Hugo Sturzebecher gründeten die Firma im Jahr 1919 als Werkzeug- und Maschinenfabrik in der Bremer Neustadt. Später führte die Familie Müller den Betrieb. Anfang der 2000er-Jahre folgte der Umzug in die Gemeinde Stuhr. 2008 dann der große Schnitt: Der weltweit agierende Konzern Parker Hannifin Manufacturing übernahm den Standort in Stuhr. Der Konzern hat laut Angaben von Fuhrken weltweit rund 55 000 Beschäftigte und gilt als führendes Unternehmen im Bereich der Antriebs- und Steuerungstechnologie.
Rund neun Jahre arbeiteten die Mitarbeiter unter diesem Arbeitgeber. „Vor einem Jahr begannen dann die Gespräche“, erzählt Fuhrken mit Blick auf die Pläne zur Umstrukturierung bei Parker. Seit dem 1. Dezember 2017 liegen die Ergebnisse vor: Bastian Fuhrken übernimmt als Geschäftsführer den kompletten Standort in Stuhr unter dem alten Namen. „Und mit einem Team, das voll und ganz dahinter steht“, betont er.
„Arbeitsmarkt ist aussichtsreich“
Nicht alle der 30 Mitarbeiter können jedoch übernommen werden. Fuhrken startet mit einem achtköpfigen Team, das nach und nach weiter aufgebaut werden soll. „Einige der anderen Mitarbeiter haben zum 1. Januar eine neue Stelle gefunden“, berichtet Fuhrken. Der Arbeitsmarkt für die ehemaligen Kollegen sei aussichtsreich. Zwei neue Mitarbeiter sollen in Kürze zum Team hinzukommen, eine weitere Stelle ist in Planung. Auch in die Ausbildung möchte Fuhrken über kurz oder lang wieder einsteigen. „Nur so können wir erfolgreich sein“, findet er.
L & S will sich vor allem auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. "Back to basics", wie Fuhrken es nennt. Kleine Hydrauliksysteme, Reparaturen aller Art, Ersatzteilservice und Wartung gehören dazu. Unter der eigenen Regie sei wesentlich mehr Flexibilität möglich, als unter der Ägide eines Großkonzerns. "Ein Konzern ist nicht flexibel", sagt Vertriebsleiter Jörg Westermeyer. So sei das Lager von Parker in Bielefeld, in Stuhr lohnte es sich nicht, Teile vorzuhalten. "Das war unser großes Handicap", erklärt Fuhrken. Ab sofort könne die Firma schneller und vor allem kundenorientierter agieren, sagt der 32-jährige Geschäftsführer. So könne die Firma nun zum Beispiel innerhalb von 24 bis 48 Stunden ein Schiff reparieren, das in der Nähe vor Anker liegt. Daneben wird das Unternehmen zum Neustart aber auch weiterhin Teile der alten Inhaberfirma Parker vertreiben. Fuhrken spricht von "Synergieeffekten".
Nach und nach sollen sich dann die Auftragsgrößen steigern. Und auch da knüpft Bastian Fuhrken an die Tradition der Firma an. Diese lieferte unter anderem die Technik für die Kaiserschleuse in Bremerhaven, die Antarktis-Forschungsstation Neumayer II oder für die Mahatma-Gandhi-Brücke in der Nähe der Hamburger Elbphilharmonie, berichtet Bastian Fuhrken.
Um an die Erfolge anzuknüpfen, setzt Fuhrken voll und ganz auf seine Mannschaft. „Wichtig ist, dass wir ein gutes Team haben“, sagt er. Klar sei der Schritt in die Selbstständigkeit ein Risiko und ein steiniger Weg, erzählt er weiter. Sein Vater sei ebenfalls selbstständig, daher wisse er, wie schnell die Stimmung umschwenken kann. Aber Fuhrken ist sich sicher: „Der Markt ist da.“ Nur eine Einschränkung macht er: „Alleine schaffe ich das nicht“, betont Fuhrken, der Erfahrung mit der Wiederbelebung von alten Ideen hat. So schaffte er gemeinsam mit anderen vor einiger Zeit die erfolgreiche Reaktivierung des Fußballclubs SV Atlas Delmenhorst.
Der Standort Stuhr sei vor allem durch die „super Anbindung“ attraktiv, erklärt Bastian Fuhrken weiter. Als Existenzgründer und Selbstständiger sieht er aber auch ein paar Probleme. So sei der Firmenstandort viel zu groß. Außerdem kritisiert er fehlende Fördermöglichkeiten für Existenzgründer im Landkreis. So habe er „null Prozent Förderung“ erhalten. Der Firmenaufbau sei vor allem über Kontakte gelungen, sagt er. In anderen Kreisen sei dies anders. Einen Umzug scheue er ebenfalls nicht.
Vorher gilt es aber erstmal, die viermonatige Übergangsphase bis zur kompletten Betriebsübernahme zu absolvieren. Der erste Monat sei gut angelaufen, berichtet Bastian Fuhrken. „Am 31. März wird das Parker-Schild abgehangen“, berichtet er. „Dann können wir uns zu 100 Prozent darauf konzentrieren, was wir können“, sagt Fuhrken und weiter: „Ich weiß, dass wir es schaffen können.“