Hepstedt. Wenn Silvana Zampich über den Platz geht, dann taucht sie ein in eine große Familie. Man pflege ein freundschaftliches, ja familiäres Verhältnis, das sagt die Pächterin des Hepstedter Campingplatzes, das sagen aber auch unaufgefordert die Dauercamper, die am Rande des Ummel den Sommer oder sogar auch so manches Wochenende im Herbst und Winter verbringen.
Einer von ihnen hat dort schon im Zelt übernachtet, Jahre bevor es den Campingplatz überhaupt gab. Werner Schöpfer kennt die Ecke seit 1960. Mit seiner damaligen Freundin und späteren Frau Anke, deren Großmutter in Breddorf lebte, habe er die Gegend erkundet und beim Durchstreifen des großen Waldgebiets außerhalb von Hepstedt „ein dreieckiges Schwimmbad entdeckt“. Und zwar an der Stelle, an der heute das Ummelbad liegt. Das Vorläuferbad, das sei „so ein improvisiertes Ding“ gewesen, angeblich angelegt von Soldaten und gefüllt mit trübem Moorwasser, in dem massenhaft Kaulquappen schwammen. „Da konnte man sich satt essen“, scherzt der 79-Jährige. Jedenfalls entschloss sich das Paar, dort sein Zelt aufzustellen und die Natur zu genießen.
Etliche Jahre ging das so, bis 1968 der Campingplatz eröffnet wurde. Schöpfers zogen um, und aus den Wildcampern wurden Dauercamper. Mit den Jahren wurde aus dem Zweimannzelt ein Familienzelt, das wiederum von einem Wohnwagen abgelöst wurde, der wiederum einem größeren Wohnwagen Platz machte. Mittlerweile sind Schöpfers seit 52 Jahren dort, das Ehepaar gehört zu den Dauercampern der ersten Stunde. Gleich nebenan hat die Tochter ihren Wohnwagen stehen. „Uns gefällt es hier immer noch total gut“, sagt der Bremer, der in jungen Jahren als Schriftsetzer und Stereotypeur bei der Wümme-Zeitung in Lilienthal gearbeitet hat, die damals noch eigenständig war und eine eigene Druckmaschine hatte, für die er die Bleiplatten herstellte – doch das ist eine andere Geschichte.
Mit seinen 83 Jahren gehört Hermann Tietjen zu den Ältesten unter den Dauercampern. 1972 entdeckte er das Refugium, in dem er viel Zeit verbringt. Jetzt wieder, muss man sagen, denn 2017 kündigte er seinen Platz, „das ist mir doch zuviel geworden mit der Arbeit“, meint er. Doch der Abschied war nicht von Dauer, Tietjen ist dieses Jahr zurückgekommen, hat sich „bei Silvana einen Wohnwagen gemietet“, wie er erzählt. Und weil er sich in der Gemeinschaft so wohlfühlt, hat er für 2021 gleich mitunterschrieben.
Dass das attraktive Freibad direkt angrenzt, schätzen die Camper ebenso wie das Ummel-Café, das sie als Treffpunkt für unverzichtbar halten. 2015 ist Silvana Zampich dort als Pächterin eingestiegen, ein Jahr später übernahm sie von der Samtgemeinde auch den angrenzenden Campingplatz. In ihrer Bestandsaufnahme hatte Zampich damals notiert: „Der Standard des Campingplatzes ist in seiner Gesamtheit gefühlt circa 1970 stehen geblieben." Das Sanitärgebäude müsse dringend renoviert werden, ebenso Wege, Stromversorgung und Beleuchtung. Auch müsse endlich Werbung für den Platz gemacht werden. Zampich machte sich ans Werk und begann zusammen mit der Campergemeinschaft, die sich mit dem Platz identifiziert und für dessen Erhalt gekämpft hat, mit der schrittweisen Sanierung des Geländes und des Waschhauses. Noch sei nicht alles erledigt, "aber wir sind dran". Längst ist der Campingplatz im Internet präsent, neuerdings sogar mit einem kurzen Video, das Camper mit einer Drohnenkamera gemacht haben. Mit Hilfe der Camper sei die Beleuchtung auf LED umgestellt worden, und bis Ende 2021 soll auch die Verkabelung auf dem Platz erneuert sein.
Mittlerweile sehen auch die Zahlen besser aus als vor vier Jahren. Waren damals von den 258 Plätzen nur 76 belegt, zahlen heute um die 90 Dauercamper Pacht, und das teilweise für zwei Plätze. Die Möllers gehören zu jenen, die ein Nachbargrundstück dazu genommen haben. So haben sie Platz für Hochbeete und Gewächshäuser, in denen unter anderem Gurken und Tomaten gedeihen. Und auch bei den Sitzgelegenheiten sind sie flexibler. „Der Trend geht dahin, sich zu vergrößern“, sagt Annett Möller, die mit ihrem Mann Andreas seit 16 Jahren auf dem Hepstedter Campingplatz ist, anfangs noch mit einem VW-Bus. Kaum seien sie 2019 Rentner geworden, seien sie aus Delmenhorst nach Tarmstedt gezogen, um näher dran zu sein.
Radler auf dem Weg nach Kopenhagen
Andere nehmen durchaus längere Anfahrten in Kauf, um in Hepstedt abzuschalten. Außer aus Bremen kommen einige Dauercamper aus Oldenburg, Stade und auch aus Hessen, Thüringen und Holland angereist, berichtet Betreiberin Zampich. Vermehrt kämen auch wieder Tagesgäste, etliche davon mit dem Rad. „Erst neulich hatten wir Radtouristen aus Holland hier, die auf dem Weg nach Kopenhagen bei uns ihr Zelt aufgebaut haben.“
Um mit alten Bekannten und neuen Gästen ins Gespräch zu kommen, lassen auch Möllers so manchen Tag gerne im oder draußen vorm Ummelcafé ausklingen. „Neulinge spüren, wie gut unsere Gemeinschaft ist“, sagt Annett Möller. Man helfe sich beim Schneiden der Hecke, beim Zäune setzen oder auch mal beim Einkauf. Dabei sei der Platz nicht nur ein Paradies für alte Leute, sondern gerade auch für junge Familien mit kleinen Kindern. „Die können die Lütten hier doch frei laufen lassen“, sagt sie. Ihr Enkelkind komme demnächst für eine Woche zu Besuch, das habe auf dem Campingplatz schon eine Freundin gefunden. Und Hermann Tietjen erzählt: „Unsere Kinder haben im Ummelbad schwimmen gelernt.“
Wenn Silvana Zampich einen Wunsch frei hätte, dann den nach normalen Verhältnissen ohne Corona-Einschränkungen. Dass nur 120 Badegäste gleichzeitig ins Ummelbad dürfen, mache sich dramatisch beim Umsatz bemerkbar: „Bei 30 Grad nehme ich mit dem Kiosk normalerweise 800 Euro am Tag ein. Jetzt sind abends 300 Euro in der Kasse.“ Aber das sei immerhin „besser als gar nix“. Und in der kleinen Camperrunde müssen sie einige Minuten überlegen, was sie sich wünschen sollen, ehe Annett Möller sagt: „Eine neue Schranke wäre gut. Und es wäre schön, wenn man den Autofahrern klar machen könnte, dass der Ummelweg eine Tempo-30-Zone ist.“ Es gebe zwar ein Schild, wenn man aus Hepstedt in Richtung Ummelbad fahre, doch fehlten auf dem Parkplatz entsprechende Hinweise. „Da müsste man ganz groß ,30' auf die Fahrbahn malen“, empfiehlt sie.
Ihr Mann Andreas sagt mit Blick auf die für Herbst anstehende Vertragsverlängerung von Zampich mit der Samtgemeinde: „Silvana soll das bloß bis zur Rente weitermachen, das funktioniert wunderbar.“ Worauf die Pächterin augenzwinkernd erwidert: „Ich brauche keine Rente. Ich arbeite, bis ich umfalle.“ Und sie fügt hinzu, dass sie alle Investitionen bisher ohne Kredite bewerkstelligt habe, das lasse sie ruhiger schlafen.
Weitere Informationen gibt es bei Silvana Zanpich unter Telefon 01525/ 74 00 199 sowie auf der Homepage www.waldcampingplatz-ummelbad.com. Dort ist auch das neue Video zu sehen, das den Platz aus der Vogelperspektive zeigt. Adresse: Ummelweg 100, Hepstedt.
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