Eine Sonderausstellung mit 23 Fotografien von Jost Wischnewski gewährt derzeit Einblicke in die Gedenkstätte Lager Sandbostel. Mit einem sehr feinen Gespür habe der Worpsweder Bildhauer und Fotograf seine Motive auf dem 2016 von der Stiftung Lager Sandbostel erworbenen Gelände und den dort stehenden steinernen ehemaligen Unterkunftsgebäuden gefunden, so Gedenkstättenleiter Andreas Ehresmann.

Ansicht des bundesweit einmaligen Ensembles parallel nebeneinander stehender Unterkunftsbaracken des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Sandbostel.
Die vom Moos überwucherte Uniformjacke, an der Wand stehende Skier aus den 1950er-Jahren, aufgeschichtete Helme, Schattenspiele von Balken eines eingestürzten Dachs oder die Gläser einer Gasmaske: Fast skulptural muten die teils sehr vergrößerten Motive an und regen zu Fragen an, sagt Ehresmann. Dabei zeugten die Vergrößerungen auf der einen und Unschärfen auf der anderen Seite auch von einer Distanz, die Wischnewski durch das Medium Fotografie für sich und die Betrachterin und den Betrachter erschaffen habe. Ehresmann: „Für die Gedenkstätte war es ein großer Gewinn, dass wir Jost Wischnewski dafür gewinnen konnten, von 2015 bis 2018 die Umgestaltungs- und mehr noch die Aufräumarbeiten der steinernen Unterkunftsgebäude fotografisch zu begleiten.“ Dokumentarische Überblicksfotografien des Geländes oder der Gebäude suche man allerdings vergebens. Jost Wischnewski habe durch seine sehr behutsame Art der Fotografie eindrucksvolle Fotos geschaffen, die mit ihren Motiven teils ikonografisch für die Nachnutzung des Gedenkstättengeländes als Lager eines Militariahändlers stehen.

Blick zwischen zwei Baracken auf ein im Hintergrund zu sehendes Latrinengebäude auf dem Gelände der Gedenkstätte.
Die Fotografien zeigten dabei sehr verdichtet die jahrzehntelange Vernachlässigung des Geländes und stünden für den Umgestaltungs- und Transformationsprozesses dieses historischen Ortes. Die Fotografien erinnerten auch an das große ehrenamtliche Engagement der Freundinnen und Freunde der Gedenkstätte, die in tausenden Arbeitsstunden das Gelände aufgeräumt hätten. Nur dank dieses Einsatzes habe das sehr vernachlässigte Gelände gestaltet und adäquat in die Gedenkstätte Lager Sandbostel einbezogen werden können – als bauliche Relikte des Kriegsgefangenenlagers Stalag X B Sandbostel, so Ehresmann, „als Zeugnisse der hier geschehenen Ereignisse und vor allem als Denkmal in Erinnerung an die Menschen, die hier gelitten haben und gestorben sind“.

Aufgestapelte Katastrophenschutzhelme aus den 1960er-Jahren.
Sandbostel war eines der größten norddeutschen Kriegsgefangenenlager, in dem zwischen 1939 und 1945 über 313 000 Kriegsgefangene, Internierte und zuletzt auch etwa 9500 KZ-Häftlinge aus über 50 Nationen untergebracht waren, heißt es von der Stiftung. Tausende Menschen seien in Sandbostel durch Hunger, Seuchen, Erschöpfung und Gewalt gestorben.
Die 23 gezeigten Fotografien sind Bestandteil eines umfassenden Kataloges mit Fotografien der Aufräum- und Umgestaltungsmaßnahmen von Jost Wischnewski. Der 128 Seiten starke Katalog ist ab sofort erhältlich. Die Sonderausstellung „Stalag X B 2015-2018“ mit Fotos von Jost Wischnewski ist bis Freitag, 3. April, in der Gedenkstätte Lager Sandbostel (Bernard Le Godais-Saal), Greftstraße 3 in Sandbostel, zu sehen. Geöffnet ist sie von Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 16 Uhr sowie sonn- und feiertags von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Weitere Informationen: 04764/ 22 54 810, info@stiftung-lager-sandbostel.de sowie www.stiftung-lager-sandbostel.de.