Stuhr. Einen Kurs der besonderen Art hat die Volkshochschule (VHS) Stuhr in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsnetz Stuhr und der Gemeinde auf die Beine gestellt. Gestartet wurde im Mai, jetzt haben die Teilnehmer ihre Zertifikate überreicht bekommen. Das Angebot mit dem Titel „Sprache und Weiterbildung“ richtete sich an Flüchtlinge und wurde komplett durch private Spenden finanziert. So etwas hat es laut Brigitte Witte, Leiterin der Stuhrer VHS, noch nicht gegeben.
„Der Kurs richtete sich an Flüchtlinge, die keine anderen Fördermöglichkeiten mehr hatten, oder aber schon alle Angebote ausgeschöpft hatten“, berichtet Witte. Zu den Teilnehmern gehörten überwiegend Frauen aus Somalia. Neben der Sprache wurde den Teilnehmern unter anderem nähergebracht, wie wichtig Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sind, so Witte. „Wir haben ein halbes Jahr lang streng auf Anwesenheit geachtet“, betont sie.
Der Kurs fand jeweils dienstagnachmittags und sonnabendvormittags statt. Insgesamt umfasste das Angebot 150 Stunden. „Die Weiterbildung beinhaltete außerdem die Nachbereitung der vermittelten Inhalte in Form von Hausaufgaben“, berichtet Witte weiter. Nur so sei ein effektives Vorankommen möglich gewesen. „Die Anwesenheit war uns so wichtig, weil das Angebot durch private Gelder finanziert wurde“, betont die VHS-Leiterin.
Fast alle Teilnehmer haben sich an die Vorgaben gehalten – von anfänglich 16 waren am Ende noch 13 dabei. Um den Kurs erfolgreich abzuschließen, mussten sie an zwei Sonnabenden eine Prüfung schreiben. Fünf der Teilnehmer hatten sich sogar für eine A1-Prüfung angemeldet, die für Sprachanfänger konzipiert ist. Drei von ihnen haben bestanden. „Unter den Teilnehmern gab es viele Analphabeten“, erzählt Witte. Die restlichen Teilnehmer haben somit an einer staatlich anerkannten Alphabetisierungs-Prüfung teilgenommen. Außer zwei haben diese alle bestanden.
„Es hat schon Kraft gekostet, sie zur Prüfung zu bewegen“, gibt Witte zu. „Aber letztendlich war es ein großer Erfolg.“ Die Teilnehmer mussten lernen, konzentriert zu arbeiten. Dazu gehörte auch, dass sie stets ihre Unterlagen dabei hatten und ihr Handy während des Unterrichts ausgeschaltet war. Zudem habe es Hausaufgaben mit einem Aufwand von insgesamt rund 200 Stunden gegeben, so Witte. Die Teilnehmer durften während des halben Jahres nur drei bis fünf Mal unentschuldigt fehlen – das machte Dozentin Magdalena Kulfan von den individuellen Gründen des Fehlens abhängig.
Einen Basiskurs hatten alle Teilnehmer im Vorfeld absolviert, sagt Witte. „Einige waren vom Sprachniveau schon ziemlich weit.“ Nun hat jeder von ihnen die Möglichkeit, weitere Kurse bei der VHS zu belegen oder sich nach Arbeit umzuschauen. „Der Berufsbezug war auch sehr wichtig“, betont Witte. Dazu gehörte vor allem das selbstständige Lernen.
Auch die Transparenz sei ein wichtiger Teil des Angebots gewesen. Schließlich sollten die Spender sehen können, wofür ihr Geld eingesetzt wurde. Deshalb habe es Pressemitteilungen gegeben und zwei Tage der offenen Tür, wie Brigitte Witte berichtet. „Auch in den entsprechenden Gremien haben wir über das Projekt berichtet“, sagt sie. 5000 Euro habe das Angebot insgesamt gekostet. Abschließend erhielten die Teilnehmer ein Zertifikat. „Das ist der offizielle Beleg dessen, was sie geleistet haben“, so Witte. Symbolisch gab es für jeden zudem einen Ordner.