Tarmstedt. Das mittelniederdeutsche Wort „vie“ bezeichnet eine sumpfige Wiese. Das passt in diesen Tagen sehr gut zu jener 85 000 Quadratmeter großen Fläche, auf der jetzt die Erschließungsarbeiten für Tarmstedts neues Baugebiet begonnen haben, das die Nummer 38 trägt und bezeichnenderweise „Vor dem großen Vieh“ heißt. Erschließung bedeutet: Bauarbeiter reißen den ehemaligen Maisacker auf und verlegen zunächst einmal jede Menge Leitungen für die Ver- und Entsorgung des Gebiets. Angefangen haben sie mit den ganz dicken Rohren, die fürs Abwasser bestimmt sind. Leitungen für Frischwasser, Erdgas und Strom folgen. Und für die Telekommunikation natürlich, wobei hier die modernste Technik zur Anwendung kommen soll. „Hier wird Glasfaser in jedes Haus verlegt“, erklärt Cord Rosenbrock, Bau-Ingenieur im Tarmstedter Rathaus. Damit seien riesige Datenübertragungsraten drin, die ultraschnelles Surfen im Internet und das Streamen von Musik und Serien ermöglichen. „Das ist heute Standard“, meint er.
Sind alle Leitungen verbuddelt, werden die provisorischen Baustraßen angelegt, damit die Grundstücksbesitzer ihre Flächen erreichen und ihre Häuser bauen können. Dies soll nach dem Zeitplan, den die Gemeinde mit dem Bauunternehmen Georg Mehrtens aus Bramstedt vereinbart hat, im August der Fall sein. Zur Bebauung freigeben ist zunächst einmal der erste Bauabschnitt westlich des Wirtschaftswegs, der im Tarmstedter Volksmund Böschensweg genannt wird. Von den dort vorgesehenen 53 Baugrundstücken sind bereits 46 verkauft oder reserviert, sagt Bürgermeister Wolf Vogel. Der zweite Bauabschnitt östlich des Böschenswegs biete weitere 35 Grundstücke. Der Böschensweg, der den Richtweg in Tarmstedt mit dem Spargeldamm verbindet, wird von der Haupterschließungsstraße gekreuzt und für Durchgangsverkehr gesperrt. Er soll auch künftig ein Schotterweg bleiben, so Rosenbrock.
Die Baugrundstücke sind zwischen 500 und 1000 Quadratmeter groß. Erlaubt sind Einfamilienhäuser mit zwei Geschossen, auf den größeren Grundstücken ab 800 Quadratmeter dürfen auch Doppelhäuser errichtet werden. Für den Baugrund verlangt die Gemeinde 98,50 Euro pro Quadratmeter, hinzukommen noch die Kosten für die Abwasserentsorgung. Beim vorigen Baugebiet Dammwischkamp, das 2013 an den Markt gegangen ist, hatte die Gemeinde Tarmstedt noch 68 Euro für den Quadratmeter aufgerufen, Abwasser inklusive. „In diesen sieben Jahren sind die Baupreise enorm gestiegen“, stellt Bürgermeister Vogel fest.
Die Baukosten für die jetzt angelaufene Erschließung gibt die Gemeinde mit 3,8 Millionen Euro an. Der Preis gelte für beide Bauabschnitte und schließe den Endausbau der Straßen, Wege und Plätze mit ein, so Rosenbrock.
Weil das Interesse an den Baugrundstücken von Anfang an sehr groß war, hat sich die 3900-Einwohner-Gemeinde ein besonderes Vergabeverfahren überlegt. Die Bewerber wurden in fünf Gruppen eingeteilt, wobei die in der ersten Gruppe bevorzugt wurden: Personen (mit im Haushalt lebenden Kindern), die in der Samtgemeinde Tarmstedt wohnen oder früher mal gewohnt haben und noch kein Wohneigentum haben. In der Priorität dahinter stand der gleiche Personenkreis, nur ohne Kinder. Es folgten die Gruppe drei (Personen, die in der Samtgemeinde arbeiten und Kinder haben, die mit im Haushalt leben), die Gruppe vier (der gleiche Personenkreis, nur ohne Kinder) sowie die Gruppe fünf, in der alle anderen Interessenten zusammengefasst werden.