Wilstedt. An der Kirchentür hängen Hausandachten zum Mitnehmen, im Eingangsbereich werden die eintretenden Besucher gebeten, sich die Hände zu desinfizieren. Alle werden auf die neue Sitzordnung hingewiesen: Jede zweite Kirchenbank ist gesperrt, in den offenen Bänken darf ganz rechts oder ganz links Platz genommen werden. Auf den freien Plätzen stehen Teelichte, und ein Handzettel erklärt den Ablaufplan. Beides darf mit nach Hause genommen werden. Alle Ankommenden tragen Mundschutzmasken. Die Gemeinde feiert den ersten Gottesdienst unter Corona-Bedingungen in der St.-Petri-Kirche in Wilstedt.
32 Sitzplätze stehen nach dem neuen System zur Verfügung. Paare und Familienangehörige dürfen zusammen sitzen. 28 Gläubige sind gekommen, um gemeinsam mit Pastor Benjamin Fromm den Gottesdienst zu feiern. „Schön, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, dass die Plätze nicht reichen.“ freut sich der Pastor. Zu Beginn weist er auf einige neue Regeln hin: Es sei zwar empfohlen, den Mundschutz zu tragen, aber keine Pflicht, ihn die ganze Zeit über aufzubehalten. Es wird keine Kollekte durch die Reihen gegeben, dafür steht am Ausgang ein Gefäß. Die Gemeinde wird angehalten, nicht zu singen. Die Liedtexte sind abgedruckt, um dem Orgelspiel zu lauschen und still in Gedanken mitzusingen. Noch eine Premiere: Hans-Werner Behrens spielt die frisch renovierte Orgel zum ersten Mal vor Publikum.
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„Wir singen zwar nicht, aber wir dürfen sprechen“, so Pastor Fromm. Er lädt seine Gemeinde zur Interaktion ein. Bei der Einstimmung, dem Gebet, den Fürbitten und dem Segen antworten die Kirchenbesucher dem Pastor. Die Texte lesen alle vom Handzettel ab. Auch in seiner Predigt nimmt Fromm immer wieder Bezug auf die Situation mit Corona.
Zurzeit finden die Gottesdienste abwechselnd in Tarmstedt und Wilstedt statt. In der jeweils anderen Gemeinde gibt es eine Abendandacht. An die sich laufend ändernden Verordnungen wird sich angepasst. „Wir denken von Woche zu Woche.“ Die Abkündigungen der Verstorbenen entfallen. Nach einer geeigneten Regelung wird noch gesucht. Ohne Gesang und Abkündigungen ist die Dauer des Gottesdienstes verkürzt. Mit der Länge wird auch auf die Besucher, die den Mundschutz tragen, Rücksicht genommen. Zum Ende weist Pastor Fromm die Kirchenbesucher darauf hin, sich nach dem Rausgehen nicht auf dem Kirchengrundstück zu versammeln und miteinander zu schnacken. „Schade, dass ich das so sagen muss. Es kommen auch wieder andere Zeiten“, bedauert Fromm. Das Verlassen der Kirche erfolgt nach einer vorher festgelegten Reihenfolge. Die vordersten Bänke zuerst, alle weiteren nach und nach. Alle halten Abstand.

„Wir singen zwar nicht, aber wir dürfen sprechen“, so Pastor Benjamin Fromm in seinem ersten Gottesdienst unter den neuen Bedingungen.
Angela und Floriane Cordes hat der Gottesdienst gut gefallen. Ohne zu singen sei es ungewohnt, sagen sie. Schade sei es, dass die Abkündigungen nicht verlesen wurden. Der Grund dafür ist den beiden unklar. Eine Gläubige, die nicht genannt werden möchte, sagt: „Mir hat es gefallen.“ Der Gottesdienst sei anders und besonders. Das Singen würde ihr fehlen, da es „verbindet und einen in Stimmung bringt.“ So sei mehr Ruhe und mehr Andacht: „Es hat etwas sehr Besinnliches.“
Auch Pastor Fromm freut sich, nicht mehr in einer leeren Kirche zu predigen. „Zum Feiern gehört die Gemeinde dazu.“ In die Gesichter mit Mundschutz zu schauen wäre noch ungewohnt und nicht optimal. Am meisten fordert es ihn, nicht singen zu dürfen. Den Gesang empfindet er als das Herzstück des evangelischen Seins: „Singen tut gut.“ Dieser erste Gottesdienst sei aber ein guter Auftakt, da sind sich alle Beteiligten einig. Der aufgezeichnete Gottesdienst lässt sich aber auch weiterhin auf der Internetseite der Gemeidne unter der Adresse www.kirchengemeinde-wilstedt.de/Eine-besondere-Zeit/Kirche-zu-Hause anhören.