Zum Mühlentag am Pfingstmontag öffnen viele Mühlen ihre Tore für Besucher. So auch in Blender.
Kurt Hustedt kniet vor dem großen Mühlstein aus Süßwasserquarz, arbeitet mit der Bicke die Rillen heraus. Die macht er anschließend mit dem Krauskopf wieder plan. Beim Mühlentag, der traditionell am zweiten Pfingsttag begangen wird, habe ihn schon so manch neugieriger Besucher gefragt, ob er mit diesem Werkzeug Koteletts klopfen wolle, erzählt Hustedt lachend. Er kommt aus Blender, hat sich 2002 bei der Volkshochschule (VHS) Syke zum freiwilligen Müller ausbilden lassen. Am Pfingstmontag würden sich auf alle Fälle die Flügel der Blender Mühle wieder drehen, verspricht der freiwillige Müller. Der Deutsche Mühlentag wurde von der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) ins Leben gerufen.
Zentnerweise Mehl
1872 ist der Galerieholländer in Blender erbaut worden. Letzter hauptamtlicher Müller war Fritz Hustedt. Die Erinnerung an die Zeiten, in denen in Blender noch geschrotet wurde, hält der Ernte- und Mühlenverein fest. Neuer Vorsitzender ist seit Kurzem Manfred Stelter. Zwischen 11 und 17 Uhr führt Kurt Hustedt am zweiten Pfingsttag, 16. Mai, also Besucher durch die Blender Mühle.
Sie befindet sich auch innen noch in einem ziemlich ursprünglichen Zustand. Drei Mahlgänge, darunter einen Motormahlgang, gibt es in dem geschichtsträchtigen Gemäuer am Twachtweg. „Weht kein Wind, ist der Müller brotlos“, weiß Hustedt um die Vorzüge des Motormahlgangs. Er kniet noch immer vor dem tonnenschweren Mahlstein aus Süßwasserquarz, hämmert mit dem Krauskopf ordentlich darauf ein. „Das Müllerleben hat Gott gegeben, doch das Steineschärfen und Mahlen bei Nacht hat der Teufel erdacht“, sagt er augenzwinkernd, bearbeitet dabei weiter den Franzosen. So wird der Süßwasserquarz nämlich auch genannt.
Mit dem Pferdefuhrwerk oder dem Handwagen haben die Bauern das Getreide früher zur Blender Mühle gekarrt. Kleinere Mengen wurden mit dem Aufzug, größere dagegen über den Becherelevator nach oben in die Mühle transportiert. Wo sie dann im Silo gebunkert werden. Von den beiden Mahlsteinen, dem liegenden und dem oberen Läuferstein, wird dann alles gemahlen. Eingefasst sind die Steine von einer Holzverkleidung. „Die heißt Bütt – genauso wie im Karneval“, erklärt der Hobby-Müller aus Blender. 12 bis 15 Zentner konnten in der Blender Mühle früher pro Stunde geschrotet werden. Während das Korn in Jutesäcke abgefüllt wurde, waren die Leinensäcke für das Mehl bestimmt. Davon zeugen noch die insgesamt fünf Mehlpfeiffen auf dem Mehlboden in der Mühle Blender.
Auskennen mit den Naturgewalten
Weil die Lager immer sehr schnell heiß liefen, seien damals viele Mühlen „abgefackelt“, erzählt Hustedt, klettert die steilen Stiegen bis zu den Flügeln empor. „Niemals eine Vollbremsung hinlegen, es ist ganz wichtig, dass die Flügel langsam zum Stehen kommen“, kennt sich Hobby-Müller Kurt mit dem Wind und anderen Naturgewalten bestens aus. Verstärkt wird die Flügelbremse vom sogenannten Nachtwächter.

1872 wurde die Galerieholländermühle in Blender erbaut.
Aus dem Mühlenfenster blickt Hustedt in den Himmel, zeigt auf die Kumuluswolken am Firmament. Die Windrose sorgt dafür, dass sich die Mühlenflügel richtig im Wind drehen. Über die Königswelle wird die Kraft dann in die unteren Etagen weitergegeben. „Bergmänner sagen Glück auf, Müller begrüßen sich untereinander mit Glück zu“, erklärt Kurt Hustedt den Müllergruß. Windmüller hätten es immer schwerer gehabt als Wassermüller, weiß Hustedt, dass sich das kühle Nass nun einmal viel besser beherrschen lasse.
In den 1960er-Jahren, als Kurt Hustedt zur Schule gegangen ist, da haben sich die Flügel des Galerieholländers noch gedreht. Mittlerweile ist der freiwillige Müller den Boden wieder hinunter geklettert und am Steinkran angelangt. Genauso wie eine Matratze beim Bettenbeziehen stets gewendet werden sollte, muss auch ein zwei Tonnen schwerer Franzose dann und wann gedreht werden. Ja, er habe schon ein wenig Muffensausen davor gehabt, gesteht Hustedt. Doch wie Obelix mühelos einen Hinkelstein bugsiert, schafft der Mann aus Blender auch einen Franzosen.
Veranstaltungen im Landkreis Verden
Zum Mühlentag am Pfingstmontag gibt es diverse Veranstaltungen, die die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) bekannt gegeben hat: In Achim (Mühlenstraße 65) findet von 11 bis14 Uhr ein Jazz-Frühschoppen mit den Waterend Jazzmen und Till Simon statt. An der Windmühle Emtinghausen (Syker Straße 41) gibt es fachliche Führungen vom Müllermeister sowie einen musikalischen Frühschoppen mit Weinzelt. An der Windmühle in Quelkhorn (Am Mühlenberg 24) finden Besichtigung, Führungen, Bewirtung, Verkauf von Demeter-Backwaren und Gemüse, Flohmarkt, Tombola, Kinderaktivitäten, Kunsthandwerk, Musik und ein Second–Hand–Markt statt. An der Windmühle Jan Wind in Etelsen (Mühlenhof 5) sind als Aktivitäten geplant: Mahlbetrieb, Besichtigung, Führungen, Bewirtung, Ausstellung alter Bauerngerätschaften. An der Windmühle in Dörverden-Westen (Hauptstraße 49) gibt es von 13 bis 17 Uhr neben Besichtigungen Kaffee, Kuchen und Mühlen-Flammkuchen. An der Mühle in Blender (Twachtweg 98) werden die Mühle und historische Landmaschinen gezeigt.
KAP
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