Fortbildungsgutscheine in Höhe von bis zu 2000 Euro pro Arzt und Jahr erhalten seit Jahresbeginn Mediziner, die ihr Studium bereits erfolgreich abgeschlossen haben und nun ihre Facharztausbildung für Allgemeinmedizin im Landkreis Verden absolvieren. Sabrina Döring und Felix Camphausen sind die ersten beiden angehenden Hausärzte, die von dieser Förderung profitieren.
Das sogenannte Kreisverdener Modell hat im Sommer vergangenen Jahres fraktionsübergreifend den Kreistag passiert und ist das Ergebnis des Runden Tisches für eine zukunftsfeste Gesundheitsversorgung im Landkreis Verden. Im Gegensatz zu anderen Landkreisen wie beispielsweise Diepholz und Nienburg, die Medizinstipendien ausloben, setzen die Verdener bewusst erst nach der Uni an, richten den Fokus also auf bereits approbierte junge Menschen. Der Weg vom Studienplatz bis zur Zulassung als Arzt ist eben lang, alleine die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin dauert schon fünf Jahre, wovon 24 Monate in einer Hausarztpraxis absolviert werden müssen.
Im Zuge der Verbundweiterbildung arbeiten Kassenärztliche Vereinigung, Ärztekammer, Aller-Weser-Klink und niedergelassene Hausärzte Hand in Hand. Die fünfjährige Weiterbildung wird durch Förderungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KVN) mitfinanziert. „Als Sahnehäubchen werden die Fortbildungsgutscheine vom Landkreis Verden subventioniert“, freut sich Lea Verwohlt von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Bezirksstelle Verden. Vorgesehen ist, dass die Weiterbildungsassistenten künftig von einem Mentor in Form eines niedergelassenen Hausarztes betreut werden.
Ziel sei es, junge Ärzte im Landkreis Verden zu halten und neue anzulocken, erläuterte Dörte Liebetruth (SPD), Landtagsabgeordnete sowie Vorsitzende des Sozial- und Gesundheitsausschusses des Landkreises. Das Kreisverdener Modell ist insgesamt auf fünf Jahre ausgelegt und soll anschließend evaluiert werden. Pro Jahr sind zwei Weiterbildungsstellen vorgesehen. Bis 2024 soll die Fördersumme insgesamt 20 000 Euro betragen.
Das Kreisverdener Modell könne allerdings nicht die einzige Antwort auf den drohenden Ärztemangel in der Provinz sein. Auch das Land Niedersachsen habe bereits seine Hausaufgaben gemacht und beispielsweise die Anzahl der Studienplätze für Medizin erhöht. Analog zum benachbarten Bundesland Nordrhein-Westfalen hat sich inzwischen auch die rot-schwarze Koalition in Niedersachsen auf eine sogenannte Landarzt-Quote geeinigt.
Besonders charmant am sektorenübergreifenden Kreisverdener Modell ist für Marianne Baehr, Geschäftsführerin der Aller-Weser-Klinik (AWK), dass genau geschaut wird, welche Weiterbildung die angehenden Allgemeinmediziner benötigen. Quereinsteiger Felix Camphausen, der momentan den ambulanten Teil seiner Weiterbildung in der Praxis von Dirk Wieters in Kirchlinteln absolviert, bildet sich beispielsweise an der AWK in Sachen Ultraschall weiter. 500 Sonografien muss er nachweisen. Sabrina Döring, die als zweite Weiterbildungsassistentin seit Beginn diesen Jahres vom Kreisverdener Modell profitiert, absolviert hingegen den stationären Teil ihrer Weiterbildung im Achimer Krankenhaus. „Auch bei den Allgemeinmedizinern handelt es sich um Fachärzte“, betont Felix Camphausen einmal mehr. Viele Patienten ließen sich nämlich immer noch von den komplizierten Begrifflichkeiten irreführen.
Generationswechsel steht bevor
Rund 90 Allgemeinmediziner praktizieren nach Aussage von Lea Verwohlt derzeit im Kreisgebiet. Allerdings zeichne sich in den kommenden Jahren ein Generationswechsel ab, denn rund 20 von ihnen seien mittlerweile älter als 63 Jahre. In jüngster Zeit hatte der Kassenärztlichen Vereinigung vor allen Dingen die drohende medizinische Unterversorgung in den Landgemeinden Dörverden und Thedinghausen Sorgen bereitet. Diese „Brandherde“ sind Lea Verwohlt zufolge zwar inzwischen gelöscht, jedoch mag sie keine Vorhersage darüber treffen, welche sich als nächstes auftun könnten.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in der Ärztelandschaft wurde mit dem Kreisverdener Modell nach Ansicht des Runden Tisches ein „attraktives Angebot“ geschaffen, durch das der Landkreis ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Regionen besitzt.
Medizinstudenten, die sich für einen Fortbildungsgutschein interessieren, können sich direkt an die Kassenärztliche Vereinigung in Verden wenden.
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